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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ein Bad getaucht. In heißes Quecksilber. Oder was zumindest so aussah wie Quecksilber.

    Ich sehe immer noch wie ein Mensch aus. Wenigstens beinahe. Wie eine versilberte Statue. Die Beine aber kann ich nicht mehr bewegen. Mund, Ohren, Nase: alles nur Maske. Hände und Arme sind unermesslich stark. Es verwirrte mich nur ein wenig, dass die Gelenkverbindungen so locker sind – die Finger lassen sich vollständig nach hinten biegen.
    Und ich kann fliegen. Im Weltraum fliegen. Kann Sonnenlicht essen und mehrere Tage lang im luftleeren Raum existieren – mein fünfundsechzig Jahre alter menschlicher Kern ruht sicher und geschützt im warmen Dunkel meiner Geisterhülle.
    Ich lebe nicht mehr hinter meinen Augen – ich lebe in meiner Brust. Die Augen funktionieren wie ein Periskop, das hoch über ›mir‹ sitzt.
    Menschen lassen die Geister nicht in meine Nähe. Ich werde von einem Geisterarzt betreut, der mich alle sechs Monate öffnet und reinigt.

    Der Botschafter vom Hitzepfuhl sah nach mir, während man mich umformte. »Wie geht es Ihnen?« Seine Stimme hörte sich an wie das Zwitschern eines Vogels, der irgendwo im Dunkeln schwebte.
    Ich lachte – oder sandte zumindest die entsprechenden Impulse an meine Translatorchips: »Was glauben Sie denn, wie es mir geht?«
    »Man hat mir gesagt, Sie seien in gehobener Stimmung.«
    »Sie versuchen, die Planck’sche Konstante zu reduzieren. Hab ich Recht? Ich verstehe nur nicht, was Quagma damit zu tun hat.«
    Einen Moment lang war nichts mehr zu hören.
    Als der Geist sich wieder meldete, hatte seine Stimme einen volleren Klang. »Ich habe nur noch eben einen geschlossenen Sendekanal aufgebaut. Also gut, Jack. Wie Sie wissen, meint Quagma jenen Materiezustand, wie er durch den Urknall entstanden ist. Wenn man Materie hoch genug erhitzt, dann verschmilzt sie zu einem Magma aus Quarks – zu Quagma eben. Und bei solchen Temperaturen vereinigen sich die fundamentalen physikalischen Kräfte« – er meinte damit die Gravitation, die starken und schwachen nuklearen und elektromagnetischen Kräfte, die die Struktur des uns bekannten Universums bestimmen – »zu einer einzigen Superkraft. Quagma wird von einer solchen Superkraft zusammengehalten. Von nichts sonst. Wenn Quagma sich abkühlt und ausdehnt, dann zerfällt die Superkraft in vier Teilkräfte.«
    »Das heißt?«
    »Wenn es gelingt, den Zerfallsprozess zu steuern, dann kann man das Verhältnis zwischen diesen Kräften bestimmen.«
    »Aha.« Mein Gott, Eve, wenn du bloß da wärst und mir helfen könntest… »Und dieses Verhältnis bestimmt und regelt die fundamentalen Konstanten – die Planck’sche Konstante eingeschlossen?«
    »Exakt.«
    Ich hatte das dringende Bedürfnis, mir das Gesicht zu reiben. Nur: Kopf und Hände gab es nicht mehr. »Sie bauen also ein Modelluniversum, in dem die Planck’sche Konstante reduziert ist. Um Himmels willen, Botschafter! Ich wundere mich nur, dass die Xeelee noch nicht dazwischengefunkt haben.«
    »Wir haben die Sache eben gut getarnt… Jack Raoul, sind Sie noch ein Mensch?«
    »Ich weiß es nicht.« Wenn es mir möglich gewesen wäre, hätte ich mit den Achseln gezuckt.
    »Das klingt nicht gerade, als ob es Sie besonders bekümmern würde.«
    »Sollte es mich bekümmern?«
    »Ich kenne Sie jetzt schon sehr lange, Jack. Wir sind zwar keine Menschen, kennen aber etwas, das der menschlichen Psychostruktur durchaus analog ist… Wir können uns also sehr gut vorstellen, was es für Sie bedeutete, als Ihre Frau starb.«
    »Botschafter! Sie nehmen doch nicht etwa an, dass das, was ich hier tue, eine etwas umständlichere Art ist, Selbstmord zu verüben? Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie es waren, der mich auf diesen verdammten Trip gebracht hat?«
    »Mensch oder nicht Mensch – Sie haben Freunde. Nach wie vor.«
    »Sie glauben gar nicht, wie mich das tröstet.«

    Während des Flugs durch den Hyperraum wurden meine ›Sinnesorgane‹ abgeschaltet. »Ich muss mich entschuldigen«, sagte der Pfuhlbotschafter, »aber wenn wir erst einmal das Gelände des Quagmaprojektes erreicht haben, steht es Ihnen frei, alles zu inspizieren.«
    »Sie trauen mir nicht. Warum wollen Sie mir den Standort nicht verraten?«
    »Ich kann nicht allein entscheiden, lieber Freund.«
    Während des Flugs schwebte ich durch virtuelle Wirklichkeiten und vermied angestrengt, mir vorzustellen, was sich außerhalb meiner Haut abspielte.
    In einem Halb-Universum tauchte ich wieder auf.
    In einem Intrasystemkreuzer

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