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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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und er sagt zu denen zu seiner Rechten: ›Ich war ein Fremder, und ihr habt mich aufgenommen. Tretet in die Freude des Herrn.‹ Dann sagt er zu denen zu seiner Linken: ›Ich war hungrig, und ihr gabt mir nichts. Ich war ein Fremder, und ihr habt mich schlecht behandelt.‹ Und sie alle sagen zu ihm: ›Herr, wann haben wir dir das angetan?‹ Und er antwortet: ›Wenn ihr dies dem geringsten meiner Brüder angetan habt, habt ihr es auch mir angetan.‹ Ihr Brüder, die ihr euch hier versammelt habt – ich bin der geringste eurer Brüder. Ihr werdet vor Christus verantworten, was ihr mir hier antut.«
    »Törichter Mensch«, sagte Kriegmacher. »Wir tun dir nichts an, halten dich nur fest. Mit dir geschieht, was Gott will. Hat Jesus nicht gesagt: ›Ich tue nichts, was mein Vater nicht auch tut?‹ Hat Jesus nicht gesagt: ›Ich bin der Weg. Kommt und folgt mir?‹ Nun, wir lassen dich tun, was auch Jesus getan hat. Er ging ohne Brot vierzig Tage lang in die Wildnis. Wir geben dir die Chance, ein Viertel so heilig zu sein. Wenn Gott will, daß wir an deine Lehre glauben, wird er Engel schicken, die dich füttern. Er wird Steine in Brot verwandeln.«
    »Ihr macht einen Fehler«, sagte Quim.
    »Du hast den Fehler gemacht, indem du hierher gekommen bist.«
    »Das meine ich nicht. Ihr macht einen Fehler, da ihr die Lehre falsch auffaßt. Ihr habt die Worte richtig verstanden – in der Wildnis fasten, Steine zu Brot und so weiter. Aber ist es nicht bezeichnend, daß ihr Satans Rolle übernehmt?«
    Nach diesen Worten bekam Kriegmacher einen Wutanfall. Er sprach so schnell, daß die Bewegungen im Holz an Quim zu zerren und drücken begannen, bis er befürchtete, er würde im Baum zerrissen werden.
    »Du bist der Satan! Wir sollen deine Lügen lange genug glauben, daß ihr Menschen eine Möglichkeit findet, die Descolada zu töten und allen Brüdern das dritte Leben vorzuenthalten! Glaubst du, wir durchschauen euch nicht? Wir kennen all eure Pläne! Ihr habt keine Geheimnisse! Und Gott hat auch vor uns keine Geheimnisse! Wir sind diejenigen, denen er das dritte Leben gab, nicht ihr! Wenn Gott euch liebte, würde er euch nicht eure Toten in der Erde vergraben lassen, so daß nur Würmer aus euch entstehen können!«
    Von dem Streit in den Bann geschlagen, setzten die Brüder sich um die Stammöffnung.
    Es ging sechs Tage so weiter, Glaubensdiskussionen, die eines jeden Kirchenvaters eines jeden Zeitalters würdig gewesen wären. Seit dem Konzil auf Nicäa waren so gewaltige Themen nicht mehr erörtert und abgewogen wurden.
    Die Argumente wurden von Bruder zu Bruder weitergegeben, von Baum zu Baum, von Wald zu Wald. Berichte der Dialoge zwischen Kriegmacher und Vater Estevão erreichten Wühler und Mensch innerhalb eines Tages. Doch die Informationen waren nicht vollständig. Erst am vierten Tag begriffen sie, daß Quim gefangengehalten wurde und auch keine Nahrung mit dem Descolada-Hemmer bekam. Daraufhin wurde sofort eine Expedition ausgeschickt, die aus Ender und Ouanda, Jakt und Lars und Varsambestand. Bürgermeister Kovano schickte Ender und Ouanda, weil die Schweinchen sie am besten kannten und auch respektierten, und Jakt und dessen Sohn und Schwiegersohn, weil sie nicht auf Lusitania geboren waren. Kovano wagte es nicht, einheimische Kolonisten zu schicken – es ließ sich nicht absehen, was geschehen würde, sollte dieser Vorfall bekannt werden. Die fünf nahmen den schnellsten Wagen und folgten den Richtungshinweisen, die Wühler ihnen gab. Es war eine Dreitagesreise.
    Am sechsten Tag endete der Dialog, weil die Descolada Quims Körper so gründlich durchdrungen hatte, daß er keine Kraft zum Sprechen mehr hatte, und wenn er doch noch etwas sagte, ließen das Fieber und Delirium seine Worte unverständlich werden.
    Am siebenten Tag schaute er durch die Öffnung nach oben, über die Köpfe der Brüder hinweg, die noch dort warteten. »Ich sehe den Erlöser, wie er auf der rechten Hand Gottes sitzt«, flüsterte er. Dann lächelte er.
    Eine Stunde später war er tot. Kriegmacher spürte es und verkündete es triumphierend seinen Brüdern. »Der Heilige Geist hat sein Urteil gefällt, und Vater Estevão wurde zurückgewiesen.«
    Einige Brüder frohlockten. Aber nicht so viele, wie Kriegmacher erwartet hatte.
     
    Bei Anbruch der Dämmerung traf Enders Trupp ein. Es stand nicht zur Debatte, sie gefangenzunehmen und der Prüfung zu unterziehen – sie waren zu viele, und die Brüder waren sich sowieso nicht alle

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