Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
sich, ob die Strukturen wirklich mit Antikörpern oder Thrombozyten verglichen werden konnten – Blutblättchen, die Wunden aufspürten. Sie schwärmten über- und aneinander vorbei, und wie durch ein Wunder kam es dabei nie zu einem Zusammenstoß…
    Nein, erkannte sie. Die Sache hatte nichts von einem Wunder an sich. Die Objekte steuerten voneinander weg, während sie ihre Orbits durchrasten.
    Das war ein Schwarm. Die Dunkelmaterie-Strukturen waren lebendig.
    Lebendig und zweckgerichtet.
    Langsam driftete sie in den Schwarm der Photino-Vögel (wie sie sie fürs erste bezeichnete) hinein. Sie flogen an ihr vorbei und vermieden geschickt eine Kollision.
    Sie reagierten eindeutig auf ihre Anwesenheit. Sie hatten offensichtlich ein Bewußtsein – wenn sie nicht gar intelligent waren.
    Sie überlegte sich den nächsten Schritt. Sie wünschte sich, Kevan Scholes davon berichten zu können.
    Der nette, geduldige Kevan war als wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Sonne gekommen; seine Dienstzeit war eigentlich nur auf ein paar Jahre veranschlagt gewesen. Aber er war viel länger im sonnennahen Orbit geblieben, um ihr als geduldiger Capcom zu dienen, weit über jede Dienstpflicht oder Freundschaft hinaus. Schließlich hatte ihre Langstrecken-Beziehung mit Scholes Jahrzehnte gedauert.
    Nun, sie war dankbar für seine Loyalität. Er hatte ihr während jener schwierigen ersten Jahre in der Sonne unermeßlich geholfen.
    Sie versuchte angestrengt, sich an ihre letzte Unterhaltung zu erinnern.
    Irgendwann war er einfach abgezogen worden. Warum? Um irgendeinem organisatorischen, politischen oder kulturellen Paradigmenwechsel Rechnung zu tragen? Sie hatte es nie erfahren.
    Sie hatte im Laufe der Zeit gelernt, daß menschliche Organisationen – selbst wenn sie mit AS-konservierten Quasi-Unsterblichen besetzt waren – eine Halbwertszeit von höchstens ein paar Jahrhunderten aufwiesen. Jene, die länger Bestand hatten, überlebten nur als Scheinorganisationen, die in der Regel weit von den Zielen ihrer Gründer abwichen. Sie dachte an den langsamen Niedergang der Heiligen Lichtkirche des Suprahet, der sich bereits zu der Zeit abzeichnete, als sie sich kurz außerhalb der Sonne aufhielt, und an die Degeneration von Suprahet zu einer Kernorganisation von Fanatikern, die sich um die ewige Flamme einer uralten Wahrheit scharten.
    Eine Abfolge von Capcoms hatte die Plätze an den Mikrofonen am anderen Ende ihrer Wurmloch-Verbindung besetzt. Sie hatte ihre Gesichter gesehen, auf Abbildungen, die durch die telemetrischen Kanäle geschickt wurden. So wußte sie zumindest, wie sie aussah, diese Parade aus immer skurriler aussehenden Männern und Frauen mit ihren vergänglichen Moden und Stilrichtungen und ihrem ständig irrer werdenden Gesichtsausdruck. Die Entwicklung der Sprache und andere kulturelle Veränderungen wurden in ihre Datenspeicher eingegeben, so daß ihr die zunehmende Entfernung der menschlichen Welten von der Zeit, in der sie aufgewachsen war (wenn auch nur kurz), keinerlei Kommunikationsprobleme verursachte. Aber zu keiner dieser Personen baute sie eine echte Beziehung auf. Nach Kevan Scholes spürte sie nur noch wenig Interesse oder Sympathie für die Sequenz von Eintagsmenschen, die mit ihr kommunizierten.
    Manchmal hatte sie sich gefragt, wie sie wohl auf sie wirkte – ein verschrobener Quasi-Mensch, der in einem Exponat verschlissener, alter Technologie gefangen war.
    Schließlich hatte jegliche Kommunikation mit ihr aufgehört.
    Dennoch spürte sie komischerweise noch immer – ungeachtet aller Vorgänge – Loyalität zur Menschheit. Sie hatten sie auf zynische Art und Weise für ihre Zwecke konstruiert und dann hier ausgesetzt, im Herzen dieser fremdartigen Welt; und trotzdem konnte sie sich geistig nicht von ihren Artgenossen lösen. Schließlich hätten sie, ob sie nun mit ihr kommunizierten oder nicht, ohne weiteres ihren Wurmloch-Wärmetauscher abschalten können – ihr Bewußtsein auslöschen –, so einfach, wie man ein Licht ausknipst. Aber das war nicht geschehen.
    Also, überlegte sie verdrießlich, hatten sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, sie absterben zu lassen. Und dafür sollte sie ihnen noch Loyalität schulden? Sie bemühte sich um Zynismus. Sollte sie vielleicht einen Bückling und Kratzfuß machen, nur um ihr Leben zu verlängern?
    Aber ungeachtet ihrer Entschlossenheit zur Härte merkte sie, daß sie sich ein rudimentäres Bedürfnis bewahrt hatte, zu kommunizieren – ihre Neuigkeiten

Weitere Kostenlose Bücher