Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
Tierskulpturen umgeben war.
„Wunderschön“, sagte Zitora. Betrübt schaute sie mich an. „Jetzt kommt der unangenehme Teil der Arbeit. All diese Stoffstücke müssen auf die Fahne genäht werden.“
Ich fädelte das Garn durch die Nadelöhre. Weiter reichten meine Nähkünste nicht. Nach einer Weile riet sie mir, in meine Wohnung zurückzugehen und mich auszuruhen.
„Und vergiss unsere Abmachung nicht“, rief Zitora mir nach, als ich die Stufen hinuntersteigen wollte.
„Auf keinen Fall.“
Jetzt, nachdem sie von ihrer Mission zurückgekehrt war, wollte ich damit beginnen, ihr einige Lektionen in Selbstverteidigung zu erteilen. Während ich noch überlegte, wie ich das Training am besten aufbaute, nahmen mich zwei Wächter vor Zitoras Turm in Empfang. Ich war zu Tode erschrocken.
„Was wollt ihr?“, fragte ich und griff nach meinem Streitkolben.
„Befehl von der Vierten Magierin. Du sollst rund um die Uhr bewacht werden“, sagte der größere der beiden Männer.
Ich wurde wütend. „Geht zurück in die Kaserne. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“
Die Männer grinsten nur.
„Sie hat uns schon gesagt, dass du so reagieren würdest“, sagte der andere Mann. „Aber wir befolgen ihre Anordnungen. Wenn unsere Truppe dich nicht beschützen kann, sind wir für den Rest unseres Lebens dazu verdammt, Nachttöpfe auszuleeren.“
„Ich könnte euch eure Arbeit sehr schwer machen“, warnte ich die beiden.
Doch sie ließen sich nicht beeindrucken.
„Es gibt nichts Schlimmeres als Nachttöpfe zu leeren“, entgegnete der große Mann.
Ich seufzte. Es würde bestimmt nicht leicht sein, ihnen zu entwischen, um Opal ausfindig zu machen. Wahrscheinlich hatte Irys mir die beiden deshalb zur Seite gestellt. Sie wusste genau, dass ich mich bei der erstbesten Gelegenheit auf die Suche machen würde.
„Geht mir einfach aus dem Weg“, knurrte ich mürrisch.
Ich drehte mich auf dem Absatz um und lief zum Wohntrakt der Meisterschüler. Der dunkle Campus schien zu trauern, und eine unheimliche Ruhe lag in der Luft. Im Morgengrauen sollte die Trauerfahne für Tula gehisst werden.
Danach würde das Leben wie bisher weitergehen. Nachmittags würde Irys mich unterrichten. Cahil hatte mich bereits an meine abendlichen Reitstunden erinnert. Ich würde versuchen, mein Versprechen, das ich Mondmann gegeben hatte, zu halten. All das würde ungeachtet der Bedrohung geschehen, der Opal ausgesetzt war. Oder sollte es gerade trotz der Bedrohung geschehen?
Meine Wächter ließen mich meine Wohnung erst betreten, nachdem einer die Zimmer nach Eindringlingen durchsucht hatte. Wenigstens bezogen sie danach draußen vor der Tür Stellung und bestanden nicht darauf, bei mir zu bleiben. Doch offenbar hatte Irys sie darauf hingewiesen, dass ich versuchen würde zu „entkommen“, denn bei einem Blick aus dem Schlafzimmerfenster bemerkte ich einen der Wächter davor stehen. Ich schloss das Fenster und klappte die Läden zu.
Damit waren beide Fluchtmöglichkeiten von den Wächtern blockiert. Lebhaft konnte ich mir Dax’ Grinsen vorstellen, wenn er mir mit diebischer Freude von dem neuen Klatsch und den Gerüchten berichtete, die unter meinen Mitschülern wegen meiner Beschützer die Runde machen würden.
Wütend saß ich auf meinem Bett und überlegte, wie ich vorgehen sollte. Doch schließlich konnte ich dem Anblick meines weichen Kissens nicht widerstehen. Ich wollte mich nur ein paar Minuten ausruhen, Klarheit in meine Gedanken bringen und einen Plan schmieden, wie ich meinen beiden Beschattern entfliehen konnte. Es sollte mir während der nächsten fünf Tage nur ein einziges Mal gelingen.
Nachdem ich Zitora abends mit Tulas Fahne geholfen hatte, stand ich am nächsten Morgen neben Irys, um der Trauerzeremonie beizuwohnen.
Tulas Leiche war in weiße Leinentücher gehüllt und mit ihrer Fahne bedeckt. Ihre Eltern weinten, als der Anführer des Cowan-Clans einige liebevolle Worte sprach. Alle vier Meister-Magier waren anwesend, und Zitora durchtränkte ein Taschentuch mit ihren Tränen. Nur ich bekämpfte meine Gefühle und konzentrierte mich auf Opal. Mein Entschluss, sie zu finden, stand fester denn je.
Tulas Leiche sollte nach Hause gebracht und auf dem Friedhof ihrer Familie beerdigt werden. Gemäß dem sitianischen Glauben schwang ihre Seele sich während der Abschiedszeremonie auf die Fahne. Die Menschen, die um mich herum standen, glaubten fest daran, dass Tulas Seele in den Himmel entlassen wurde, sobald der
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