Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung
hat aufgehört zu zählen, wie oft sie einen Urlaub mit ihm aufgeschoben oder abgesagt hat. Alan hat sich nie beschwert, aber Mandi hat gespürt, dass sein Verständnis für das dauernde Verschieben schwindet. Erst kürzlich hat sie ihm versprochen sich zu bessern … aber sie war in einer misslichen Lage … nur ein paar Wochen … und es wäre beruflich für sie eine wichtige Herausforderung … ob er nur ein weiteres Mal Verständnis zeigen könnte?
Da tritt Asep voll auf die Bremse und Mandi wird aus ihren Gedanken gerissen. Er schreit etwas auf Indonesisch und reißt an Mandis Sicherheitsgurt. Erst jetzt nimmt sie den Rauch wahr, der seitlich an der Motorhaube des Wagens hochringelt. Hastig springen sie aus der Fahrerkabine und lassen sich im Schlamm seitlich von der Straße hinunterrutschen. Ein paar Meter neben dem Fahrzeug liegend hört Mandi die Kabel unter der Motorhaube knistern. Funken sprühen. Asep ist inzwischen zurück zum Wagen, hat sich den Feuerlöscher geschnappt und die Motorhaube aufspringen lassen. Als er versucht sie hochzuheben, verbrennt er sich die Finger. Mandi läuft hin, um ihm zu helfen, nimmt den Feuerlöscher, den er fallen gelassen hat, und versucht von vorne durch den Kühlergrill zu löschen. Als es ihnen schließlich gelingt die Motorraum zu öffnen, ist es zu spät. Damit werden sie nirgends mehr hinfahren.
Mandi steigt ins Auto um den Erste-Hilfe-Koffer für Asep zu holen. Beim Griff unter den Sitz bemerkt sie, dass die Verdrahtung des Funkgerätes herausgerissen ist; das muss wohl Asep beim hektischen Griff nach dem Feuerlöscher passiert sein. Als Asep das Missgeschick bewusst und ihnen klar wird, dass sie per Funk niemanden um Hilfe bitten können, hebt er vorsichtig die verbundene Hand und deutet die Straße nach oben: »Da Dorf.«
Also marschieren Mandi und Asep los in Richtung Dorf. Asep hält unbeholfen sein Hände vom Körper weg, Mandi hat sich ihren Rucksack über eine Schulter geschwungen.
Schon nach wenigen Schritten sind Mandis Stiefel dick von rotem Schlamm bedeckt und das Gehen wird anstrengend, als ob sie schwere Gewichte an die Beine gebunden hätte. Eines ist sicher: Diese Reise, wie kurz auch immer, wird das Training mehr als kompensieren, das sie vor über einem Monat aufgegeben hat.
Nach einer halben Stunde fühlen sich Mandis Beine wie Holzpfosten an. Sie muss an ihr Training denken, das sie immer mittwochs in Fremantle absolvierte. Der Kurs in Ashtanga-Yoga hat ihr Spaß gemacht – warum hat sie nur damit aufgehört? Die Kursbeschreibung hatte sie amüsiert und neugierig gemacht: ‚Die etwas andere Art von Yoga – Das Arschtritt-Yoga‘ hatte es geheißen. Sie beschloss den Kurs zu versuchen. Sie fand den Gruß an die Sonne und die Dehnungen durchaus belebend. Aber, wenn sie ganz ehrlich sein sollte, der wirkliche Grund weiterzumachen war Alan, auch ein Anfänger. Er fühlte sich nicht wohl zwischen all den Frauen, aber er kam immer wieder. Später fand Mandi heraus, dass er deswegen kam, weil sie beide den gleichen Sinn für Humor hatten. Sehr oft, wenn sie ganz ruhig eine balancierte Stellung halten sollten – zum Beispiel einen »Baum« –, verlor sie das Gleichgewicht, weil sie über einen seiner Witze lachen musste.
Als sie sich auch außerhalb des Yogakurses trafen, war es bald so, dass sie außer für ihre Forschung, ihr Consulting und Alan für absolut nichts anderes mehr Zeit hatte.
»Zeit. Im Endeffekt geht es immer um Zeit. Ich werde wieder mit den Übungen beginnen, wenn ich zurück bin. Ich nehme mir einfach die Zeit«, schwört sich Mandi.
Bei ihrem Marsch wird Mandi bewusst, dass es einen großen Unterschied macht, ob man den Fahrweg durch den Dschungel entlangfährt oder -geht. Sie sieht jetzt ganz andere Dinge. Der dichte Wald zum Beispiel ist eben keine einheitliche Wand aus fleckigem Grün. Eher schon ein kompliziert verwobener Vorhang. Es gibt feines Blattgeranke mit zierlichen purpurnen Blüten, aber auch große, glänzende Blätter, die man leicht für Hände von grünen Riesenmonstern halten könnte. Und Unmengen von grellroten Libellen, die zwischen den Pflanzen herumschießen.
Schweißgebadet nähern sich Mandi und Asep nach einer Stunde einem kleinen Dorf. Längst haben sie die letzte Wasserflasche geleert, die Mandi in ihrem Rucksack mitgenommen hatte. Die Kinder des Dorfes haben sie bereits entdeckt und umringen sie aufgeregt. Für Mandi ist der laute Chor ihres »Hello Mister!« eine willkommene Abwechslung
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