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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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umklammerte. »Farr«, sagte Dura. »Komm zu mir. Langsam und gleichmäßig – so ist es richtig…«
    Das Restrisiko für Dia bestand nun darin, daß die Beckenhälften nach dem Zusammenklappen nicht bündig abschlossen; und selbst wenn keine Komplikationen auftraten, würde es noch einige Tage dauern, bis das Becken wieder mit Knorpelmasse versiegelt war. Während dieses Zeitraums würde sie fast bewegungsunfähig sein. Mit Duras und Farrs Hilfe schob sie gespreizten Beine zusammen, und Dura sah, daß die Beckenhälften wieder in die Ausgangsstellung zurückglitten.
    Mur hatte einen Tuchfetzen aus der mit Treibgut durchsetzten Luft gefischt und wischte damit das Gesicht der in Halbtrance liegenden Dia ab. Dura säuberte Dias Bauch und Beine.
    Farr schwamm langsam auf sie zu. Dura sah, daß er das Baby aufgesammelt hatte; nun drückte er das Kind so stolz an sich, als ob es sein eigenes gewesen wäre und ließ sich auch nicht von dem Fruchtwasser stören, das ihm auf die Brust tröpfelte. Der Mund des Babys hatte noch immer die charakteristische Schnabelform, die erforderlich gewesen war, um an die Zitzen in der Gebärmutter zu gelangen, über die der Embryo mit Nährstoffen versorgt wurde; ein winziger Penis war aus der Hautfalte zwischen den Beinen gesprungen.
    Grinsend präsentierte Farr das Baby seiner Mutter. »Es ist ein Junge«, sagte er.
    »Jai«, flüsterte Dia. »Er heißt Jai.«

    Von den ursprünglich fünfzig Menschlichen Wesen hatten vierzig überlebt. Von den Luft-Schweinen waren bloß noch sechs ausgewachsene Tiere übrig, davon vier männliche. Das Netz war irreparabel beschädigt.
    Logue war verschollen.
    Der Stamm drängte sich im Magfeld zusammen, inmitten der ruhig daliegenden Luft. Mur und Dia wiegten ihr quengelndes Baby. Ohne allzu große Begeisterung übernahm Dura die Rolle einer Predigerin und hielt mit den Menschlichen Wesen eine Art Gottesdienst ab, wobei sie das Wohlwollen der Xeelee erbat. Schweigend verfolgte Adda den Vorgang aus der Nähe; trotz seines Alters war er noch ein vitaler, dynamischer Mann. Und während der ganzen Zeit hielt Dura Farrs Hand.
    Dann übergaben sie die Leichen, die sie geborgen hatten, der Luft; langsam drifteten sie dem Quantenmeer entgegen.
    Nach dem Gottesdienst schwamm Philas, Esks Witwe, mit eckigen Stößen auf Dura zu. Wortlos musterten die beiden Frauen sich; Adda und die anderen zogen sich diskret zurück.
    Philas war eine hagere Frau, die einen erschöpften Eindruck machte; das Haar hatte sie zu einem Knoten zusammengebunden, wodurch das Gesicht wie ein Totenschädel wirkte. Sie starrte Dura an, als ob sie ihr die Legitimation absprechen wollte, um Esk zu trauern.
    Die Menschlichen Wesen waren monogam… aber es herrschte ein Frauenüberschuß. Also ergibt Monogamie keinen Sinn, sagte Dura sich, und trotzdem praktizieren wir sie. Zumindest in der Theorie.
    Esk hatte sie beide geliebt… auf jeden Fall hatte er ein zärtliches Gefühl für beide verspürt. Und aus seinem Verhältnis mit Dura hatte er weder Philas gegenüber noch den anderen ein Hehl gemacht. Philas hatte sicher keinen Schaden dadurch erlitten.
    Vielleicht würden sie sich nun gegenseitig helfen, sagte Dura sich. Vielleicht würden sie sich sogar einmal umarmen. Aber sie würden nie darüber sprechen.
    Und sie, Dura, durfte nicht einmal öffentlich um Esk trauern.
    »Was sollen wir nun tun, Dura?« fragte Philas schließlich. »Sollen wir das Netz reparieren? Was sollen wir tun?«
    Beim Blick in die leeren Augen der Frau hätte Dura sich am liebsten in sich selbst verkrochen und sich hinter der Trauer um ihren Vater und Esk verschanzt, nur um der Konfrontation mit Philas auszuweichen. Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht. Woher sollte ich es auch wissen?
    Aber sie hatte keine Wahl. Sie mußte sich der Realität stellen.

2

    ZEHN MENSCHLICHE WESEN – Dura mit Farr im Schlepptau, Adda, die Witwe Philas und sechs weitere Erwachsene – entfernten sich von der Position des verwüsteten Lagers. Auf der Suche nach Nahrung schwammen sie durch das Magfeld in Richtung der Kruste.
    Wie üblich bildete Adda die Nachhut, während sie die Feldlinien kreuzten. Ein Auge war mit den Narben des Alters bedeckt – wo ihm nun dieser Gedanke kam, stocherte er mit einem Finger in der Augenhöhle herum, um die ungebetenen kleinen Gäste, die sich ständig dort einnisten wollten, zu vertreiben –, doch das andere Auge war noch intakt, und beim Schwimmen suchte er die Luft über sich ab. Er bildete

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