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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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nicht einmal mehr in der Lage, ein paar Gletscher zu schmelzen.« Sie fasste ihre Tochter sanft an den Schultern. »Die Menschen sind schwach geworden und haben alles vergessen. Allel – wenn ich sterbe, musst du weitermachen. Vielleicht wird es dir zufallen, das Kommando zu übernehmen und unser Volk zur Brücke zu führen. Das ist die Wahrheit unsrer Welt, die einzige Wahrheit. Die einzige Möglichkeit, uns aus eigener Kraft zu retten.«
    Allel erwiderte den düsteren Blick ihrer Mutter. »Ich verstehe, aber…«
    »Aber du willst die Schalen-Bewohner fragen, wie es sich in einer Untertasse lebt«, sagte Boyd spöttisch. Ihr Blick war ausdruckslos. Die grimmige Kälte schien ihr nichts auszumachen. Allel fragte sich, wie es gekommen war, dass sie und ihre Mutter sich so weit auseinandergelebt hatten und nun so verschieden waren wie entgegengesetzte Pole. Die eine pragmatisch, die andere – visionär? – oder eine Närrin? Wer hatte Recht? Vielleicht war das eine Frage, auf die es keine Antwort gab…
    Sie wusste, dass Boyd sie zwingen wollte, erwachsen zu werden. Doch die Schale wölbte sich über ihnen wie ein Dach, das auch mit Eis überzogen war. Sollte sie all ihre Träume aufgeben und ein Geschöpf ihrer Mutter werden?
    »Hör zu«, sagte sie verzweifelt. »Ich habe eine Idee, wie wir die Brücke nehmen können.«
    Ihre Mutter wirbelte herum und klatschte die Hand auf Allels Wange. Blut schoss Allel in den Mund, und fremdartige Gerüche stiegen ihr in die Nase.
    »Du hast gar nichts begriffen«, sagte Boyd heiser. »Ich würde dich am liebsten hier zurücklassen.« Sie ballte die Fäuste so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten, und zwang sich, weiterzugehen.
    »Das ist kein Witz«, nuschelte Allel. Sie spürte, wie Blut auf der Lippe gefror, und wurde sich bewusst, dass sie die Kappe verloren hatte. Boyd zögerte noch immer.
    »Wie stellst du dir das vor?«
    »Wenn ich Erfolg habe…« Sie hustete und spuckte Blut. Es bildete einen brutalen Kontrast zum Schnee.
    »Wenn ich Erfolg habe, hilfst du mir dann beim Bau einer Hyperdrive-Maschine, um zur Schale zu fliegen?«
    Boyds Augen verengten sich zu Schlitzen. »Ich fasse es nicht. Du willst mit mir handeln…« Dann kramte sie ein Taschentuch aus einer geräumigen Tasche. »Hier. Mach dich sauber.«
    * * *
    Das Dutzend Krieger sammelte sich auf der Brücke. Sie schwangen Äste, die sie von Kuh-Bäumen abgehackt und von denen sie die Fleischknospen entfernt hatten. Für Allel, die von oben zuschaute, waren die primitiven Knüppel Symbole für die deprimierende Symmetrie des Aufstiegs und Niedergangs der Menschheit.
    Die Brücke war eine schimmernde Parabel, auf der der Feind ein Zeltlager errichtet hatte. Aus den Tipis quollen nun Krieger, wilde Gestalten, die brüllend Steine warfen und Knüppel schwangen. Blut spritzte auf die fugenlose Passage. Bald vermochte Allel die beiden Seiten kaum noch auseinander zu halten, doch sie sah, dass die Angreifer wieder einmal zurückgedrängt wurden.
    Der Wind frischte auf, und der große Ballon über ihr nahm knarrend Fahrt auf. Die Rinden-Hülle knackte in den Nähten. Die Baumwollschlinge scheuerte an den Ellbogen, und sie regulierte die Alkohol-Brenner, die wie Trauben direkt über ihrem Kopf hingen. Der Ballon schwankte in der Luft. Bald würde die Last leichter sein, sagte sie sich mit einem undefinierbaren Gefühl.
    Ihr Schatten wanderte übers Kampfgetümmel und streifte die Krieger, Männer und Frauen gleichermaßen, die wie blutverschmierte Termiten durcheinander wuselten. Sie schauten furchtsam oder erleichtert nach oben, je nachdem, auf welcher Seite sie standen. Sie hatte ein paar mit Alkohol gefüllte Lampen am Gürtel befestigt. Nun zündete sie eine der Lampen an, kappte die Befestigungsschnur mit dem Steinmesser, zielte und ließ die Lampe in die Reihen der Verteidiger fallen. Die Lampe explodierte, und ein Mann, der aus dieser Höhe wie eine Spielzeugfigur wirkte, rannte als menschliche Fackel schreiend davon. Eine zweite Lampe folgte, und noch eine. Wutschreie stiegen zu ihr herauf, begleitet von geschwungenen Knüppeln. Doch sie befand sich außerhalb der Reichweite aller Waffen und warf unbehelligt die Lampen ab. Dann durchbrachen die Angreifer die Verteidigungslinien, und der Kampf verlagerte sich auf die Brücke selbst. Tipis wurden zerstört, und alte Menschen schrien. Allel glaubte, den Triumphschrei ihrer Mutter zu hören.
    Nachdem sie alle Lampen abgeworfen hatte, ließ Allel die

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