Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung
Chef der Kooperative wusste, dass der Premierminister den Ehrgeiz hatte, sich von seinen Vorgängern entscheidend abzuheben, und das Wissen um diese Eitelkeit gab der Kooperative die Macht, den Politiker zu ihrem eigenen Vorteil einzusetzen.
18. Dezember 2013
Südkalimantan, Indonesien, Borneo
Der Sicherheitsgurt drückt Mandi unangenehm an der Schulter, als der Truppentransporter über den holprigen Fahrweg wackelt. Asep, Geologe der entlegenen Senaggin-Mine, versucht – so gut es geht – den Schlaglöchern auszuweichen, aber es sind so viele, dass er unweigerlich immer wieder eines erwischt. Die mit Wasser gefüllten Löcher sind groß genug, um darin ein Rad zu verlieren. Roter Schlamm spritzt auf die Windschutzscheibe. Immer, wenn Asep die Scheibenwaschanlage betätigt, verrührt der Scheibenwischer alles zu einem blasigen Schmutzgemisch.
Die Regenzeit hat heuer so heftig begonnen wie schon seit Jahren nicht mehr. Seit Mandi vor ein paar Tagen angekommen ist, gab es jeden Nachmittag starke Schauer. Alle Sekundärgruben der Mine wurden überflutet, sodass der Abbau nur noch in der wichtigsten Kohlegrube weitergehen kann. Und sogar dort hat das Wasser den Untergrund so aufgeweicht, dass die großen Maschinen langsam ins Rutschen kommen. Gestern machte der Regen aber eine Pause und Mandi hofft, dass es auch heute trocken bleiben wird.
Trotz des miesen Straßenzustandes genießt Mandi die Fahrt. Sie liebt das Wilde und das Gefühl des Ausgesetztseins. Der Weg ist breit genug, dass zwei der schweren Transporter mit 160 Tonnen Nutzlast aneinander vorbeifahren können. Die Straße wird von einer steilen, matschigen Erdböschung begrenzt. Dahinter beginnt der Dschungel, eine dichte, ineinander verwobene Wand aus Grün. Ein Affe wird von der Straße aufgescheucht, zieht sich behände an einer Wurzel die Böschung hinauf und bringt sich schnell im Dickicht in Sicherheit. Oben sitzend beobachtet er dann neugierig die vorbeiziehenden Laster.
Mandi und Asep sind unterwegs zum westlichen Randgebiet des Bergbaugebietes. Das Wetter hier in Kalimantan ist unglaublich: Wenn es regnet, dann schüttet es gleich wie aus Eimern, sodass ein Fortkommen auf der Straße schnell unmöglich wird. Schmale Wasserläufe schwellen in kürzester Zeit zu reißenden Sturzbächen an. Immer wieder erzählt man von »Wasserwänden«, die eine Straße heruntergeschossen kommen und alles fortreißen, was sich ihnen in den Weg stellt. Der Regen wäscht die Straßenböschungen aus, sodass große Bäume unterspült werden und schließlich auf die Straßen niederdonnern. Aber so schnell, wie das Wasser kommt, so schnell geht es auch wieder: Der Regen hört auf, und die Sonne kommt heraus, fast so, als ob der Regisseur der Verwüstungen sich an den Auswirkungen ergötzen möchte.
Aus dem dichten Urwald sieht Mandi ein paar Rauchsäulen aufsteigen. Sie münden in die dunklen Wolken, die sich immer stärker zusammenbrauen und Gewitter ankündigen.
Mandi wundert sich, wie die Menschen hier leben können. Die Dschungeldecke lässt keine Unterbrechung erkennen, die auf Straßen oder größere Ansiedlungen hinwiesen würde. Dennoch weiß Mandi, dass es Dörfer im Dschungel gibt; auch heute sind sie schon durch ein paar kleinere Siedlungen gekommen, die man hier Kampungs nennt.
Herbs Anruf von letzter Woche kommt Mandi wieder in den Sinn. Der Anruf, der dazu geführt hat, dass sie nun hier ist. Herb klang gedrückt. Er ließ den üblichen Austausch von Freundlichkeiten aus und kam direkt zum Thema: »Mandi, ich muss ins Spital – Bypassoperation. Sie machen noch ein paar Untersuchungen und übermorgen komme ich dran …«
Nachdem er Mandis Schwall von Fragen zu den medizinischen Details beantwortet hatte, fuhr er fort: »Ich habe ein Projekt laufen, das ich nicht weiter betreuen kann. Interessant, aber nicht einfach. Es geht um einen Kohlebergbau in Indonesien. Die Beteiligten sind indonesische Politiker, das Militär und die lokalen Behörden – aber es gibt auch Geldgeber in aller Welt. Das Projekt ist sehr wichtig – das Ergebnis wird entscheidend für den Entspannungsprozess im asiatisch-pazifischen Raum sein. Wenn du übernimmst, mache ich noch schnell ein paar Anrufe, damit du die nötigen Visa und Reisegenehmigungen bekommst. Mandi, ich weiß, dass du das schaffen kannst. Aber ich weiß auch, dass du eigene Pläne hast …«
Wenn Mandi an die Urlaubspläne denkt, die sie mit Alan geschmiedet hat, bohrt in ihr das Gefühl der Schuld. Sie
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