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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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anderen Seite der Tür auf ihn warten, ohne dass er auch nur den geringsten Laut hörte. Doch wenn er weiter tatenlos hier herumstand, konnte er erst recht nichts gewinnen. Coppelstone atmete noch einmal tief ein, packte seine improvisierte Waffe fester und trat mit einem entschlossenen Schritt durch die Tür.
    Der Raum dahinter war leer. Er roch nicht so schlecht wie der im anderen Gebäude, aber er war ebenso ärmlich ausgestattet und machte auf den ersten Blick einen eindeutig unbewohnten Eindruck – ein Effekt, der zweifellos beabsichtigt war, wie Coppelstone vermutete, denn die Fenster waren mit schwarzer Teerpappe verklebt und die Staubschicht auf dem Mobiliar sah ganz so aus, als hätte sich jemand große Mühe gemacht, sie mit aller Gewalt nicht zu entfernen. Hier wie drüben führte eine Holztreppe in die beiden oberen Stockwerke hinauf. An ihrem oberen Ende gewahrte er Licht, und als er näher kam, hörte er gedämpfte Stimmen.
    Coppelstone schlich die Treppe hinauf, bewegte sich auf Zehenspitzen weiter und hielt vor der Tür an, durch die die Stimmen drangen. Sie war geschlossen, doch als er sich davor in die Hocke sinken ließ, konnte er durch das Schlüsselloch sehen. Er erkannte einen kleinen Ausschnitt eines fast behaglich eingerichteten, von einem flackernden Kaminfeuer und zahlreichen Kerzen erhellten Zimmers. Zwei Männer saßen an einem niedrigen Tisch, tranken Brandy und rauchten Zigarren. Den einen, der mit dem Rücken zur Tür saß, konnte er nicht erkennen. Der andere war Sheriff Buchanan.
    »… mit dem Reverend?«, fragte der ihm unbekannte Mann gerade.
    Buchanan machte eine wegwerfende Bewegung mit seiner Zigarre. »Reeves ist im Moment nicht unser dringendstes Problem. Wir müssen diesen Coppelstone finden. Wenn es ihm gelingt zu entkommen, kann er uns eine Menge Schwierigkeiten bereiten.«
    »Karlsson hat gleich gesagt, dass er gefährlich ist«, antwortete der andere. »Wir hätten auf ihn hören und ihn sofort töten sollen.«
    »Karlsson war ein Narr!«, behauptete Buchanan wütend. »Wahrscheinlich haben wir den ganzen Ärger nur ihm zu verdanken! Was ihm passiert ist, geschah ihm ganz recht.«
    »Immerhin hat Coppelstone ihn erledigt«, sagte der andere. »Das zeigt, wie gefährlich er ist.«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Buchanan. »Ich nehme stark an, dass es wohl eher eine Art … Unfall war. Niemand hätte Karlsson in einem fairen Kampf besiegt, das weißt du so gut wie ich; schon gar kein Ingenieur aus der Stadt. Er war unvernünftig, das ist alles.«
    »Und vielleicht sind wir das im Moment auch«, sagte der andere. »Es könnte übel enden, wenn wir diesen Ingenieur unterschätzen.«
    »Wer sagt, dass ich das tue?«, antwortete Buchanan. »Keine Sorge – er hält sich wahrscheinlich irgendwo versteckt und wartet darauf, dass die Sonne aufgeht. Aber er wird dieses Tal nicht lebend verlassen, darauf gebe ich dir mein Wort. Unsere Männer überwachen die Straße und kontrollieren jeden Wagen. Und wenn er versucht, in den Wäldern zu bleiben, spüren ihn die Hunde auf.«
    Coppelstone hatte genug gehört. Er war beunruhigt, aber nicht besonders überrascht – Buchanans Worte hatten ihm nur bestätigt, was er ohnehin vermutet hatte: dass der weitaus schwerste Teil seiner Flucht noch vor ihm lag. Mit dem, was er nun erfahren hatte, war es Morrison oder seinem Sohn vielleicht möglich, einen anderen Weg aus dem Tal heraus zu finden.
    Doch zuvor musste er Reeves finden.
    Er richtete sich vorsichtig auf, schlich weiter und lauschte auch an den drei anderen Türen, die es noch auf diesem Stockwerk gab. Er hörte nichts und er sah auch nichts, als er durch die Schlüssellöcher spähte. Möglicherweise blieb ihm nichts, anderes übrig, als ein Zimmer nach dem anderen zu durchsuchen, obwohl er damit natürlich umso mehr Gefahr lief, entdeckt zu werden.
    Er beschloss, mit der oberen Etage zu beginnen. Er schlich auf Zehenspitzen weiter, hielt kurz vor dem oberen Absatz an und lauschte. Über ihm war etwas. Keine Stimmen, aber Geräusche, die die Anwesenheit von Menschen verrieten. Coppelstone ließ sich auf Hände und Knie sinken, kroch die letzten Stufen hinauf und spähte in den dahinter liegenden Gang.
    Er musste Reeves’ Zimmer nicht suchen. Die beiden Männer, die ihn bewachten, hockten rechts und links der Tür auf zwei niedrigen Schemeln. Einer schien zu schlafen, der andere starrte mit leerem Blick vor sich hin. Beide waren verkrüppelt und wiesen die gleichen,

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