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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Illusion der Irrealität bestehen und ließ die Struktur umso bedrohlicher wirken.
    Schließlich stand der Bogen direkt über ihnen, riesig, in schwindelnder Höhe, großartig.
    »Eine Wandstärke von achttausend Kilometern«, referierte er langsam. »Stellen Sie sich nur mal vor, daß Sie die Erde dort oben, im Scheitelpunkt dieses Bogens, aufhängen könnten wie eine Christbaumkugel.«
    Sie schnaufte und preßte den Handrücken auf den Mund.
    Er sah sie neugierig an. Sie – wie er allmählich realisierte – kicherte!
    Sie durchflogen den Bogen; die riesige Skulptur aus Gas fiel langsam hinter ihnen zurück.
    Scholes konsultierte sein Notebook. »Wir haben unseren Orbit fast abgeschlossen. Ein solarer Großkreis mit einem Umfang von fünf Millionen Kilometern in drei Stunden…«
    »Dann ist unsere Reise also fast beendet.« Erneut faltete sie die Hände akkurat im Schoß und richtete das Gesicht auf die transparente Wand; das Licht der Corona konturierte ihr Profil; sie wirkte entrückt und ganz erstaunlich jung.
    Mit einemmal fühlte er sich berührt von ihr – von dieser einsamen, verbitterten Frau, die durch ihr Alter und ihre Gebrechlichkeit vom Rest der Menschheit isoliert war… und, wie er unbestimmt spekulierte, durch ein noch weitaus dramatischeres Geheimnis.
    Er versuchte sie aufzumuntern. »In einer Stunde sind Sie wieder im Habitat in Sicherheit. Dort werden Sie es viel bequemer haben. Und…«
    Sie wandte sich ihm zu. Sie lächelte nicht, aber ihr Gesicht schien jetzt etwas weicher zu sein, als ob sie sein Bemühen verstanden hätte. Wieder streckte sie die Hand aus und berührte seinen Handrücken, und der plötzliche menschliche Kontakt wirkte elektrisierend. »Danke für Ihre Geduld, Dr. Scholes. Ich war sicher ein ziemlich komplizierter Passagier, nicht wahr?«
    Verlegen runzelte er die Stirn. »Ich glaube eher, daß ich ziemlich wenig Geduld gehabt habe.«
    »Oh, ganz im Gegenteil.«
    Die Neugier brannte in ihm wie der Fusionskern der Sonne und tauchte sein Sehfeld in ein helles Licht. »Sie sind der Schlüssel zu all dem, richtig? Das Suprahet-Projekt, meine ich. Ich weiß zwar nicht, welche Rolle Sie dabei spielen… Aber es ist die Wahrheit, stimmt’s?«
    Sie antwortete nicht, ließ ihre Hand aber auf seiner liegen.
    Er runzelte die Stirn. Sie wirkte so zerbrechlich. »Und wie fühlen Sie sich dabei?«
    »Wie ich mich fühle?« Sie schloß die Augen. »Wissen Sie, ich bin mir nicht sicher, ob man mich das überhaupt schon einmal gefragt hat.« Sie seufzte hilflos. »Ich habe Angst, Dr. Scholes. So fühle ich mich.«
    Er schloß die Finger um ihre Hand.
    Er spürte einen leichten Ruck im Steißbein, und das Geräusch des Lightrider -Triebwerks machte sich als eine tiefe, niederfrequente Vibration bemerkbar, ein seismisches Grummeln, das tief in seinem Körper rumorte.
    Langsam entfernte sich das kleine Schiff von der brodelnden Oberfläche der Sonne.

4

    DER GLEITER TAUMELTE von der schimmernden Öffnung der Wurmloch-Transitstrecke von Port Sol nach Earthport. Louise Ye Armonk schaute aus der überfüllten Kabine und hielt Ausschau nach der Erde. Mark saß mit einem Notebook im Schoß neben ihr.
    Earthport war ein bei L4 stationierter Schwarm von Wurmloch-Interfaces – einer der fünf gravitational stabilen Lagrange-Punkte im Erde-Mond-System, der dem Mond auf seiner Umlaufbahn um die Erde um sechzig Grad vorauseilte. Von hier aus erschien die Erde als eine dicke blaue Scheibe; Wurmloch-Portale in allen Größen drifteten wie stahlblaue viereckige Schneeflocken über das Antlitz des alten Planeten.
    Der Raumgleiter – bis auf seine zwei Passagiere unbemannt – raste zielstrebig durch das Gewirr aus Interfaces und das Verkehrschaos, das unaufhörlich durch die großen Intersystem-Anschlußstellen strömte. Als Kontraststudie zu der Einsamkeit der äußeren Randzonen gewann Louise einen intensiven, unmittelbaren Eindruck von Geschäftigkeit, Wohlstand und Aktivität hier im Herzen des Sonnensystems.
    In Anbetracht der Ein-Gravo-Standardbeschleunigung des Gleiters würden sie für den letzten Abschnitt des Fluges von L4 zur Erde gerade sechs Stunden benötigen; und schon schien sich der alte Planet, grün und voller Leben, schnell auf Louise zuzubewegen, als ob er durch das komplexe Netzwerk aus Wurmloch-Interfaces auftauchen würde. Riesige Fusionskraftwerke – aus Eismonden konstruiert, die man aus dem Asteroidengürtel und von weiter außerhalb herbeigeschafft und im Erdorbit fixiert

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