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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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antiXeelee.
    Es war… groß. Für seine erhabenen Emotionen gab es in der menschlichen Begrifflichkeit keine Entsprechungen, nur Analogien.
    Dennoch…
    Das antiXeelee schaute auf sein Werk und war zufrieden.
    Sein Bewusstsein griff über Lichtjahre aus. Leuchtende Materie durchzog das Universum wie Schaum auf einem tiefen dunklen Meer. Die Xeelee waren gekommen, hatten Burgen aus diesem Schaum errichtet und waren nun verschwunden, als ob sie sich in Luft aufgelöst hätten. Bald würde auch die schimmernde Materie zerfallen, und das antiXeelee sah, wie die Kreaturen dieses dunklen Meers sich bereits regten. Es spürte so etwas wie Befriedigung beim Gedanken, dass seine Sprösslinge sich dem Zugriff jener… anderen entzogen hatten.
    Nun wandte das antiXeelee sich der letzten Aufgabe zu. Samenbehälter, rotierende Kuben, so groß wie ganze Welten wurden überall in einem regelmäßigen Muster angeordnet: Millionen von ihnen wurden über die weite Kurve des Raums verteilt. Das antiXeelee fuhr mit (metaphorischen) Fingern über jeden dieser Behälter und das, was sich darin befand: Wesen mit geschlossenen Augen, Schiffe mit gefalteten Schwingen, detaillierte Reflexionen des antiXeelee selbst.
    Die Arbeit war getan. Alles war gut. Es verlief wie geplant. Die Diskontinuität war deutlich spürbar. Überall im Universum verschwanden die Behälter wie Seifenblasen.
    Die Samenbehälter traten die lange Reise zurück durch die Zeit an. Sie würde ein paar hunderttausend Jahre nach der Singularität enden, in dem Moment, wo die Temperatur des Kosmos so tief gesunken war, dass Materie und Strahlung entkoppelt wurden – so dass das junge Universum wie mit einem Paukenschlag plötzlich transparent wurde.
    Dann würden die eingeschlossenen Kreaturen die Glieder ausstrecken, und das große Projekt der Xeelee würde beginnen.
    Schließlich würde das Projekt zur Entwicklung der Samen-Behälter führen und zum Entstehen des antiXeelee selbst – und so würde der Kreis sich schließen. Es gab natürlich kein Paradoxon in dieser Kausalschleife, obwohl das antiXeelee – nur so zum Spaß – einst ein Spielzeug-Wesen studiert hatte, einen Menschen, von dessen Warte solche Ereignisse nicht nur paradox, sondern völlig unmöglich erschienen waren. Etwas wie ein Grins-Reflex huschte durch sein Bewusstsein. (…Und nachdem sie wie ein Nachhall im riesigen Gedächtnis beschworen worden war, trat die Spielzeug-Kreatur wispernd ins Leben zurück, als schwache Kohärenz im Vakuum.)
    Das Wesen hatte seine Schuldigkeit also getan, und das antiXeelee ließ es frei. Es walzte sich breit und dünn aus.
    Die vergessene Spielzeug-Kreatur regte sich wie ein Insekt im Kokon.
    Paul öffnete die Augen.
    * * *
    Das antiXeelee schwebte über Paul.
    Er war – körperlos; es war, als ob das Juwel des Bewusstseins, das hinter den Augen gelegen hatte, aus dem Körper geschält und in den Raum geschleudert worden wäre. Er hatte nicht einmal mehr einen Herzschlag, den er zu zählen vermochte. Zerknirscht erinnerte er sich an die Verachtung, mit der er Taft, Gren und die anderen auf dem Zuckerwürfel manchmal betrachtet hatte, wie er sich über ihre schwache, provisorische Körper erhoben hatte, ihr beschränktes Bewusstsein!
    … Doch wo er nun hier gestrandet war, ohne zu wissen, was er überhaupt hier sollte, hätte er viel darum gegeben, wieder in die behagliche Hülle eines menschlichen Körpers schlüpfen zu können.
    Wenigstens war das antiXeelee bei ihm. Es glich einer großen Decke, unter der er wie ein Insekt schwebte und summte. Er verspürte eine bleierne und wohlige Müdigkeit, die Zufriedenheit des Wanderers am Ende eines langen und beschwerlichen Wegs. Für eine lange Zeit verharrte er im Schutz der glühenden Decke.
    Dann löste es sich auf.
    Paul hätte schreien mögen, wie ein Kind nach den Eltern. Er wurde herumgestoßen und durchgeschüttelt. Es war, als ob ein Gletscher aus Erinnerungen und Emotionen kalbte und um ihn herum hundert Eisberge wegbrächen; und diese Eisberge zerbarsten wiederum, und die Splitter schmolzen an der Oberfläche eines Meers…
    Mit einem nicht lokalisierten Schwall aus Selektronen und Neutralinos vervielfältigte das Bewusstsein des antiXeelee sich, zerfiel, zersplitterte und versank im Vakuum.
    Und Paul war allein.
    * * *
    Er hatte kein anderes Instrument für die Messung der Zeit als den langsamen Wandel der Emotionen.
    Er hatte nur für ein paar Monate unter Menschen gelebt, auf dem Xeelee-Samenbehälter, den

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