Xeelee 4: Flux
improvisierten Korridor und sog in tiefen Zügen die feuchte Polar-Luft ein. Sie betrachtete den entfernten Dunst, wo die violetten Sternenhammer-Strahlen der Xeelee durch den Stern schnitten.
»Hoffentlich halten diese verdammten Dinger sich von der Stadt fern«, sagte Adda.
Sie wischte sich das verfilzte Haar aus dem Gesicht. »Und von Ihren Leuten, wo auch immer sie sind… Wenn wir einen Volltreffer abbekommen, dann ohnehin nur durch Zufall. Die Xeelee wollen offensichtlich den Kern zerstören; da würden sie ihre Energie wohl kaum für ein winziges, hilfloses Konstrukt wie die Stadt vergeuden.«
»Ja. Soviel zu Horks Expedition in den UnterMantel.«
»Vielleicht. Andererseits war diese ebenso verwegene wie sinnlose Expedition unsere einzige Hoffnung, Adda. Ich habe mich jenseits aller rationalen Erwägungen daran geklammert.« Der Anflug eines Lächelns erschien auf ihrem Gesicht. »Und ich klammere mich immer noch daran. Weshalb auch nicht? Wenn es mir hilft.«
Er verfolgte die Spuren der sich in der aufgewühlten Luft verlierenden Luft-Wagen und Menschen. Die Silhouetten der Wagen zeichneten sich in der Ferne ab; sie wirkten wie Insekten vor dem gleißenden Xeelee-Licht.
Deni rieb sich das Kinn. »Sie werden das vielleicht nicht verstehen, Adda, aber die meisten Bewohner der Stadt haben Parz bisher noch nie verlassen. Für sie war die Stadt immer der sicherste Ort der Welt. Und wo sie nun auseinanderfällt, fühlen sie sich – verraten. Wie ein Kind, das von seinen Eltern im Stich gelassen wird.« Sie zögerte. »Wir sprechen von Hoffnung. Doch für viele könnte es gar nicht mehr schlimmer kommen.«
»Können wir hier überhaupt noch etwas bewirken?«
»Nun, wir schleusen die Patienten durch diesen provisorischen Ausgang, ob sie nun im Stadium Quetschungen oder beim Eindringen des Kernstoff-Bergs in die Mittelstadt Verbrennungen und Schnittwunden erlitten haben… Ob sie dort draußen sicherer sind als in den Trümmern der Stadt, wage ich jedoch nicht zu beurteilen.« Sie lächelte humorlos. »Zumindest fühlen wir uns besser, wenn wir ihnen helfen. Meinen Sie nicht auch?«
Ein weiterer Patient wurde in einen bereitstehenden Wagen verladen. Farr befand sich unter den Helfern, und als sie den Patienten – ein bewußtloses Kind – abgeliefert hatten, machte er kehrt und wollte wieder in die Abteilung zurückgehen. Adda legte ihm die Hand auf die Schulter und hielt ihn zurück. Der Junge hatte Ringe unter den Augen; er ging mit hängenden Schultern und bewegte den Mund, als ob er einen Monolog spräche.
Adda schüttelte ihn sanft. »Farr? Bist du in Ordnung, Junge?«
Farr richtete den Blick auf den alten Mann. »Mir geht es gut«, sagte er mit hoher, brüchiger Stimme. »Ich bin nur etwas erschöpft und…«
»Hör zu, du mußt das nicht machen.«
Farr wirkte beleidigt. »Adda, ich bin kein Kind mehr.«
»Das wollte ich damit auch nicht sagen, verdammt…«
Deni schob sich zwischen die beiden. »Farr, du leistest ganze Arbeit… und ich brauche dich hier. Aber ich finde, daß Adda recht hat; du solltest eine Pause machen, etwas essen und dich ausruhen.«
Farr wollte schon widersprechen, doch Deni knuffte ihn sanft in die Rippen. »Los. Das ist ein Befehl.«
Mit einem angedeuteten Lächeln gehorchte der Junge.
Deni schaute Adda spöttisch an. »Ich möchte wetten, daß Sie nie Vater waren.«
Adda quittierte diese Bemerkung mit einem grimmigen Blick.
Ein weiterer Luft-Wagen fuhr durch die Bresche in der Wand, wobei fünf nervöse Luft-Schweine wie aufblasbare Spielzeugtiere an der Haut entlangschrammten. Die Wagentür ging auf, und der Fahrer lehnte sich heraus. »Adda«, sagte Toba Mixxax müde, aber breit grinsend. »Ich bin froh, dich zu sehen. Ito sagte mir, daß du und Farr versuchen würdet, zum Krankenhaus zu kommen.«
»Ja, er ist auch hier. Es geht ihm gut. Er arbeitet hart.« Bislang hatte Adda Tobas Pfannkuchengesicht immer als nichtssagend und ausdruckslos empfunden, doch nun hatten sich Sorgenfalten in Tobas Gesicht gegraben, und Adda erkannte echten Schmerz in seinen Augen. »Cris ist nicht hier. Es tut mir leid.«
Tobas Gesichtsausdruck veränderte sich kaum, doch Adda sah, wie ein Funkeln in den Augen erlosch. »Nein. Ich… äh… ich hatte auch nicht damit gerechnet, daß er hier ist.«
»Nein.«
Verlegen wandten die beiden Männer den Blick voneinander ab.
»Wie geht es Ito? Wo ist sie?«
»Auf der Decken-Farm. Was davon noch übrig ist. Sie hat viel zu tun. Sie ist
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