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Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Titel: Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Maurer
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das Ideal der erwähnten AFACS (der vollautomatisierten Fabriken) herankommen könnten, werden zur selben Zeit verfügbar werden, sofern den Schlüsseltechnologien Informatik/Robotik/Prozesssteuerung weiterhin eine hohe Priorität eingeräumt bleibt. Dann aber steht einer geradezu explosiven Entwicklung der Kolonisation des Sonnensystems nichts mehr im Wege.
    Die bemannte Raumfahrt wird an den Grenzen des Sonnensystems nicht Halt machen. Selbst wenn man nicht relativistische Geschwindigkeiten in absehbarer Zukunft wird erreichen können (was zu befürchten ist) und selbst wenn es nicht gelingt, den Metabolismus von Menschen so zu verlangsamen (»Menschen einzufrieren«), dass sie Dutzende oder Hunderte Jahre ohne zu altern überstehen können (siehe Beitrag 12.1: »Zeitreisen«), wird dennoch die Kolonisation der »näheren« Sonnensysteme (im Umkreis von 100 Lichtjahren gibt es zirka 10 000 solche!) durchgeführt werden.
    Zum Einsatz kämen dabei dann »Generationenraumer« – Raumschiffe, die einer völlig autarken Miniwelt ähnlich sind, in der zum Beispiel 50.000 Menschen gleichzeitig auf die Reise gehen, dabei weitgehend »normal« leben und sterben, bis eines Tages (nach 20 oder 200 Jahren Flug) ein bewohnbarer Planet in einem anderen Sonnensystem gefunden wird.
    Solche Generationenraumer sind »im Prinzip« schon heute konstruierbar. Realistisch wird ihr Bau dann erst in zum Beispiel Mond- oder Marsumlaufbahnen, wo beliebig viele solcher Generationenraumer von AFACS gebaut werden. Auswanderer besiedeln diese Raumer und begeben sich auf ihre große Reise. Einigen wird das Leben auf den Generationenraumern so gefallen, dass sie diese nie mehr verlassen werden: die Zigeuner des 22. oder 23. Jahrhunderts?
    Ohne ins Detail zu gehen, wofür ein eigener Beitrag notwendig wäre, stelle man sich einen solchen Generationenraumer vor als zum Beispiel einen Würfel mit einem Kilometer Seitenlänge. Indem man »Plattformen« in 20 Meter Abstand einzieht, erhält man 50 Ebenen, jede mit einem Quadratkilometer Fläche. Zehn davon enthalten je zirka 1.000 Häuschen mit durchschnittlich je 1.000 m² Grund mit Wiesen, Bäumen usw. Pro Häuschen leben im Durchschnitt fünf Menschen. Die anderen 40 Ebenen dienen für (vollautomatische) Landwirtschaft, Fabriken, Rückgewinnungsanlagen, Freizeitanlagen inklusive künstlicher Seen, Höhlen, Wälder. Den zirka 50.000 Menschen auf so einem Generationenraumer stehen alle Bücher, Bilder, Filme, Musikstücke, die je entstanden sind, zur Verfügung und auch sonst fehlt ihnen für ein schönes und erfülltes und recht »normales« Leben wenig. Die Generationenraumer werden langsam aus dem Sonnensystem bugsiert und dann allmählich (zum Beispiel durch die E.-Teller-Methode) auf halbe Lichtgeschwindigkeit beschleunigt.
    Freilich, eine Wiederkehr zur Erde gibt es für die Passagiere eines solchen Generationenraumers kaum, da selbst die Rundreise zum nächsten Sonnensystem (Proxima Centauri) bei halber Lichtgeschwindigkeit etwa 20 Jahre dauern würde. Aber auch die Hunderttausenden Auswanderer, die zum Beispiel Irland während der Kartoffelkrise nach Amerika verließen, haben ihre Heimat nicht wieder gesehen! Nur damals waren die Bedingungen für Auswanderer sehr viel härter und unerfreulicher, als die Auswanderer auf Generationenraumern es je haben werden.
    Nochmals muss betont werden: Natürlich ist Obiges Zukunftsmusik, aber es ist keine unbegründete Fantasterei, sondern ein realistisches Szenario. Ein Szenario, das nur dann unglaublich klingt, wenn man kleinkariert immer nur einige Jahre nach vorne und nach hinten blickt und damit echte Visionen aus dem Auge verliert …
    Bis zu einem gewissen Grad befinden sich die Menschen heute in einer ähnlichen Situation wie die Europäer zirka 1520 – und denken und benehmen sich ganz ähnlich. Damals war Amerika entdeckt, die Möglichkeit der Atlantiküberquerung war mehrmals demonstriert worden. Weit blickende Politiker hatten damals zwar die Vision von permanenten Außenposten in Amerika für Handelszwecke, aber an eine systematische Kolonisierung dachte niemand. An die Möglichkeit, dass einmal Hunderttausende Europäer nach Amerika auswandern würden (freiwillig oder um sich vor Hunger oder Verfolgung zu retten), dachte nicht nur niemand, sondern hätte dies jemand prophezeit, er wäre für verrückt erklärt worden. Argumente der Art: »Wie sollen die Auswanderer ohne Hilfe in Amerika leben?«, »Wer würde denn freiwillig auswandern?«

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