Yeager
Laderaum-Party, Gott allein wußte es. Im Gemeinschaftsraum wurde es so laut, daß man das Hab-acht-Signal nicht gleich hörte.
Aber der Lärm verstummte schnell – sehr schnell, als jemand von der Brücken-Crew auftauchte, ein kleiner, dunkler Bursche. Die Würfelspieler standen auf und machten den Durchgang frei.
»Kusan«, flüsterte Musa.
Nav 2 persönlich, Schichttag-Kommando.
Kusan hielt Umschau, Kusan musterte Gesichter und sagte:
»Yeager.«
Mit einemmal war es ganz, ganz still, das einzige Geräusch kam aus der Unterkunft, wo ein Film lief.
Und sie konnte nichts anderes tun, als Musa den Rest ihres Biers geben und NG mit einem Knuff aufrecht hinsetzen, damit er nicht ganz so kaputt aussah, wie er war, aufstehen und sagen:
»Hier, Sir. Ich bin Yeager.«
»Miss Yeager.« Nav 2 winkte sie näher, und zu der Allgemeinheit sagte er: »Weitermachen!«
Es war kein Laut zu hören. Kein Laut, außer daß NG plötzlich fragte: »Was ist los?« und aufzustehen versuchte, aber Musa hielt ihn fest. »Halt den Mund!« mußte Musa sagen – zu laut.
»Kein Problem«, sagte Bet.
Hoffentlich nicht. Es war Fitchs Wache, das Ende von Orsinis Wache. Wie letztesmal.
Und sie hoffte, Musa oder sonst jemand bekam einen Anruf zu Bernstein durch.
»Bet!« schrie NG. Es klang wütend, verrückt. Er gab sich alle Mühe, sich in Schwierigkeiten zu bringen, darauf lief es hinaus.
Aber irgend jemand brachte ihn zum Schweigen. Bet hatte Angst, den Kopf zu wenden und nachzusehen.
21. KAPITEL
Bet ging neben Kusan die Korridore entlang und war immer noch nicht so ganz da, zuviel Bier und eine von Fletchers kleineren Tabletten, eine Kombination, die sie keinen richtigen Schmerz empfinden ließ, aber sie erinnerte sich, was Schmerz war und wer ihn verursachen konnte. Zwar war es gewiß nicht verboten, daß die Mannschaften im Gemeinschaftsraum tranken und ein Würfelspiel machten, aber ebenso gewiß war es verboten, betrunken und unordentlich vor einem Vorgesetzten zu erscheinen. Sie zupfte verstohlen an ihrem Jumpsuit, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, rollte die Ärmel herunter und ließ den Sicherheitsverschluß vorschriftsmäßig einschnappen. Gegen den Biergeruch und den großen feuchten Fleck am Knie konnte sie nichts tun, und wenn Fitch sie nur ansah, fielen ihm bestimmt gleich drei oder vier Beschuldigungen ein.
Zum Beispiel Bier und Tabletten. Zum Beispiel Spucken auf das Hauptdeck, wenn Fitch sagte, sie habe es getan, oder betrunken und unordentlich zu sein – ganz einfach.
Aber an der Stufe zur Brücke wartete nicht Fitch, sondern Orsini – und offensichtlich sollte Kusan sie bei Orsini abliefern.
»Sind Sie betrunken, Yeager?«
»Nicht nüchtern, Sir, um die Wahrheit zu sagen.« Bet war ziemlich durcheinander – sie hatte sich in Gedanken zurechtgelegt, was ihr bevorstand, und nun hatte sie es mit Orsini zu tun, der ein Vollidiot sein müßte, wenn er es für ungefährlich hielte, sie zu dieser Uhrzeit zu sich zu rufen, wenn das, was gestern abend geschehen war, von neuem geschehen konnte.
Es sei denn, Orsini kümmerte das nicht.
Orsini musterte sie von oben bis unten. »Sie haben einen Großteil des heutigen Tages in diesem Zustand verbracht, wie?«
Was soll denn das werden, eine verdammte Moralpredigt?
Aber für diesen Zustand hat Fletcher gesorgt, und Fletcher steht auf Bernsteins Seite…
»Ja, Sir. Ich bitte um Verzeihung, Sir.«
»Kommen Sie!« Orsini ging ihr voran durch den Brücken-Zylinder, vorbei an der Haupttag-Betriebsabteilung, an der Navigation, an…
Fitch stand auf der Brücke und sah sie vorbeigehen. Er hielt Orsini nicht an. Bet war sich nicht sicher, ob er ihnen folgte.
Hören konnte sie es nicht bei dem Lärm, den zwei Paar Füße auf dem hohlen Deck, das Wispern der vielfältigen Kühlungsund Zirkulationsventilatoren und andere Leute, die ihren eigenen Angelegenheiten nachgingen, erzeugten. Sie blieb bei Orsini und zerbrach sich den Kopf, was er vorhaben mochte.
Doch sie sagte sich, es werde schon gutgehen, Bernstein hatte sich über das, was sie ihm erzählt hatte, nicht übermäßig aufgeregt.
Als hätten sie alle schon gewußt, daß mit mir etwas nicht stimmt, und Bernie habe trotzdem meine Partei ergriffen…
Aber Orsini dachte, ich sei eine von Mallorys Leuten…
Jetzt warf sie doch einen schnellen Blick zurück, um festzustellen, wo Fitch war. Nicht hinter ihnen… aber Fitch wußte zweifellos, wohin sie gingen, und vielleicht wartete Fitch nur auf den
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