Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
bitte?“, fragte ich.
„Ja, blaue Augen. Das bedeutet Unglück. Und sie wurde vom Sandseed-Clan gezüchtet. Deren Pferde sind nicht einfach zu trainieren.“
Kiki schnaubte in Cahils Richtung. Gemeiner Kerl.
„Dummer Aberglaube und üble Nachrede. Cahil, du sollest es besser wissen“, sagte der Stallmeister. „Sie ist ein sehr gutes Pferd. Und wenn du mit Yelena irgendwelche Probleme hast, dann sieh zu, dass du sie in den Griff kriegst. Für solchen Kinderkram habe ich nun wirklich keine Zeit.“ Damit drehte er sich auf dem Absatz um und murmelte irgendetwas Unverständliches vor sich hin.
Cahil und ich sahen uns eine Weile schweigend an, bis Kiki mich sanft am Arm stupste, um mich an das Pfefferminz zu erinnern.
„Tut mir leid, mein Mädchen, ich habe nichts mehr“, sagte ich und streckte meine leere Hand aus. Sie schüttelte den Kopf und graste weiter.
Cahil starrte mich an. Abwehrend verschränkte ich die Arme vor meiner Brust, aber geschützt fühlte ich mich nicht. Eine undurchdringliche Marmorwand wäre mir lieber gewesen. Er hatte seine Reisekleidung gegen ein weißes Hemd und eng anliegende Reithosen getauscht. Nur die schwarzen Reitstiefel trug er noch immer.
„Du hast dich für das Pferd entschieden, also sieh zu, wie du damit fertig wirst. Aber wenn du absolut nichts von mir lernen willst, dann sag es mir besser gleich, damit ich meine Zeit nicht verschwende.“
„Irys möchte, dass ich lerne, also lerne ich.“
Die Antwort schien ihn zu befriedigen. „Gut. Dann fangen wir gleich mit der ersten Lektion an.“ Er kletterte über den Weidezaun. „Bevor du dich zum ersten Mal auf ein Pferd setzt, musst du alles über so ein Tier wissen – vom Körperbau bis zu seinen Gefühlen.“ Cahil schnalzte mit der Zunge, und weil Kiki ihn nicht beachtete, ging er zu ihr hin. Als er neben Kiki stand, drehte sie sich abrupt um und brachte ihn mit ihrem Hinterteil zu Fall.
Ich biss mir auf die Lippen, um nicht laut loszuprusten. Jedes Mal, wenn er versuchte, sich ihr zu nähern, lief sie fort oder stieß ihn zu Boden.
Vor Ärger war er ganz rot im Gesicht. „Zum Teufel damit“, fluchte er. „Dann hole ich eben die Zügel.“
„Du hast ihre Gefühle verletzt, als du gesagt hast, sie bringe Unglück“, erklärte ich. „Aber wenn du dich entschuldigst, ist sie folgsam.“
„Woher willst du das denn wissen?“, fragte Cahil herausfordernd.
„Ich weiß es eben.“
„Ach, komm. Du hast doch nicht einmal gewusst, wie man von einem Pferd absitzen kann. Willst du mich für dumm verkaufen?“, herrschte er mich an.
Als er über den Zaun klettern wollte, sagte ich: „Ich weiß es genauso gut wie ich wusste, dass Topaz gern Haferbrot mag.“
Cahil blieb stehen und sah mich neugierig an.
Ich seufzte. „Topaz hat mir gesagt, dass er den Leckerbissen wollte. Durch Zufall bin ich mit seinem Verstand in Verbindung getreten, und ich habe ihn um eine sanftere Gangart gebeten, weil mein Rücken schmerzte. Mit Kiki ist es genauso.“
Cahil zupfte an seinem Bart. „Die Erste Magierin hat gesagt, dass du über große magische Fähigkeiten verfügst. Vielleicht wäre mir das schon früher aufgefallen, wenn ich mich nicht so sehr in diese Spionagesache verrannt hätte.“ Er schaute mich an, als sähe er mich zum ersten Mal.
Einen Moment lang glaubte ich, kühle Berechnung in Cahils blauen Augen zu entdecken, aber der Ausdruck verschwand so schnell, dass ich mich fragte, ob ich mich nicht getäuscht hatte.
„Sie heißt Kiki?“, fragte er.
Ich nickte. Cahil ging zu Kiki zurück und entschuldigte sich. Eigentlich, dachte ich gereizt, müsste er sich auch bei mir entschuldigen wegen all dem Ärger, den er mir bereitet hatte. Ich und eine Spionin. Meine Güte!
Soll ich den gemeinen Kerl umwerfen? , fragte Kiki.
Nein. Sei nett zu ihm. Er zeigt mir, wie ich mich um dich kümmern soll.
Cahil winkte mich zu sich. Ich kletterte über den Zaun. Kiki rührte sich nicht vom Fleck, als Cahil mir die verschiedenen Teile ihres Körpers erklärte und zum besseren Verständnis mit dem Finger darauf zeigte. Er begann mit dem Maul und hörte erst auf, als er ihr linkes Hinterbein hochhob und mir die Hufe zeigte.
„Morgen um die gleiche Zeit“, sagte er schließlich am Ende der Unterrichtsstunde. „Wir treffen uns im Stall. Dann werde ich dir zeigen, wie man ein Pferd pflegt.“
Damit drehte er sich um und wollte gehen, doch ich hielt ihn zurück. Ich hatte mich zwar damit abgefunden, dass er mein Lehrer war,
Weitere Kostenlose Bücher