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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Hassan, ich glaube, die Kreaturen dort drin sind Geschöpfe der Mathematik, die in einem Gödel’schen Becken der Logik schwimmen. Sie wachsen und spalten sich voneinander ab wie Amöben, während sie unbestimmte Postulate absorbieren. Weißt du, was ich meine?«
    Chen strapazierte ihre Vorstellungskraft. »Willst du damit sagen, sie seien – lebende – logische Strukturen?«
    Bayliss grinste sie an und entblößte spitze weiße Zähne. »Wir haben es hier mit einer Art natürlicher Auslese zu tun, deren Kriterium die logische Potenz ist – das ist eine höchst faszinierende Vorstellung, wie ein mathematischer Zauberkasten.«
    Chen starrte auf den Licht-Pool. »Hoffentlich ist das kein fauler Zauber. Aber was ist das für ein Gefühl, als empfindungsfähige Struktur mit einem Skelett aus Axiomen und Muskeln aus Logik zu existieren? Wie sie die Welt wohl wahrnehmen?«
    »Die Polizistin wird poetisch«, sagte Hassan trocken. »Vielleicht unterscheidet ihre Wahrnehmung sich gar nicht so sehr von unsrer, Susan. Vielleicht sind wir selbst auch Geschöpfe der Mathematik, denkende Beobachter innerhalb eines übergeordneten platonischen Formalismus, Inseln des Bewusstseins in einem Meer aus Logik…«
    »Marsden hätte es uns vielleicht zu sagen vermocht«, warf Bayliss ein.
    Hassan schaute verwirrt.
    »Das Implantat in seinem Kopf.« Bayliss wandte sich an Chen. »Es war mit dem Logik-Pool verbunden. Stimmt doch, Chen, oder?«
    Chen nickte. »Der verrückte Bastard lud Berichte – äh… Biografien – von diesen logischen Bäumen, die den Logik-Pool ausmachen, direkt ins Corpus Callosum«, sagte sie zu Hassan.
    »Dann ist das also die Quelle der Metamathematik«, sagte Hassan. »Bis er durch Fahrlässigkeit einen Kurzschluss im Gehirn verursacht hat.«
    »Ich glaube, du hast Recht«, sagte Bayliss mit ihrer Piepsstimme.
    »Und womit?«
    »Dass der metamathematische Katalog nur ein Nebenprodukt von Marsdens primärer Forschung war. Der Logik-Pool mit den empfindungsfähigen Bäumen war nur – eine Petrischale für seine eigentlichen Studien. Der Katalog war ein Kuriosum, vielleicht eine Art Statistik, in der er die Grenzen des Wachstums verzeichnet hat.«
    »Was hat es mit dem Zylinder im Mittelpunkt auf sich?«, fragte Hassan.
    »Das ist ein einfaches Quantensystem«, sagte Bayliss. Ein Hauch von Erregung schwang in ihrer Stimme mit. »Ein isolierter Boron-Kern ist in einem Magnetfeld aufgehängt. Der Apparat soll Schwankungen in der Drehachse des Nukleus registrieren – Nutation und Präzession.«
    Chen war um keinen Deut schlauer. »Na und?«
    Bayliss senkte mit einem Ausdruck der Ungeduld den Kopf. »In der konventionellen Quantenmechanik wird die Drehachse nicht vom Magnetfeld beeinflusst.«
    »Konventionell?«
    Die ursprüngliche Theorie der Quantenmechanik beschrieb die Welt als ein Geflecht aus Wahrscheinlichkeits-Wellen, das die Raumzeit erfüllte. Die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zu finden, hing dabei von der ›Höhe‹ der Elektronen-Welle ab.
    Die Wellen vermochten sich wie Wellen in einem Meer zu überlagern, sich zu verstärken oder sich aufzuheben. Aber die Wellen kombinierten sich linear – sie änderten durch die Kombination weder ihre Form noch brachen sie sich. Die einzelnen Wellen durchdrangen sich nur.
    »Das ist die Standard-Theorie«, sagte Bayliss. »Aber was, wenn die Wellen sich nonlinear kombinieren? Was, wenn ein Merkmal sich proportional zum Produkt der Amplituden verhält, und nicht nur zur Summe…«
    »Wären solche Effekte nicht längst entdeckt worden?«, fragte Chen.
    Bayliss blinzelte. »Unsre Experimente haben gezeigt, dass eine solche Nonlinearität verschwindend gering ist… die Wahrscheinlichkeit beträgt etwa 1:10 27 . Was aber nicht heißt, dass sie unmöglich wäre. Jede Kopplung von Marsdens Magnetfeld und dem Kernspin wäre ein nonlinearer Effekt.« Sie rieb sich die Nase. »Marsden hat dieses einfache System gründlich studiert. Er hat das Magnetfeld manipuliert, weil er anhand eventueller Veränderungen das Phänomen der Nonlinearität nachweisen wollte.
    Die geringfügigen nonlinearen Effekte – falls überhaupt welche auftreten – werden im Logik-Pool zu makroskopischen Merkmalen vergrößert, die…«
    »Er benutzt den Nukleus als Schalter für die Steuerung des Pools.«
    »Ja. Wie ich schon sagte. Der Kernspin gibt den Nanobots die Richtung vor, in der sie den Pool in der Struktur des Monds erweitern.

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