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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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kommen, dreht sich die Welt immer weiter. Wie sie es seit jeher schon getan hat.« Vorsichtig streckte sie die dünnen Beine und richtete sich auf. »Komm. Machen wir mit unserer Arbeit weiter.«
    Mit einer leichten Bewegung ihrer kräftigen Oberarme öffnete Pragmatikerin das Schleusenschott.
    Dann – anstatt vorwärts zu gehen, um die Nahrungsmittel aufzusammeln – runzelte sie die Stirn und schaute Morrow unsicher an. »Ich verstehe nicht.«
    »Was ist los?«
    »Schau.«
    Die Schleuse war leer.
    Morrow starrte zuerst Pragmatikerin an und dann die leere Kammer. Er konnte nicht fassen, was er sah. Bei diesem Handel hatte es noch nie zuvor Probleme gegeben.
    »Die Messer sind weg«, stellte er fest.
    »Wir haben sie gestern hier deponiert.«
    »Aber da ist kein Fleisch.«
    »Aber die Kratzer bestätigen eindeutig, daß sie die Messer bestellt haben…«
    Dieser Dialog zog sich vielleicht über fünf Minuten hin. Ein Teil von Morrow war in der Lage, sich von ihm zu lösen – sich selbst und Pragmatikerin mit einer gewissen Entrücktheit, ja sogar Mitleid zu betrachten. Da waren zwei alte Leute, zu hoffnungslos in Routine verstrickt, als daß sie angemessen auf das Unerwartete hätten reagieren können.
    Pragmatikerin hat recht. Ich bin zu einer Maschine geworden, dachte er mit Zorn und Traurigkeit. Noch schlimmer als eine Maschine.
    »Ich gehe rein und überprüfe die Markierungen«, sagte Pragmatikerin. »Vielleicht haben wir einen Fehler gemacht.«
    »Wir haben noch nie einen Fehler gemacht. Wie könnten wir auch?«
    »Egal, ich kontrolliere das.«
    Pragmatikerin betrat die Schleuse und schaute mit zusammengekniffenen Augen zu den Bestellmarkierungen hoch.
    …Da begann sich die Luke in der Oberseite der Schleuse sechs Meter über ihrem Kopf zu öffnen.

    Im Plasmameer hatte der Zeitbegriff wenig Bedeutung für Lieserl.
    Als sie in die Sonne hinabsank, deaktivierte sie all ihre virtuellen Sinne, mit Ausnahme des Sehvermögens und eines rudimentären Körpergefühls; das Schweben durch das wabernde, wolkige Plasma war wie eine Kindheitsvision des Schlafs oder eine endlose, ozeanische Meditation. Sie verlangsamte die Uhren, die ihr Bewußtsein regulierten und gestattete sich, in lange Phasen echten ›Schlafs‹ abzugleiten – sie driftete in Phasen der Bewußtlosigkeit dahin, wobei lediglich die vegetativen Systeme geduldig funktionierten.
    Und sie hatte, ohne Bedauern, die Hauptsynchronisations-Verbindung zwischen ihrem Sensorium und dem äußeren Universum abgeschaltet. Während sie im Kern der Sonne umherdriftete und fast unmerklich tiefer sank, waren auf den Welten der Menschheit Dutzende Jahrhunderte verstrichen…
    Jetzt erschien wieder die Photino-Struktur.
    Diesmal war sie bereit. Als die Struktur an ihr vorbeizog, faßte sie sie mit allen Sinnen auf.
    Auch jetzt konnte sie kaum etwas erkennen; die Struktur stand wie eine unscharfe schwarze Silhouette vor dem glühenden Plasma-Hintergrund.
    Sehnsüchtig verfolgte sie, wie die Photino-Wolke sich rasend schnell aus ihrem Gesichtsfeld entfernte und bei ihrem minutenlangen Orbit um die Sonne das Plasma durchdrang, als ob es nicht substantieller als Nebel wäre.
    Aber…
    Aber, war die Wolke von ihrer Umlaufbahn abgewichen, als sie an ihr vorbeizog? War es möglich, daß das Photino-Objekt tatsächlich auf ihre Präsenz reagiert hatte?
    Sie registrierte weitere Bewegung unter und vor sich. Die sich bewegenden Formen waren schattenhaft, quälend flüchtig vor dem hellen, fast konturenlosen Hintergrund. Frustriert bemühte sie ihre Sinne und verlangte ihren alten Prozessoren auch noch das letzte Bit an Informationen ab, die bei ihnen eingingen.
    Langsam wurden die Darstellungen deutlicher, definierter und fokussierter.
    Es gab Hunderte – nein: Tausende, Millionen – von Photinospuren. Vielleicht handelte es sich dabei um stehende Wellenmuster, überlegte sie, Kohärenzspuren der Wolke aus Dunkelmaterie.
    Langsam erstellte sie ein Bild in ihrem Kopf, ein Schichtmodell der Muster: Annähernd linsenförmig, mit einer Länge von vielleicht fünfzig Metern – und, wie sie realisierte, der Andeutung einer internen Struktur.
    Interne Struktur?
    Nun, soviel zur Theorie der stehenden Wellen. Sie schienen definierte Objekte zu sein, nicht nur Kohärenzmuster in einem Kontinuum.
    Sie beobachtete, wie die Objekte ihren Umlauf um das Zentrum der Sonne vollzogen. Die rasenden Linsenformen erinnerten sie an Grafiken von Blutkörperchen in einem Blutkreislaufs; sie fragte

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