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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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dachte über die Infektion des Merkuriers nach. »Aber vielleicht hatte der fadenförmige Parasit etwas damit zu tun. Ich meine, manche Parasiten verursachen bei ihren Wirten eine Änderung des Verhaltens.«
    Scholes kommunizierte mit einem Rechner; Text und Abbildungen wurden vom Bildschirm reflektiert und zuckten über sein Gesicht. »Das ist richtig. Es gibt Parasiten, die von einem Wirt zum anderen wandern – indem sie den Vorgänger zwingen, sich von einem Nachfolger fressen zu lassen.«
    Dixon verzog sein breites Gesicht. »Teufel. Wie ekelhaft.«
    »Das Lanzettfischchen«, sagte Scholes nachdenklich, »ist der Parasit einer Ameisenspezies. Mit Hilfe seiner Flosse kann der Parasit einen Grashalm erklettern und sich dann mit seinen Mandibeln darin verbeißen – und warten, bis er von einem grasenden Schaf verschluckt wird. Dann kann das Lanzettfischchen sich in dem Schaf einnisten.«
    »Okay«, sagte Dixon. »Aber weshalb sollte ein Parasit seinen merkurischen Wirt dazu veranlassen, sich in die Eisdecke eines gefrorenen Ozeans zu bohren? Wenn der Wirt stirbt, geht der Parasit doch auch zugrunde. Es ergibt einfach keinen Sinn.«
    »Vieles daran ergibt keinen Sinn«, erwiderte Larionova. »Wir brauchen uns zum Beispiel nur die Frage zu stellen, wie Leben in den Kavernen überhaupt existieren kann. Es gibt kein Licht dort unten. Wie überleben die Merkurier unter einer über drei Kilometer dicken Eisschicht?«
    Scholes schlug die Beine übereinander und kratzte sich am Knöchel. »Ich habe die Speicherinhalte der Computer gesichtet.« Er verzog das Gesicht, als ob er mit sich selbst unzufrieden wäre. »Ein Schnellkurs in exotischer Biologie. Wollen Sie meine Theorie hören?«
    »Nur zu.«
    »Die thermischen Schächte – die überhaupt erst zur Entstehung der Kavernen führen. Diese Schächte sind der Schlüssel. Ich glaube, dass der Boden der Eiskappe von Chao mit dem Mittelatlantischen Rücken auf der Erde vergleichbar ist.
    Die über anderthalb Kilometer unter uns liegende Tiefsee ist eine Wüste; wenn ein Nahrungsteilchen von den nährstoffreicheren oberen Wasserschichten abwärts gedriftet ist, hat es bereits so viele Mägen passiert, dass sein Energiegehalt erschöpft ist.
    Aber entlang des Rückens, wo tektonische Platten miteinander kollidieren, haben wir hydrothermale Schächte – wie am Boden von Chao. Und die von den atlantischen Schächten abgestrahlte Wärme ermöglicht Leben: in kleinen Kolonien, die entlang des Mittelatlantischen Rückens angesiedelt sind. Die Schächte sind hocherhitzte Quellen, die Mineralien aus dem Erdinneren fördern, welche als Nahrungsgrundlage dienen: zum Beispiel Kupfer-, Zink-, Blei- und Eisensulfide. Und weil extreme Temperaturgegensätze existieren, liegen auch hohe Energiegradienten vor – eine weitere Voraussetzung für Leben.«
    »Hmm.« Larionova schloss die Augen und versuchte sich das vorzustellen. Warmwasser-Taschen, tief im Eis des Merkur; hydrothermale Mineralquellen, die von üppigen Biotopen gesäumt werden, in denen Dixons merkurische Wesen grasen… Konnte das überhaupt möglich sein?
    »Welche Lebensdauer haben diese Quellen?«, fragte Dixon.
    »Auf der Erde, im Mittelatlantischen Rücken, einige Jahrzehnte. Über die hiesigen Bedingungen können wir nichts sagen.«
    »Was geschieht, wenn eine Quelle versiegt?«, fragte Larionova. »Das wäre dann das Ende Ihrer Taschen-Welt, stimmt’s? Die Eiskammer würde schlicht zufrieren.«
    »Vielleicht«, sagte Scholes. »Aber die Schächte sind entlang der Steilhänge in Reihen gestaffelt. Vielleicht gibt es im Eis wassergefüllte Korridore, durch die die Merkurier wandern können.«
    Larionova ließ das eine Weile auf sich wirken.
    »Das glaube ich nicht«, sagte sie dann.
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß nämlich nicht, wie sich Leben hier überhaupt entwickelt haben sollte.« In den Urmeeren der Erde hatten schließlich komplexe chemische und elektrische Stürme getobt, und…
    »Oh, ich glaube nicht, dass das ein Problem darstellt«, konterte Scholes.
    Sie sah ihn durchdringend an. Es war irre, er grinste schon wieder.
    »Nun?«, sagte sie ruppig.
    »Schauen Sie«, meinte Scholes mit ätzender Geduld, »wir haben zwei Anomalien auf Merkur: die Lebensformen hier am Südpol und das Artefakt von Dolores Wu unter Caloris. Die einfachste Annahme geht dahin, dass zwischen diesen beiden Anomalien eine Verbindung besteht. Fügen wir das Puzzle also zusammen«, regte er an. »Erstellen wir eine Hypothese…«

    Die

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