Xeelee 4: Flux
Handwerkerin, Adda, und hat sich mit den restlichen Kulis an die Aufräumungsarbeiten gemacht.« Er schüttelte den Kopf. »Alles ist zerstört. Du würdest es nicht für möglich halten.« Bitterkeit schwang in Tobas Stimme mit. »Dieser Störfall hat uns den Rest gegeben, Adda.«
Bei diesen Worten erinnerte er sich daran, was Deni gesagt hatte – daß die Xeelee gekommen wären, um den Kern und damit den Stern selbst zu zerstören. Adda hatte keine große Phantasie; normalerweise beschränkte er sich auf das Hier und Jetzt, auf das Machbare. Doch plötzlich fragte er sich, welche Konsequenzen es für sie alle hätte, wenn Deni Maxx recht hatte – wenn die Xeelee gekommen waren, um den Stern zu vernichten.
Er ließ den Blick über den grellen Himmel schweifen. Eigentlich hatte er erwartet, daß dieser Störfall sich schließlich wieder legen würde – wie alle anderen Störfälle in seinem langen Leben auch, egal, wie stark sie gewesen waren. Doch was, wenn es diesmal anders war? Schließlich hatten die Xeelee diesen Störfall fabriziert, was seine bisherigen Erfahrungen relativierte. Was, wenn die Xeelee weitermachten, bis der Kern selbst aus dem Quanten-Meer sprudelte?
Bisher hatte Adda nur seinen eigenen Tod und den von vielen anderen Leuten einkalkuliert – auch von Menschen, die ihm nahestanden. Doch vielleicht hatte diese Katastrophe viel größere Auswirkungen – vielleicht bedeutete sie das Ende der gesamten Rasse. Er wurde von einer Vision überwältigt, in der die Menschlichen Wesen für alle Zeiten aus dem Stern getilgt waren und wo alles, wofür Adda gearbeitet hatte, ausgelöscht wurde und der Bedeutungslosigkeit anheimfiel.
Toba redete immer noch, doch Adda hörte längst schon nicht mehr zu.
Adda zog sich zurück und holte tief Luft. Wenn die Welt heute untergehen sollte – nun, dann gab es nichts, was er dagegen hätte tun können.
Deni Maxx begrüßte Toba im Korridor. »Danke, daß Sie gekommen sind, um uns zu helfen, Bürger.«
Toba zuckte die Achseln. »Ich brauchte eine Beschäftigung.« Ein neuer Patient wurde eingeliefert; Toba Mixxax schaute an Adda vorbei auf den geschundenen Körper, und sein rundes Gesicht nahm einen düsteren Ausdruck an.
»Dann hast du jetzt eine«, sagte Adda.
Deni Maxx berührte seinen Arm. »Kommen Sie, Oberströmler. Gehen wir wieder an die Arbeit.«
In der Ferne durchbohrten die Sternenhämmer wie riesige Dolche den Mantel. Nach einem letzten Blick auf den Himmel drehte Adda sich um und nickte Toba zu. Dann ging er.
Früher war der Stern ihr riesig erschienen. Wo sie nun in der unendlichen Weite dieses Ur-Himmels gestrandet war, sehnte sie sich fast in die behagliche Welt des Mantels zurück – mit dem purpurnen Boden des Quanten-Meers, der Krusten-Decke über ihr und dem Mantel selbst, in dem sie wie in einer riesigen Gebärmutter geborgen war. All das hatte sie durch diese erstaunliche Reise und die Sicht-Geräte der Ur-Menschen verloren.
Sie legte den Kopf in den Nacken und riß die Augen auf, um alles in sich aufzunehmen, die Ehrfurcht zu überwinden und im Geist ein Modell dieses neuen Universums zu erstellen.
Der sie umgebende Himmel – der Raum zwischen den Sternen – war nicht völlig dunkel. Sie erkannte schemenhafte Strukturen: Wolken, Wirbel, Schattierungen in Grau. Es mußte eine Art von Luft geben hinter den transparenten Wänden – Luft, aber keine Luft: dünn, durchscheinend, fleckig und so ätherisch, daß der Himmel virtuell wirkte. Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit den flüchtigen Geister-Mustern, die sie immer sah, wenn sie die Augen fest schloß.
Und jenseits der dünnen Gasschicht waren die Sterne am Himmel aufgehängt. Sie glichen stetig leuchtenden Laternen, die in allen Farben und Helligkeitsstufen strahlten, vom schwachen Glimmen bis zu lodernden Flammen. Und vielleicht, so sagte sie sich mit fast religiöser Ehrfurcht, waren diese Lichter am Himmel selbst Welten. Vielleicht gab es auf diesen entfernten Lichtern ebenfalls menschliche Lebensformen, die aus unerfindlichen Gründen von den Ur-Menschen dort ausgesetzt worden waren. Ob sie es jemals erfahren würde? Ob sie jemals diese Abgründe überwinden und mit diesen Menschen sprechen würde?
Sie versuchte, Muster in der Verteilung der Sterne zu erkennen. Dort schien es Anzeichen einer Ring-Struktur zu geben – und ein Dutzend Sterne, die sich in einer Linie durch diese Ecke des Himmels zogen…
Doch so schnell sie solche Ansätze von Ordnung am komplexen
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