Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
Bergfried zurück“, befahl Irys den Wächtern. „Sperrt sie in ihre Wohnung. Sie darf sie nur noch zu den Mahlzeiten und zum Unterricht verlassen. Wehe, ihr lasst sie noch einmal entwischen.“
Die Wächter zuckten unter ihren Worten wie unter Peitschenhieben zusammen. Der Größere von ihnen packte mich und warf mich über seine Schulter. Es war entwürdigend, auf diese Weise durch die Zitadelle und über den Campus getragen und schließlich auf mein Bett geworfen zu werden.
Erst am nächsten Morgen ließ Irys’ Kontrolle über meinen Körper nach. Allerdings spürte ich immer noch ein Band ihrer magischen Energie rund um meinen Hals. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich jeden, der sich mir in den Weg gestellt hätte, sofort erwürgt. Doch ich wurde gemieden, als hätte ich eine ansteckende Krankheit. Meine schlechte Laune konnte ich nur an den Wächtern auslassen, die nicht mehr von meiner Seite wichen.
Nach drei Tagen in dieser Hölle stand ich neben Irys in der Großen Halle des Versammlungsgebäudes und wartete auf die Ankunft der Delegation aus Ixia. Irys hatte unsere Unterrichtsstunden genutzt, mir einige Lektionen in Diplomatie zu erteilen und mich in den Protokollarien von Sitia zu unterweisen. Standhaft hatte sie sich geweigert, mit mir über irgendetwas anderes als den Unterrichtsstoff zu reden. Die quälende Frage, wie ich meine Suche nach Opal fortsetzen sollte, brachte mich fast um den Verstand.
Die Versammlungshalle war mit großen Seidenfahnen geschmückt, von denen jede einzelne einen der elf Clans und die vier Meister-Magier repräsentierte. Von der Decke aus fielen die farbenprächtigen Banner aus einer Höhe von etwa drei Stockwerken an den Marmorwänden entlang bis zum Boden herab. Nur die hohen schmalen Fenster ließen sie frei, durch die das Sonnenlicht fiel und goldene Streifen auf den Fußboden zeichnete. Für diesen Anlass hatten die Ratsmitglieder festliche Seidengewänder angelegt, die mit silbernen Fäden durchwirkt waren. Irys und die anderen Meister-Magier trugen ihre Galaroben und Masken.
Ich erinnerte mich an Irys’ Habichtsmaske, die sie bei ihrem Besuch des Commanders in Ixia aufgesetzt hatte. Interessiert betrachtete ich die anderen. Roze Featherstone, die Erste Magierin, trug eine blaue Drachenmaske. Bain Bloodgood, der Zweite Magier, hatte eine Leopardenfell-Maske aufgesetzt, und ein weißes Einhorn bedeckte das Gesicht von Zitora, der Dritten Magierin.
Fisks Erzählungen zufolge dienten diese Tiere den Magiern als Führer durch die Unterwelt und durch ihr ganzes Leben. Sie hatten sie gefunden, während sie die Meisterprüfung durchstanden, die nach den wenigen Informationen, die ich darüber aufgeschnappt hatte, eine schreckliche Erfahrung sein musste.
Cahil war in der mitternachtsblauen Tunika mit den silbernen Paspeln erschienen, die er schon beim Fest des Neubeginns getragen hatte. Die Farbe passte sehr gut zu seinem blonden Haar und verlieh ihm trotz seines verbissenen Gesichtsausdrucks ein königliches Aussehen. Er war gekommen, um bei seinen Gegnern Schwachstellen auszuspionieren, hatte jedoch versprochen, sich ruhig zu verhalten und keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, denn sonst hätten ihn die Ratsmitglieder von der Begrüßungszeremonie ausgeschlossen.
Nervös spielte ich mit dem weiten Ärmel meiner hellgelben Meisterschülerrobe, die mir fast bis zu den Füßen reichte. Unter dem Saum lugten die schwarzen Sandalen hervor, die Zitora mir gegeben hatte. Der Stoff kratzte mich am Nacken, und ich zupfte den Kragen des Umhangs zurecht.
Was ist los? , fragte Irys. Ihre starre Haltung verriet Missbilligung.
Zum ersten Mal seit meinem Hausarrest kommunizierte sie in Gedanken mit mir. Ich hätte sie am liebsten ignoriert, denn mein Blut geriet immer noch in Wallung, wenn ich an ihre Bestrafung dachte. Selbst in diesem Moment spürte ich Irys’ Zauberkraft an meinem Hals. Sie hatte es ernst gemeint, als sie sagte, dass sie sich persönlich um meine Bewachung kümmern würde. Mich aus ihrem Bann zu lösen, würde meine Energie restlos erschöpfen, und ich brachte nicht den Mut auf, sie erneut zu provozieren.
Deine Leine scheuert. Meine Gedanken waren feindselig.
Das ist gut. Vielleicht lernst du jetzt zuzuhören und zu überlegen, bevor du etwas tust. Und den Urteilen anderer zu vertrauen.
Ich habe bereits etwas gelernt.
Was denn?
Dass die brutalen Vorgehensweisen des Commanders nicht auf Ixia beschränkt sind.
Ach, Yelena. Irys’ eisige Unnahbarkeit taute
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