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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Luftschleuse außerhalb des Frachtraums drückte Miriam Berg das Gesicht gegen ein dickes Sichtfenster. In den Händen hielt sie einen schweren Industriestandard-Laser, und die Finger ratterten über den Schaft der Waffe, als im Laderaum der Druckausgleich erfolgte.
    Mit einigem Widerwillen ließ sie den Blick über die verschrammten Wände der Kammer schweifen. Dies war die auf Ganymed beheimatete Narlikar, ein für den Verkehr zwischen den Monden konzipierter Frachter, der von einer aus zwei Mann bestehenden Reedereiklitsche betrieben wurde. Sie wußte, daß sie von einem solchen Schiff nicht allzuviel erwarten konnte. Die Gebrüder D’Arcy hatten einen gefährlichen Drecksjob. Normalerweise enthielt dieser Frachtraum Wassereis von Ganymed oder Europa, oder exotische Schwefelverbindungen, die unter extremen Gefahren aus der stinkenden Oberfläche von Io gewonnen worden waren. Das würde also einige der Flecken erklären. Aber Schwefelverbindungen kratzten normalerweise keine geschmacklosen Graffiti in die Wände eines Laderaums, überlegte sie. Und ebensowenig hinterließen sie klebrige Flecken und halb aufgegessene Mahlzeiten auf – wie es den Anschein hatte – jeder Arbeitsfläche. Trotzdem konnte sie sich noch glücklich schätzen, daß sich zumindest ein Schiff in diesem Sektor befunden hatte, das sie so schnell bergen konnte. Die meisten Schiffe in der Nähe des Interface-Portals waren schmucke Regierungs- oder Kriegsschiffe – aber es waren die Brüder D’Arcy in ihrer alten, verbeulten Kiste gewesen, die sich durch die Flotte gekämpft hatten, um sie von dem Erd-Schiff aufzunehmen, nachdem sie auf allen Kanälen einen Notruf abgesetzt hatte, als ihr klar wurde, was Poole vorhatte.
    Sie sah, wie der Augapfel des Spline in der dichter werdenden Luft des Laderaums umherhopste. Er sah aus wie ein absurder Luftballon, dachte sie düster, überzogen mit eingetrocknetem Blut und den Stümpfen abgetrennter Muskeln. Aber da war noch ein klarer Abschnitt – die Linse? – durch die sie quälend verschwommen menschliche Figuren erkennen konnte.
    Michael…
    Jetzt ertönte leise ein synthetischer Glockenton, und die Tür, die sie von dem Frachtraum trennte, schwang auf. Mit dem Laser im Schlepp warf sich Berg in die mit dem Augapfel angefüllte Kammer.
    Die Luft im Laderaum war frisch, wenn sie auch verdammt fror in dem dünnen, versifften Einteiler der Freunde von Wigner, den sie seit dem Angriff der Qax getragen hatte. Sie sog die Atmosphäre in die Lungen, überprüfte den Druck und schmeckte die Luft…
    »Mein Gott.«
    … und erstickte fast an der Melange von Gerüchen, die ihr in die Nase stiegen. Das hätte sie vielleicht voraussehen können. Der ausgepumpte Augapfel des Spline stank wie drei Wochen altes Fleisch – es lag ein Geruch nach Verbranntem, nach verschmortem Fleisch und subtileren Düften in der Luft, die vielleicht von dem halb gefrorenen, viskosen Schleim herrührten, der aus dem abgetrennten Nervenstrang zu sickern schien. Und das alles wurde überlagert, dank ihren Gastgebern, den D’Arcys, von dem in der Nase stechenden Schwefelgestank.
    Jedesmal, wenn das Auge an der Wand auftraf, gab es ein leise schmatzendes Geräusch.
    Sie schüttelte den Kopf und spürte bei dem Gestank ein Würgen in der Kehle. Spline-Schiffe, die besondere Art des Reisens.
    Nach ein paar weiteren Zusammenstößen verringerte der Luftwiderstand die Bewegung der Kugel. Leicht zitternd kam der Augapfel in der Luft im Mittelpunkt des Laderaums zur Ruhe.
    Hinter der trüben Linse des Spline registrierte sie eine Bewegung; es war, als ob sie in ein Aquarium mit trübem Wasser blicken würde. Dort drin befand sich jemand und schaute zu ihr hinaus.
    Es wurde Zeit.
    Ihre Gedanken schienen sich zu überschlagen, und ihr Mund trocknete aus. Sie versuchte, das alles aus ihrem Kopf zu verdrängen und sich auf ihre unmittelbare Aufgabe zu konzentrieren. Sie erhob den Laser.
    Nach ihrer Bergung von dem Erd-Schiff durch die D’Arcys hatten diese ihr den Hand-Laser geliehen, ein klobiges, unhandliches Gerät, mit dem sonst tonnenweise Erz aus dem Valhalla Crater auf Callisto gefördert wurde. Sie brauchte beide Hände und ihre ganze Muskelkraft, um das Teil so in der Luft herumzuschwenken, daß seine maulförmige Mündung auf den Augapfel des Spline gerichtet war, und dann mußte sie nochmals ihre ganze Kraft einsetzen, um die Rotation des Lasers zu verlangsamen, ihn auszurichten und zu zielen. Sie wollte das Ding so in der Luft

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