Xperten - Der Paradoppelgänger
unserem Haus auf Great Barrier besuchen, versprichst du das? Das nächste Mal, wenn du eine Einladung ablehnst, bin ich wirklich sauer.«
Aroha erwidert lächelnd: »Ich werde kommen, wenn es irgendwie geht.« Sie umarmen sich kurz, Aroha blickt Marcus lange nach, während sie ihre uralte Schnitzerei, den »Mindcaller«, wie sie ihn nennt und den sie fast immer trägt, berührt. Marcus ist ein guter Freund, ein netter Kerl, aber da ist noch etwas an ihm und irgendwie hängt das mit ihrem Mindcaller zusammen. Aber wie?
Die Bronce Goat ist voll wie immer. Mit Mühe finden Paul und Marcus einen einigermaßen ruhigen Platz. Der Fischeintopf und ein leichter Weißwein sind hervorragend.
»Schieß los«, fordert Marcus Paul auf. Der überlegt kurz:
»Also, ich war um zirka 15 Uhr in der Bar auf der anderen Straßenseite, von wo aus man das kleine Reisebüro gut beobachten kann. Ich hatte ein Skriptum mit, wie ein Student, um einen guten Grund zu haben, dort länger zu sitzen. Nach einem größeren Trinkgeld wurde ich gut bedient bzw. in Ruhe gelassen. Zuerst war gar nichts los. Dann ging eine wirklich bildhübsche Chinesin in das Reisebüro. Als sie nach 30 Minuten noch immer nicht herausgekommen war, musste ich nachsehen. Die Eingangstür war offen, kein Wunder bei der Hitze, aber der kleine Verkaufsraum war leer. Dahinter ist eine Tür zu einem anderen Zimmer ... ich schaute vorsichtig hinein. Es ist nur ein kleines, fensterloses Zimmer mit einer Badenische und einem großen Bett. Und da liegen Barry und die Chinesin, splitternackt - ach nein, sie hatte noch die Stöckelschuhe an - und na ja, sie treiben es, und zwar ziemlich toll. Sehr gelenkig, beide. Gute Körper. Frauen hab ich ja schon rasiert gesehen, aber Männer noch keine.«
Marcus unterbricht: »Paul, klingt ja ganz interessant, aber ich glaube, diese Details sind doch nicht so wichtig, dass du mich angerufen hast?«
Paul lacht: »Nein, kommt schon noch. Aber lass mich doch. Was blieb mir anderes übrig, als ein wenig zuzuschauen? Die beiden waren unersättlich. Schließlich bin ich dann halt doch wieder zurück in die Bar. Die Chinesin kam erst einiges später heraus. Die Kellnerin fand mich jetzt auf einmal sehr viel interessanter, sie hielt mich wohl für einen Detektiv, und erzählte mir, dass da drüben oft die verschiedensten Frauen auf eine Stunde verschwinden und manchmal recht zerzaust herauskommen. Du wirst es nicht glauben: Sie wurde recht heiß beim Erzählen und ich war‘s noch vom Zuschauen, so gab ein Wort das andere. Ich treffe mich jedenfalls mit der Kellnerin, wenn sie um 22 Uhr fertig ist«, schmunzelt Paul und hebt die Hand, um Marcus zu hindern, dass er ihn wieder unterbricht. »Also, kurz gesagt, das Erste, was ich über Barry herausfand: Er ist offensichtlich ein ziemlicher Weiberheld. Aber jetzt kommt das Unglaubliche. Barry schloss um 18 Uhr von innen, verstehst du, von INNEN, das Geschäft. Er kam aber nicht heraus; es wurde dämmrig, drinnen wurde jedoch kein Licht angedreht. Außerdem muss doch auch Barry irgendwann essen! Also ging ich so gegen 19.30 Uhr hinüber, läutete an, klopfte - keine Reaktion. Komisch, dachte ich. Die Tür war ganz leicht aufzukriegen, es gibt ja außer den Dingen, die vielleicht im Safe eingesperrt sind, wirklich nichts, was man stehlen will ... außer man fährt total auf Reiseprospekte ab.«
»Du bist eingebrochen?«, staunt Marcus. »Na, sagen wir, ich bin durch die Tür hineingegangen, weil ich mir Sorgen um Barry machte ... Vielleicht hatte er sich zu sehr verausgabt, vorher, du weißt ja. Aber das war es nicht - er war einfach nicht mehr da! Und das ist es, warum ich dich angerufen habe. Da stand ich in Barrys leerem Büro und du fragst mich, ob ich noch in der Nähe des Büros bin. War schon zum Kichern! Aber überleg einmal: Das gibt es doch einfach nicht. Er hat von innen zugesperrt und es gibt nur einen Weg aus dieser Bude, durch die Tür, und dort ist er garantiert nicht herausgekommen. Er hat sich in Luft aufgelöst. Oder hast du eine vernünftige Erklärung dafür?«
Marcus schaut auf die Uhr. »Ich habe keine vernünftige Erklärung. Ich werde nachdenken. Danke dir. Ich werde dich wieder brauchen, okay. Aber jetzt geh, damit du deine Kellnerin nicht versäumst ... und viel Spaß ... Rede aber nicht über das, was du erlebt hast!« »Geht alles klar. Du glaubst mir wohl die Geschichte nicht ganz?«, fragt Paul enttäuscht beim Abschied. Marcus zuckt die Schultern: »Würdest du sie
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