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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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schlafen.
    In der Morgendämmerung war fast das ganze Dorf auf den Beinen, um seinen Auszug zu beobachten. Teal schaute auf die eingefallenen Gesichter, die spindeldürren Kinder und die schäbigen kleinen Tipis dahinter, die aufgehäuften Flechten und den halb ausgenommenen Kadaver einer Mummy-Kuh. Einst, so sagte er sich, hatten wir ganze Welten erschaffen. Wir hatten sogar diese Kasten-Welt gebaut. Wie tief sind wir gesunken.
    Weder Damen noch Erwal oder Allel ließen sich blicken.
    Teal wandte sich ab und zog sich die Kapuze ins Gesicht, um sich vor der Kälte zu schützen.
    Die Füße taten ihm schon weh, als er am Brückenanker vorbeikam. Man hatte sich nicht dazu aufgerafft, die Welt-Brücke wieder aufzubauen, und das Seil lag verschlungen auf dem gefrorenen Boden.
    Er hatte das Gefühl, durch einen großen, schlecht ausgeleuchteten Raum zu gehen. Totes Heidekraut, das im rötlichen Zwielicht grau wirkte, knirschte unter seinen Füßen. Heimat über ihm glich einem verspiegelten Dach, das genauso düster war wie der Boden unter ihm.
    Wind wehte über die flache Landschaft. Er marschierte, bis er vor Erschöpfung die Beine nicht mehr spürte.
    Als die Abenddämmerung einsetzte, machte er unter einem struppigen Kuh-Baum Rast und sog saure Milch aus den Rinden-Zitzen. Dann bereitete er sich ein Lager aus Laub, presste das Steinmesser an die Brust und beschloss, bis zum Morgen an nichts mehr zu denken.
    Der Wind trug ein Rascheln an seine Ohren. Ein warmer Atem, der nicht einmal schlecht roch…
    Er war sofort wach und verließ hastig das Blätternest. In der finsteren Nacht erkannte er eine große zitternde Gestalt.
    Er umklammerte das Messer mit beiden Händen. »Wer da?«
    Die Stimme war unartikuliert, leise und beruhigend. »Ich bin ess… Orange. Ess tut mir sso leid, dasss ich dich geweckt habe…«
    Teal atmete hörbar auf und senkte das Messer. Er wurde sich bewusst, dass er mit einem weinenden Auge lachte. Wie absurd.
    Orange bewegte sich zum Kuh-Baum, und Teal kuschelte sich in ihr warmes Fell.
    Er schlief den Rest der Nacht durch.
    * * *
    Am Morgen stellte er sich aus den Zitzen, mit denen der Unterleib von Orange bedeckt war, ein Frühstück zusammen. Es gab Milch- und Wasserzitzen und Fleischknospen, die er abzutrennen vermochte, ohne Orange Schmerzen zuzufügen.
    Sie brachen bei Tagesanbruch auf, während Teal noch auf einer warmen Knospe herumkaute. Orange trug sattelförmige Packtaschen, in denen Teal seine spärlichen Besitztümer verstaute.
    Der Morgen war kühl, doch vergleichsweise hell, und Heimat hing als leuchtende Decke über ihnen. Teal spürte, wie seine Stimmung sich etwas aufhellte.
    »Orange… wieso bist du mir gefolgt?«
    »Deine Gro-Großmutter sagte mir, wohin du gehen würdest. Also beschloss ich, dir zu folgen.«
    »Ja, aber wieso?«
    »Um… zu helfen.«
    Er lächelte und kraulte das drahtige Haar hinter ihrem Ohr. »Ich freue mich jedenfalls, dass du hier bist.«
    An diesem Abend benutzte Orange den Greifarm, um Moos zu sammeln. Sie machte daraus eine Packung für seine schmerzenden Füße und leckte den Brei dann ab. »Mein… Speichel hat heilende Wir-Wirkung«, sagte sie.
    Teal schmiegte sich an ihren Pelz. »Ja«, sagte er. »Ich danke dir…«
    Die sich rötende Welt klappte zusammen, und er schlief ein.
    * * *
    Sie kamen zu einer verlassenen Stadt.
    Teal ging unter Bögen hindurch in flache zylindrische Gebäude. Die Wände waren so glatt wie Haut und so dünn wie eine Messerklinge. Sie zeigten keine Spuren von Alterung. Doch im Innern war es dunkel und muffig.
    Trübsinnig gingen sie weiter.
    »Hat Großmutter dir auch gesagt, wonach ich suche?«
    »Ja. Die… Acht Kammern.«
    »Das Problem ist nur, dass ich keine Ahnung habe, wo wir suchen müssen… und ob wir es überhaupt erkennen, wenn wir darauf stoßen. Wir marschieren aufs Geratewohl durch die Pampa.«
    »Nach den Gesch-schichten, die ich gehört habe, wirst du… es wissen, wenn du es ssiehst…«, zischte Orange.
    Teal musterte sie interessiert. Hatte da etwa ein Anflug von Belustigung in dieser unbeholfen artikulierten Stimme mitgeschwungen?
    »Was für Geschichten? Wovon redest du überhaupt?«
    Doch das große runde Gesicht war ausdruckslos.
    * * *
    Am fünfzehnten Tag – vielleicht auch am sechzehnten – gerieten sie in einen Blizzard.
    Er war eine wandernde Wand, die bis zu den Wolken emporragte, und verwandelte Teals Welt in ein undurchdringliches Gestöber aus großen Schneeflocken.
    »Wir müssen…

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