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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Jahrhunderten. Die alt und fragil in ihrem Netz hängende Britain schaukelte hin und her, und Louise vernahm ein entferntes Scheppern fallender Objekte, das irreal vertraute Geräusch sich verschiebender Möbel.
    In der ganzen Lebenskuppel flackerten die Lichter und erloschen.

14

    ER WAR DER LETZTE MENSCH.
    Er befand sich jenseits von Raum und Zeit. Die großen Quantenfunktionen, die das Universum ausfüllten, glitten an ihm vorbei wie ein breiter, reißender Fluß, und seine Augen füllten sich mit dem grauen Licht, vor dem alle Phänomene nur Schatten sind.
    Die Zeit verstrich, ohne Meßpunkte. Und dann…

    Da driftete ein Kasten im Raum, ein Tetraeder mit durchsichtigen Wänden.
    Ein Mensch beschrieb eine unglaubliche Kurve und flog in den Kasten ein. Er saß in einem ramponierten, zerbrechlichen Raumboot, das durch das All taumelte. Ein Seil war um seine Hüfte gewickelt, und er war mit gegerbten Tierhäuten bekleidet. Er war hager, die Haut durch die Kälte verwüstet.
    Erstaunt starrte er nach draußen auf die Sterne.
    Raumzeit-Feuer eruptierte in dem Kasten und hüllte schließlich das kleine Boot ein.

    Etwas hatte sich verändert. Die Geschichte hatte ihren Lauf wieder aufgenommen.
    Michael Pooles erweitertes Bewußtsein regte sich.



15

    LOUISE STAND AUF der kurzen Leiter der Fähre. Unter ihr lag das dunkle Eis von Callisto mit seinen mysteriösen Tiefen im rauchigen Licht des Jupiter-Rings.
    Sie verspürte ein Gefühl des Wunders mit der Intensität einer Nova. Zum erstenmal seit eintausend Relativjahren würde sie wieder die Oberfläche eines Planeten betreten.
    Sie machte einen Schritt nach vorne.
    Ihre Füße kamen mit einem schwachen Knacken auf dem Eis auf. Sie ging ein paar Schritte vorwärts und schaute zurück. Ihre Stiefel hinterließen deutlich sichtbare, geriffelte Abdrücke in dem feinen Rauhreif, der die Oberfläche von Callisto überzog.
    Sie trug schwer an dem unförmigen Raumanzug, trotz der Leichtigkeit der Gravitation von Callisto mit ihren dreizehn Prozent der irdischen Schwerkraft. Louise hob die Hände und preßte die Handflächen aneinander; sie konnte kaum die Hände spüren in den dicken Handschuhen. Der Raumanzug war tausend Jahre alt. Sie war in dieses Ding eingezwängt und kam sich abgestorben und gealtert vor, als ob sie gezwungen wäre, sich in einer sirupartigen Flüssigkeit zu bewegen.
    Sie schaute sich um und spähte durch das trübe Helmvisier, wobei sie schielen mußte, um mit Hilfe der kaum noch funktionierenden optischen Verstärker Einzelheiten zu erkennen. Als das Gefühl des Wunders nachließ, merkte sie, wie sie immer gereizter wurde; sie wußte, daß es eine Schwäche von ihr war, aber, verdammt, sie vermißte eben ihre kristallklaren virtuellen Dioramen.
    Jupiter und Sol standen beide hinter dem unendlich flachen, eisigen Horizont des kleinen Mondes: Aber die neuen Ringe von Jupiter zogen sich spektakulär über den Horizont und den Himmel. Das entgegengesetzte Ende des Ringsystems blendete rasiermesserscharf die Sterne aus, und das Eis und die Felsenpartikel des Rings funkelten im kühlen, entfernten Sonnenlicht in einem pastellfarbenen Rot.
    Die Ringe kamen ihr wie ein riesiges Artefakt vor. Hier, als winziges, schwaches Wesen auf einer Eisfläche, fühlte sie sich zur völligen Bedeutungslosigkeit degradiert.
    Sie legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die Sterne.
    Es war mittlerweile ein Jahr her, seit sich die Geschwindigkeit der Northern so weit verringert hatte, daß die relativistischen Effekte aus dem Universum ausgeblendet wurden, ein Jahr, in dessen Verlauf sie langsam aus dem äußeren System auf Jupiter zugedriftet waren. Die Northern befand sich jetzt schon seit einigen Tagen in einem Orbit um Jupiter, und Morrow hatte den größten Teil der Zeit hier unten gearbeitet. Erste Ortungen der Northern hatten ergeben, daß in dem gerade erst gefrorenen Eis von Callisto etwas verborgen lag – eine Anomalie. Morrow versuchte mit seinem Team aus ’bots herauszufinden, worum es sich dabei handelte.
    Aber für Louise war es der erste Ausflug hinunter zur Oberfläche. Und die Erfahrung, von einem Himmel umgeben zu sein – einem echten, verzerrungsfreien Sternenhimmel – war eine unglaubliche Neuheit für Louise, die so lange von dem verschwommenen Sternenbogen der annähernden Lichtgeschwindigkeit umgeben gewesen war.
    Aber was für ein Himmel war das – eine düstere, leere Kuppel aus Samt, die von Sternenleichen durchsetzt war: runzlige, sich

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