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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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verschwunden war. Er stellte sich vor, wie er an einem weiteren Routinetag zur Arbeit ging – und dann dieses seltsame Gefühl der Leichtigkeit, als die Füße vom Deck abhoben…
    Die Sirene war nicht verstummt, seit sie durch die Schleusen vom Wald hier auf die Decks abgestiegen waren; vielleicht hatte sie schon seit dem Eintreten der Null-Gravo-Katastrophe so getrötet. Der Lärm erschwerte ihm das Denken; er versuchte seine Reizbarkeit und Angst unter Kontrolle zu bringen.
    Froschfängerin drehte sich um und grinste ihn an. »Komm schon, Morrow, wach auf. Du bist doch früher schon einmal mit Seilspinnerin den ganzen Liftschacht hinuntergeklettert, nicht wahr? Und noch dazu unter Schwerkraft. Null Gravos sind doch leicht.«
    »Froschfängerin, nichts ist leicht in meinem Alter.«
    Froschfängerin lachte ihn aus, mit der ganzen Selbstsicherheit der Jugend. Und das war echte Jugend, dachte er. Froschfängerin war – wie alt? Achtzehn, neunzehn? Selbst nach all diesen Jahrzehnten nach der Öffnung der Schleusen auf Deck Eins und der Bereitstellung der AS-Behandlung für die Waldmenschen wurden noch Kinder geboren, dort oben im Wald.
    »Weißt du«, sagte er, »du erinnerst mich an Seilspinnerin.«
    Froschfängerin drehte sich so leicht, als ob ihr kleiner, nackter Körper die ganze Flexibilität des Seils selbst besitzen würde; ihr Gesicht war ein runder, lebhafter Knopf. »Echt? Seilspinnerin ist so etwas wie eine Heldin hier oben, mußt du wissen. Im Wald. Es muß viel Mut erfordert haben, Uvarov nach unten durch die Schleusen zu folgen, und…«
    »Vielleicht«, sagte Morrow ruppig. »Was ich sagen wollte, du bist genauso lästig wie sie.«
    Froschfängerin runzelte die Stirn; auf ihrer kleinen, flachen Nase erkannte er ein paar Sommersprossen, und noch eine Ansammlung, die sich über die von dunklem Haar umringte, kahlgeschorene Kopfhaut nach hinten zog. Dann setzte sie wieder ihr Grinsen auf, und er spürte, wie sein Herz weich wurde; ihr Gesicht erinnerte ihn an einen aufsteigenden, hellen Stern über den Eisfeldern von Callisto. Sie reckte den Kopf nach vorn und küßte ihn leicht auf die Nase.
    »Geschenk des Hauses«, meinte sie. »Jetzt aber weiter.«
    Sie packte wieder das Seil; innerhalb von Sekunden hatte sie den Griffhaken erreicht und schickte sich an, den nächsten auf das Deck zu werfen, um den folgenden Abschnitt der Wanderung vorzubereiten.
    Müde, wobei er sich älter fühlte als seine fünf Jahrhunderte, hangelte er sich Hand über Hand an seinem Seil entlang.
    Er versuchte die Augen auf die abgenutzte Fläche des Bodens vor seinem Gesicht zu richten. Warum fand er diese verdammte Aktion nur so schwierig? Er war schließlich Morrow, Held des Liftschachts, wie Froschfängerin gemeint hatte. Und seitdem war er draußen gewesen, jenseits der die Decks umgebenden geriffelten Wände, draußen im Weltraum. Er war auf der Oberfläche von Callisto herumspaziert und hatte beobachtet, wie der aufgeblähte Leichnam der legendären Sonne über den Eisflächen des Mondes aufging; er hatte sogar die Ausgrabung dieses alten Fremdraumschiffes überwacht. Er hatte damals Mut bewiesen, nicht wahr? Das mußte so gewesen sein – nun, er hatte nicht einmal darüber nachgedacht. Warum also fühlte er sich jetzt so anders, wo er sich wieder auf den Decks befand – im Inneren der metallverkleideten Kiste, die für ein halbes Jahrtausend seine einzige Welt gewesen war?
    Er hatte sich schon unwohl gefühlt, seit Louise ihn gebeten hatte, diese Expedition zu führen.
    »Ich will nicht dorthin zurückgehen«, hatte er Louise unmißverständlich erklärt.
    Louise Ye Armonk war nach Callisto heruntergekommen, um ihm zu seiner archäologischen Arbeit zu gratulieren und ihm diesen neuen Auftrag zu erteilen. Sie hatte müde und alt ausgesehen; sie war sich mit der Hand durchs graue Haar gefahren. »Wir alle müssen Dinge tun, die wir nicht tun wollen«, sagte sie, als ob sie zu einem Kind sprechen würde, mit kaum gezügelter Ungeduld. Als sie ihn ansah, konnte Morrow Verachtung in ihren Augen erkennen. »Glauben Sie mir, wenn ich jemand anders hochschicken könnte, würde ich es tun.«
    Morrow hatte einen Anflug von Panik gespürt – als ob man von ihm verlangt hätte, ins Gefängnis zu gehen. »Worum geht es?« erkundigte er sich mit wachsender Verzweiflung. »Die Planer haben die Decks vor Jahrhunderten gesperrt. Sie wollen nicht wissen, was draußen geschieht. Warum lassen wir sie nicht einfach in Ruhe?«
    Louises

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