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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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der Nacht wußte jeder Vaterbaum in jedem Wald alles, was Mensch wußte: von den Plänen der Menschen und seiner Einschätzung, wie weit man ihnen vertrauen konnte. Die meisten pflichteten ihm bei – wir werden die Menschen für den Augenblick gewähren lassen. Doch wir werden sie sorgsam beobachten und uns auf eine Zeit vorbereiten, die vielleicht kommen wird, obwohl wir es nicht hoffen wollen, wenn die Menschen und Pequeninos gegeneinander in den Krieg ziehen. Wir können nicht kämpfen und auf den Sieg hoffen – doch vielleicht können wir, bevor sie uns abschlachten, einen Weg finden, daß einigen von uns die Flucht gelingt.
    Und so hatten sie noch vor Anbruch der Morgendämmerung Pläne und Vorkehrungen mit der Schwarmkönigin geschmiedet, der einzigen nichtmenschlichen Wesenheit auf Lusitania, der eine Hochtechnologie zur Verfügung stand. Beim nächsten Sonnenuntergang würde die Konstruktion eines Sternenschiffes, mit dem sie Lusitania verlassen konnten, bereits begonnen haben.
     

Kapitel 7
Die geheime Magd
    ›Stimmt es, daß du in alten Zeiten, als du deine Sternenschiffe ausschicktest, um viele Welten zu besiedeln, immer miteinander sprechen konntest, als stündest du in demselben Wald?‹
    ›Wir nehmen an, daß es für euch genauso sein wird. Wenn die neuen Vaterbäume gewachsen sind, werden sie bei euch sein. Bei philotischen Verbindungen spielen Entfernungen keine Rolle.‹
    ›Aber werden wir verbunden sein? Wir werden keine Bäume auf die Reise schicken. Nur Brüder, ein paar Frauen und einhundert kleine Mütter, die neue Generationen gebären werden. Die Reise wird mindestens Jahrzehnte dauern. Nach der Ankunft werden die besten Brüder ins dritte Leben weitergeschickt werden, doch es wird wenigstens ein Jahr dauern, bevor die ersten Vaterbäume alt genug sind, um Kleine zu zeugen. Wie wird der erste Vater auf dieser neuen Welt wissen, wie er mit uns sprechen soll? Wie können wir ihn begrüßen, wenn wir nicht wissen, wo er ist?‹
     
    Schweiß rann Qing-jaos Gesicht herab. Die Tropfen flossen zur Nasenspitze hinab. Von dort tropfte der Schweiß in das schlammige Wasser des Reisfeldes oder auf die neuen Reispflanzen, die sich nur knapp über die Wasserfläche erhoben.
    »Warum wischt Ihr nicht Euer Gesicht ab, Heilige?« Qing-jao blickte auf, um zu sehen, wer ihr nahe genug war, um mit ihr zu sprechen. Normalerweise hielten sich die anderen bei ihrer Schicht nicht in ihrer Nähe auf – es machte sie zu nervös, mit einer Gottberührten zusammen zu sein.
    Es war ein Mädchen, jünger als Qing-jao, vielleicht vierzehn Jahre alt, mit knabenhaftem Körper und sehr kurz geschnittenem Haar. Es betrachtete Qing-jao mit freimütiger Neugier. Es war eine Offenheit an ihr, ein völliger Mangel an Scheuheit, den Qing-jao seltsam und etwas unangenehm fand. Ihr erster Gedanke war, das Mädchen zu ignorieren.
    Doch es wäre arrogant, es zu ignorieren. Genausogut könnte sie sagen: Weil die Götter zu mir sprechen, muß ich nicht antworten, wenn man mich etwas fragt. Niemand würde auch nur vermuten, daß sie einzig und allein nicht antwortete, weil die unmögliche Aufgabe, die der große Han Fei-tzu ihr gestellt hatte, sie so sehr beschäftigte, daß es fast schmerzhaft war, an etwas anderes zu denken.
    Sie antwortete – aber mit einer Frage. »Warum sollte ich mir das Gesicht abwischen?«
    »Kitzelt es nicht? Der herabtropfende Schweiß? Dringt er nicht in Eure Augen und beißt?«
    Qing-jao senkte das Gesicht, um einen Augenblick lang weiterzuarbeiten. Es kitzelte wirklich, und der Schweiß brannte in ihren Augen. In der Tat war es ziemlich unangenehm und ärgerlich. Vorsichtig richtete sich Qing-jao auf – und nun bemerkte sie den Schmerz in ihrem Rücken. »Ja«, sagte sie zu dem Mädchen. »Es kitzelt und brennt.«
    »Dann wischt ihn ab«, sagte das Mädchen. »Mit Eurem Ärmel.«
    Qing-jao betrachtete ihren Ärmel. Er war bereits naß von dem Schweiß ihrer Arme. »Hilft es, wenn ich das Gesicht abwische?« fragte sie.
    Nun war es an dem Mädchen, etwas herauszufinden, woran es nicht gedacht hatte. Einen Augenblick lang schaute es nachdenklich drein; dann wischte es ihre Stirn mit dem Ärmel ab.
    Es grinste. »Nein, Heilige. Es hilft nicht.«
    Qing-jao nickte ernst und bückte sich wieder zu ihrer Arbeit hinab. Doch nun störte sie das Kitzeln des Schweißes, das Brennen in den Augen, der Schmerz im Rücken. Ihr Unbehagen lenkte sie von ihren Gedanken ab. Das Mädchen hatte ihr Elend vergrößert,

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