Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten
Berufes führt (zum Beispiel der Lehrberuf) und damit auch leicht zu Einkommensverschlechterungen.
Frau sieht also, dass Männer sich gegen eine Umkehrung der Verhältnisse vehement wehren, und zwar mit sozialen Argumenten und ohne das Qualifikationsargument zuzulassen.
Kommentar des Autors zu den
Argumenten von Schinzel:
Für mich gibt es nur ein einziges Argument für die aktive Förderung von Frauen oder anderen Minoritäten im Vergleich zu anderen Menschen: Frauen (und manche Minoritäten) wurden in der Vergangenheit benachteiligt und um diese historische Fehlentwicklung zu korrigieren, ist ein gewisses »Gegensteuern« wohl vertretbar. »Quotenregelungen« lehne ich ab. Es gibt nicht umsonst den Witz, dass man in den USA jeden Job bekommt, wenn man weiblich, schwarz, jüdisch und körperlich behindert ist, vor allem, wenn man aus Mexiko legal eingewandert ist.
9.4 Mut und Feigheit
Nach einem Heurigenbesuch in Grinzing sitze ich mit einem Freund in einer fast leeren Straßenbahn. Außer uns noch eine junge Frau am anderen Ende des Wagens, vier oder fünf andere Personen irgendwo dazwischen. Mein Freund und ich sind in »philosophische« Gespräche vertieft. Bei einer Haltestelle steigt ein Betrunkener ein, beginnt die junge Frau immer mehr zu belästigen. Alle in der Straßenbahn ignorieren den Vorgang: »Nur nicht in irgendwas hineingezogen werden!« , denken wohl alle.
Mein Freund unterbricht plötzlich das Gespräch. »Entschuldige«, sagt er, »ich muss etwas in Ordnung bringen.« Er steht auf, geht zu dem Betrunkenen die ganze Wagenlänge hinüber, packt ihn am Hemdkragen: »Lassen Sie sofort diese Frau in Ruhe oder Sie kriegen es mit mir zu tun.« Er stößt den Mann mit Kraft weg von der Frau in eine Ecke, bleibt einen Moment stehen, um zu schauen, ob noch weitere Maßnahmen notwendig sind (nein). Er kommt zu mir zurück, setzt sich, redet weiter, als wäre nichts geschehen.
Ich frage später: »Was hättest du gemacht, wenn der dich angegriffen, ein Messer gezückt hätte, oder was Ähnliches?« »Ich hätte mich und die Frau verteidigt.« »Und wenn er dich schwer verletzt oder gar getötet hätte?« »Unwahrscheinlich. Und wenn was passiert wäre, dann wäre es halt Pech gewesen. Aber schlimmstenfalls glaube ich, dass es besser ist, für ein gutes Prinzip zu sterben als irgendwann an Krebs, bei einem sinnlosen Absturz mit einem Paragleiter oder einfach an Altersschwäche. Viel zu viel Böses geschieht heute nur, weil die meisten Menschen zu feige sind, weil sie um ihr Leben viel zu viel Angst haben. Als wäre das Leben nicht etwas, das man garantiert sowieso einmal verliert.«
Wann habe ich das letzte Mal von »Prinzipien« und »dafür einstehen« gelesen? Bei Schiller? In Indianergeschichten? Im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen das Dritte Reich? Irgendwie hat das »Für-Prinzipien-Eintreten, koste es, was es wolle« im 20. Jahrhundert auch einen bösen Beigeschmack bekommen: Zu oft ist das Hochhalten von Prinzipien oder gar nur der Symbole für Prinzipien missbraucht worden, um stures oder unmenschliches Verhalten zu entschuldigen.
Und doch: Unterm Strich sind wir heute zu feige, zu wenig bereit, auch wenn es unangenehm wird, nicht nachzugeben. Viel zu schnell schauen wir weg, fühlen uns nicht mehr verantwortlich. Spontaner Mut und zähe Zivilcourage sind positive Eigenschaften, die wir wieder systematisch lernen und lehren müssen. Die Mutproben junger Indianer, das immer wieder als lächerlich abgetane Mensurenschlagen einzelner Studentenverbindungen sind vielleicht Beispiele für eine wichtige Erkenntnis: Ein Pilot reagiert in Gefahr nur dann richtig, wenn er oftmals im Kopf diese Gefahr durchdacht hat oder Simulationen davon erlebt hat. Analog reagiert jeder von uns in kritischen Situationen nur dann, so wie er sollte, wenn er sich energisch und oft genug mit solchen Situationen auseinander gesetzt hat.
Als Bub wurde ich mit einer Gruppe von Kindern, als wir mit einem Verwandten unterwegs waren, von einem Stier angegriffen. Der Erwachsene war schneller als wir Kinder, »rettete« sich über einen Zaun. Uns »erwischte« der Stier. Nun, es geschah nicht viel. Dem Verwandten war dieser Vorfall ein halbes Leben lang peinlich. Ich lernte etwas davon: So würde ich mich nie verhalten wollen. Jahre später, in Kanada, mit Frau und Kindern unterwegs, erlebte ich bei der Begegnung mit Bären und einmal mit einem Cougar (Berglöwen) fast die Notwendigkeit einer Probe aufs Exempel.
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