Xeelee 5: Vakuum-Diagramme
Boden verwandeln, und der Ort, wo Teal geboren war, würde sich wieder in die Schale über Heimat verwandeln, der Welt, auf der seine Urgroßmutter heimisch gewesen war.
Der Atem der Sonne steigerte sich zu einem Brüllen.
Mit einem feuchten Tuch kühlte er die Brenner und versuchte, dicht unterhalb der Zone der Schwerelosigkeit zu schweben. Das Führungsseil knarrte, und der Ballon schwankte in einem heißen Windstoß, der Teal den Reif im Gesicht schmolz. Er drehte sich wieder zur Sonne um.
Sie kam wie eine glühende Faust auf ihn zugeflogen und schob eine Welle heißer Luft vor sich her. Der Ballon wurde wie Spielzeug durchgeschüttelt. Teals Augen trockneten wie Fleisch im Feuer, und er spürte, wie die Gesichtshaut verschrumpelte und rissig wurde.
Das Führungsseil riss mit einem Geruch nach verbranntem Leder. Der Ballon schlug einen und dann noch einen Salto rückwärts. Nähte platzten. Er schrie dem unmöglichen Ding seine Wut entgegen…
Dann fiel der Ballon. Er erhaschte einen letzten Blick auf die Sonne, wie sie über ihm hinwegzog. Splitter aus rötlichem Licht stachen durch die Risse in der lädierten Hülle.
Er stürzte durch die Wolken zurück. Schnee wehte ihm ins versengte Gesicht, während er hektisch die Brenner bediente und versuchte, die heiße Luft zu ersetzen, die aus der Hülle entwich.
Bald erkannte er den Standort des Brückenankers, wo das Gewirr des meilenlangen Seils herumlag. Die brave Orange trottete aufgeregt im Kreis herum, und ein bärtiger Mann stand mit den Händen in den Hüften da und schrie etwas – das musste Damen sein –, und nun rannte Damen dem Punkt entgegen, wo er auftreffen musste: Etwa eine Meile vom Anker entfernt.
Der Boden verschwamm unter ihm. Er schloss die Augen und versuchte den Körper zu entspannen.
Die gefrorene Erde war unglaublich hart. Sie schien ihn anzuspringen und mitsamt dem zerfetzten Ballon wieder in den Himmel zu katapultieren.
* * *
Damen brachte Teal in sein Tipi und legte ihn auf eine Pritsche. Erwal kam angerannt und streichelte Teals Gesicht.
Überwältigt von Schuld versuchte Teal zu sprechen, doch entrang sich ihm nur ein Stöhnen, als gebrochene Knochen in der Brust sich gegeneinander verschoben.
Damens bärtiges Gesicht war eine Maske der Verachtung. »Wieso? Wieso, du verdammter hirnloser Trottel?«
»Ich… ich wollte versuchen, die Sonne zu reparieren«, quoll es aus Teals Kehle.
Mit verzerrtem Gesicht schlug Damen mit der flachen Hand ans Kinn seines Bruders. Teal bäumte sich auf. Erwal zog Damen am Arm von ihm weg.
Damen wandte sich ab, ging mit Erwal zum offenen Eingang des Zelts und unterhielt sich leise mit ihr. Dann nahm er ihr Kinn in die kräftige Hand… und schlüpfte aus dem Tipi. Erwal machte die Klappe hinter ihm zu.
»Erwal… ich…«
»Nicht sprechen«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme. Sie wusch ihm das Gesicht.
Er schloss die Augen.
* * *
Als er wieder erwachte, war es Nacht. Seine Großmutter saß neben ihm. Ihr runzliges Gesicht drückte Zuversicht aus im Licht der blakenden Alkohollampe.
»Wie geht es dir?«
Teal betastete die Rippen und zuckte zusammen. »Ich lebe noch. Wo ist Damen?«
Allel legte ihm eine Hand wie eine Vogelkralle auf die Schulter. »Er ist nicht hier. Keine Sorge.« Sie lachte leise. »Was für ein Gespann. Du, der hoffnungslose Träumer… ich war genauso in deinem Alter. Und Damen erinnert mich an meine Mutter. Ein Dickkopf, Pragmatiker und was nicht alles.«
Der drollige Heimat-Akzent der alten Frau war Balsam für Teal. Er versuchte sich aufzusetzen, und Allel drapierte die weiche Lederdecke um Teals bandagierten Oberkörper. »So schlimm bist du nicht verletzt«, sagte sie. »Nur etwas gestaucht. Deine Frau hat dir eine kräftige Brühe aus Mummy-Kuh-Fleischknospen gekocht. Siehst du? Komm, ich füttere dich.«
»Danke…«
Allel zog ein Steinmesser aus dem Gürtel. Dieses Messer hatte sie besessen, so weit Teal zurückzudenken vermochte; er wusste, dass es eins der Erinnerungsstücke war, die Allel von der letzten Reise zur Heimatwelt mitgebracht hatte. Nun benutzte sie die stumpfe Klinge des Messers, um Teal die Brühe einzuflößen.
»Erwal macht sich Sorgen um dich, musst du wissen.«
Teal nickte zerknirscht.
»Nicht gut für sie in ihrem Zustand.« Allels Stimme war so trocken wie das Rascheln von Laub.
»Ich weiß. Aber ich musste gehen, Großmutter. Ich musste es einfach versuchen…«
»Die Welt zu retten?« Die alte Frau lächelte
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