Yakuza Flowers
sich gewickelt.
„Ist alles in Ordnung?“ Jiro legte seine Waffe auf den Glastisch und kniete sich vor Gabriel hin, um nach seinen Händen zu greifen. Nun waren Jiros Hände ruhig, während Gabriels eigene zitterten wie Espenlaub. Mechanisch nickte er und klammerte sich an Jiros warme Finger.
„Ich hätte den Leibwächtern sagen sollen, dass sie niemanden zu dir lassen dürfen, wenn ich nicht da bin.“
Gabriel konnte darauf nur den Kopf schütteln.
„Wo war eigentlich der Hausangestellte?“, erkundigte sich Jiro misstrauisch.
„Ich habe ihn zur Post geschickt. Mein Emailpostfach geht nicht mehr und ich habe Vincent einen Brief geschrieben, dass es mir gut geht. Ich habe den Angestellten gebeten, dass er ihn zur Post bringt.“ Wer hätte schon ahnen können, dass Hikaru sich an Gabriel vergreifen wollte? Nun saß der Schreck tief in seinen Gliedern. Gabriels Kunden waren immer sehr sorgfällig überprüft worden, weswegen er kaum Angst vor solchen Übergriffen hatte haben müssen. Ausgerechnet an einem Ort, den er als sicher empfunden hatte, so überfallen zu werden, hatte ihn bis ins Mark erschüttert. Einen Augenblick konnte er nichts sagen, aber dann brach es doch aus ihm heraus. „Gott sei Dank, dass du noch rechtzeitig gekommen bist. Ich hätte nie und nimmer gedacht, dass er mich angreift.“
Er hatte ihn unterschätzt, was seine eigene Schuld war.
„Ab jetzt wird auch hier immer jemand in deiner Nähe sein.“ Jiro duldete keinen Widerspruch. Doch diese Ankündigung beruhigte Gabriel nicht. Bis zum heutigen Tag ha tte er sich sicher gefühlt. Das s Jiro nun befand, dass Gabriel auch innerhalb des Gebäudes einen Leibwächter brauchte, bereitete ihm Magenschmerzen. Er war es nicht gewohnt, dauernd jemanden im Schlepptau zu haben, aber nach diesem Vorfall wäre es dumm gewesen, Jiros Anordnung nicht zu befolgen. Unwillig nickte er, ließ Jiros Hände los und ging mit wackeligen Beinen ins Schlafzimmer.
Er fror und wollte sich endlich anziehen. Allerdings kam er nicht weit, als Jiros Arme ihn von hinten umfassten.
„Es tut mir leid.“
Das Wispern ließ Gabriel die Augen schließen. Er lehnte sich leicht gegen den Körper, der hinter ihm stand und Schutz versprach. Eigentlich wollte er keine Schwäche zeigen, aber gerade fiel es ihm schwer so stark sein, wie er wollte.
„Ich kann so nicht leben, Jiro.“ Es brach einfach aus ihm heraus, ohne dass es Gabriel hätte aufhalten können. „Ich liebe dich, aber ich kann so nicht weitermachen.“ Vorsichtig drehte er sich in der Umarmung und sah in Jiros dunkelbraune Augen. „Ich habe wirklich gedacht, dass ich es könnte, aber jetzt …“
Weiter kam er nicht, denn Jiros Finger legte sich leicht auf seine Lippen und brachte ihn zum Schweigen. Gabriel konnte sehen, dass es Jiro leidtat und es ihn schmerzte, solche Worte von ihm zu hören. Aber es war ja nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der schöne Traum, in welchem sie lebten, die ersten Risse bekommen würde. Nun hatte Hikaru einen Teil ihrer kleinen Welt kaputtgemacht. Doch Jiro wirkte nicht, als würde er einfach aufgeben wollen. Denn was Jiro sich eroberte, das verteidigte er auch bis aufs Blut: Das hatte Gabriel schon gelernt.
„Diese Umstände, sie verlangen dir viel ab, das weiß ich. Ich habe mir wohl zu wenige Gedanken darüber gemacht, als ich dich mit nach Tokyo genommen habe.“ Behutsam nahm er Gabriels Gesicht in die Hände. Die Geste, verbunden mit den Worten, klang wie eine Entschuldigung. „Aber ich kann und will dich nicht aufgeben. Gib auch du uns nicht auf. Ich werde eine Lösung für uns beide finden. Alles, was ich brauche, ist etwas mehr Zeit.“ Diese Bitte konnte Gabriel nicht ablehnen. Der erste Impuls, Jiro zu bitten, ihn zurück nach London gehen zu lassen, ebbte ab. Wenn sich Jiro ihm gegenüber so verletzlich präsentierte, ließ es Gabriel nie kalt. Er war fest davon überzeugt, dass Jiro tief in seinem Innern ein guter Mensch war, der irgendwann die falsche Abzweigung im Leben genommen hatte. Jetzt konnte er nur versuchen, das Beste aus seinem Leben zu machen, was ihm Gabriel nicht verübelte. Zudem war er selbst nicht sicher, ob er sich von Jiro lösen konnte. Dazu liebte er ihn viel zu sehr.
„Gibst du mir noch etwas Zeit?“
Gabriel blieb nichts anderes übrig, als zu nicken. Er konnte sich seinen eigenen Gefühlen für Jiro nicht entziehen. Immerhin sah er ja, dass Jiro sich bemühte, ihre Beziehung zu retten.
Jiros Miene hellte sich fast sofort
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