Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten
vorausgesetzt, Superteleskope sind konstruierbar, die es gestatten, ein schwächliches Sonnensystem wie das unsere über Hunderttausende von Lichtjahren zu beobachten. Solche Teleskope müssten aus Informationsdichteüberlegungen gigantische Größe haben! Man bewegt sich hier also zwar nicht im Bereich des prinzipiell Unmöglichen, aber man ist so weit von vorhersehbaren oder auch nur spekulierbaren Entwicklungen entfernt, dass im Bild der Wissenschaft als Aprilscherz 1988 die Verwendung von Gravitationslinsen für solche kosmischen Teleskope vorgeschlagen wurde …
Ein anderes Prinzip einer unechten Reise in die Vergangenheit sei anhand eines Beispiels aus der Archäologie erklärt: Durch die von Sonnenstrahlen ausgelöste Bleichung kann man manchmal bei gestürzten, oft Tausende Jahre alten Säulen feststellen, in welcher Position sie einmal standen. Die Säule hat also, wie ein schlechtes Foto, wie ein schlechter Film, ein bisschen Vergangenheit gespeichert. Vielleicht erlauben es zukünftige, hochcomputergestützte Verfahren immer mehr Vergangenheitsinformation aus alten Wänden, Säulen, Steinen, »die schon viel gesehen haben«, abzuleiten. H. G. Wells erklärt in seinem Buch »Der unsichtbare Mann« das Prinzip, wie man einen Menschen unsichtbar machen kann, anhand einer Analogie: Ein Blatt Papier ist undurchsichtig. Je schlechteres Öl man auf das Papier gibt, umso durchsichtiger und folglich unsichtbarer wird es. Genauso kann man auch bei anderen Gegenständen oder bei einem Menschen vorgehen. Ähnlich kühn ist die Idee, aus einem Stück Säule rekonstruieren zu wollen, was vor der Säule alles abgelaufen ist, obwohl gewisse Ereignisse vor der Säule durchaus Tausende der oberen Molekülschichten verändert haben werden und gewisse Aussagen daraus rückrechenbar sein müssten: Das Unsicherheitsprinzip der Physik definiert aber gewisse, nicht überschreitbare Grenzen.
Insgesamt erscheinen unechte Zeitreisen in die Zukunft realistischer als in die Vergangenheit; Aussagen über Detailereignisse in der Vergangenheit werden mehr über moderne archäologische Methoden als über die beschriebenen Varianten erzielt werden. Dass aber Beobachtungen von Entwicklungen in der Vergangenheit im Großen (etwa der Entstehung der Milchstraße oder eines Sonnensystems) auch erfolgen werden, ist nicht nur denkbar, sondern wird ja bei der Beobachtung weit entfernter astronomischer Phänomene schon immer gemacht.
Anmerkung von Peter Lechner:
Hermann, ich fahre nicht in die Zukunft mit. Drum bitte schreib mir ein Email aus dem Jahr 2999 – aber gib Acht aufs Y-3-K Problem!
12.2 Gras auf dem Mond
Reaktionen auf die erste Veröffentlichung des Beitrags 1.5: »Wie weit kann man automatisieren?« waren zum Teil erstaunt, zum Teil sehr ablehnend, wobei ein Argument des Öfteren wiederkehrte: »Was bleibt für die Menschen noch zu tun, wenn alles automatisiert ist? Gibt es denn dann überhaupt noch Aufgaben, für die es sich lohnt, dass man lebt?«
Meine Antwort darauf ist natürlich: Ja! Riesige und interessante Vorhaben liegen vor uns; Vorhaben, die so gewaltig sind, dass man an sie überhaupt erst denken kann, wenn wir in der Lage sind, vollautomatische und sehr komplexe Systeme zu entwickeln.
Eine solche Aufgabe ist die systematische Besiedlung des Mondes. Zwar wird schon innerhalb der nächsten 20–30 Jahre die erste permanente Mondstation errichtet werden. Nach zum Beispiel detaillierten Plänen, Ablaufdiagrammen und Zeitvorstellungen der NASA wird damit zwischen 2015 und 2020 begonnen. Diese erste Mondstation – teils unter der Mondoberfläche, teils mit Kuppeln über der Mondoberfläche – wird ein relativ normales Leben in etwa irdischer Atmosphäre gestatten, wobei beim Verlassen der Station natürlich Raumanzüge oder ähnliche Hilfsgeräte notwendig sein werden. Der Aufwand für den Bau dieser ersten Mondstation wird noch gewaltig sein: Das meiste Baumaterial wird von der Erde zum Mond gebracht werden, obwohl der Einsatz erster Fabriken für die Herstellung von zum Beispiel Metallblechen und Glasteilen aus lunaren Rohstoffen schon beim Bau der Mondstation geplant ist. Aber wenn nicht doch noch Wasser auf dem Mond gefunden wird, dann muss zum Beispiel alles notwendige Wasser von der Erde zum Mond transportiert werden. Freilich gibt es nach wie vor Theorien, dass Eisreste aus der Vergangenheit in tiefen Kratern unter Geröll verschüttet gefunden werden könnten. Solche Vorkommen würden dann über
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