YARI - MY LOVE
sehen uns morgen, Yari“, erklang Raphaels Stimme,
„ich wünsche dir eine gute Nacht!“
Yari zog es
vor, nichts mehr zu sagen. Die Furcht, Raphael könnte am Klang
seiner Stimme erkennen, welches Gefühlschaos in ihm tobte, war
zu groß.
Mit unsicheren Schritten ging er zum Taxi, nannte dem Fahrer seine
Adresse und schloss seine Augen.
Die letzten zehn Minuten musste er erst mal verdauen.
Kapitel 6)
Yari bemühte sich redlich,
seine dunklen Augenringe, die Zeugen einer schlaflosen Nacht waren,
zu überschminken.
Das Erlebnis mit Raphael in dem dunklen Hinterhof hatte ihn noch
die halbe Nacht über beschäftigt. Erst vor zwei Stunden war
es ihm gelungen, in einen unruhigen Schlaf zu finden … einen
Schlaf, der ihn mit erneuten Träumen von dem blonden Engel
gequält hatte.
Ja, verdammt, er hatte sich zweimal einen
runterholen müssen, bei dem Gedanken daran, wie Raphael ihn
geküsst hatte und wie geschickt er seinen Schwanz massiert
hatte.
„Verflucht!“
Yari warf den Becher mit seinem Kaffee
durch die Küche.
Das Klirren des Porzellans auf den Fliesen brachte ihn wieder zu
sich.
Während er damit beschäftigt war, die Sauerei wieder in
Ordnung zu bringen, klingelte sein Haustelefon.
Wer konnte das sein?
Es war erst kurz nach sieben …
Raphael sollte um acht Uhr kommen.
Yari nahm den Hörer ab und lauschte.
Philipp, der Portier, teilte ihm mit, dass sein Onkel ihn zu sehen
wünschte.
Was wollte der denn in aller Herrgotts Frühe von ihm?
Zähneknirschend gab Yari seine Zustimmung – was hätte
er denn sonst tun sollen? - und wenige Sekunden später kündigte
das leise Pling des Fahrstuhls Trevor Ponds' Ankunft an.
„Ich habe gehört, ihr dreht heute in der
Mojave-Wüste!“
Yari spürte, wie die Wut in ihm
hoch kroch.
„Auch dir einen guten Morgen, Onkel Trevor!“
Auf allen Vieren kehrte Yari die Scherben seiner Lieblingstasse
zusammen.
„Na, kleines Missgeschick passiert?“
Trevor Ponds ging nicht auf Yaris Versuch, Konversation zu
betreiben, ein. Also, ließ es auch Yari bleiben.
„Was willst du?“
Ein eisiges Grinsen huschte über Ponds Gesicht.
„Ich wollte dich nur noch mal an den Vertrag erinnern
...“
Yari fuhr herum.
„Das hast du bereits mehr als ausführlich getan“,
knurrte er, „ich werde nicht vertragsbrüchig werden, mach
dir keine Sorgen um die Kohle!“
Yari kam auf die Füße und entsorgte das Zeugnis seiner
Verzweiflung im Mülleimer.
„Braver Junge!“
Zornig ballte Yari seine Hände zu Fäusten. Am liebsten
würde er seinen Vormund jetzt zu Brei schlagen.
Bevor er etwas sagen konnte, klingelte erneut sein Haustelefon und
sein Onkel nahm den Hörer ab und lauschte.
„Soll hochkommen!“, hörte Yari ihn sagen.
Wut verzerrte sein hübsches Gesicht zu einer Fratze.
Alles war irgendwann zu viel.
Gegen seinen Vormund konnte er
sich noch nie durchsetzen, doch die Wut über dessen
eigenmächtiges Handeln, seinen neuen Film betreffend, und nicht
zuletzt die schlaflos verbrachte Nacht, brachten das Fass zum
Überlaufen.
„Was soll das, Onkel Trevor?“, fauchte er den riesigen
Mann an, „das ist meine Wohnung. Du bist hier lediglich Gast.
Du hast kein Recht dazu, meine Gespräche anzunehmen und darüber
zu entscheiden, wer zu mir kommen darf und wer nicht. Solltest du das
in Zukunft nicht beherzigen, werde ich Philipp anweisen, dich nicht
mehr vorzulassen.“
Yari atmete tief durch.
Er wusste selbst nicht, woher er den Mut nahm, seinem Onkel so
gegenüber zu treten. Der Zorn, den er verspürte, war sicher
nicht ganz unbeteiligt.
Aber da war noch etwas. Ein winziger Funke Hoffnung, dass er
vielleicht – ganz vielleicht nur – mit ein klein bisschen
Unterstützung, in der Lage sein mochte, der Willkür seines
Onkels nicht länger ausgesetzt zu sein.
Und die Zeit war auch auf seiner Seite. In weniger als vier
Monaten hatte er Geburtstag.
Dann endlich endete der Vertrag, der ihn an seinen Onkel fesselte.
Trevor Ponds sah mit gelangweiltem Ausdruck zu seinem Mündel.
Ihm war nicht anzusehen, was er von Yaris Ansprache hielt.
„Oh“, höhnte er dann eiskalt, „da hat wohl
jemand auf einem Tarzan-Heftchen geschlafen, hm? Oder woher kommt
dieser plötzliche Anfall von Wagemut?“
„Entschuldigt bitte“, hörten sie dann eine tiefe
wohlklingende Stimme, „ich wusste nicht, dass ich
störe.“
Raphael stand in der Diele.
Im Eifer des Gefechts hatten weder Ponds noch Yari den Fahrstuhl
gehört.
Yari warf einen kurzen Blick zu Raphael und sah,
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