Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
Erste Magierin genannt und du bist die vierte?“
Irys lächelte müde. „Roze ist stärker als ich. Wir können beide Feuer entfachen. Aber während ich nur ein Lagerfeuer machen kann, ist sie in der Lage, ein ganzes Haus in Brand zu setzen.“
Ich dachte über ihre Worte nach. „Was macht denn ein Zauberer, der nur ein Talent hat, nach seiner Ausbildung?“
„Wir schicken die Magier in verschiedene Dörfer und Städte, je nachdem, welche Fähigkeiten dort gerade gefragt sind. So soll beispielsweise in jeder Stadt zu jeder Zeit ein Heilkundiger sein. Andere Zauberer müssen sich um mehrere Städte kümmern. Sie reisen durchs Land und sind für unterschiedliche Projekte verantwortlich.“
„Was könnte ich denn tun?“, fragte ich, während ich überlegte, ob es für mich überhaupt einen Ort gab, in dem ich zu gebrauchen wäre. Gleichzeitig war ich mir nicht sicher, ob ich mich überhaupt irgendwo in Sitia nützlich machen wollte.
Irys lachte. „Das kann man jetzt noch nicht sagen. Erst einmal musst du lernen, wie man Energie anzapft und benutzt. Und du musst an deinen Verteidigungstechniken arbeiten.“
„Wie lange kann ich eine Mauer aufrechterhalten, ohne mich allzu sehr zu verausgaben?“
„Wenn ich mir eine Verteidigungsmauer vorstelle, ähnelt sie diesem Turmzimmer. Ich baue sie solide und stark, und dann mache ich sie durchsichtig, damit ich auf die andere Seite sehen kann. Danach denke ich nicht mehr an sie. Aber wenn Zauberkräfte gegen mich gerichtet werden, verfestigt sich die Mauer und wehrt den Angriff ab, noch bevor mein Bewusstsein ihn überhaupt registriert hat.“
Ich folgte ihren Anweisungen und schuf in Gedanken eine unsichtbare Barriere. Irys testete sie den ganzen Morgen über ohne Vorankündigung, und sie hielt tatsächlich stand. Während der übrigen Zeit übte ich, die Kraftquelle anzuzapfen, aber wie sehr ich mich auch bemühte, mit meinen magischen Fähigkeiten konnte ich nur zwei Geschöpfe erreichen: Irys und die Eule, die im Dachgebälk schlief.
Irys’ Geduld verblüffte mich, und sie vermittelte mir zum ersten Mal, seitdem ich nach Sitia gekommen war, das Gefühl, meine magischen Fähigkeiten vervollkommnen und beherrschen zu können.
„Das war ein guter Anfang“, lobte Irys, als die Zeit zum Mittagessen nahte. „Jetzt iss erst einmal, und heute Nachmittag ruhst du dich aus. Wir arbeiten morgens, und abends kannst du dann das Erlernte vertiefen. Heute allerdings nicht. Da musst du zum Stallmeister und dir ein Pferd aussuchen.“
Hatte ich sie richtig verstanden? „Ein Pferd?“
„Ja. Alle Magier haben ein Pferd. Manchmal wird man nämlich irgendwo ganz dringend gebraucht. Nach Ixia konnte ich mein Pferd Silk allerdings nicht mitnehmen. Und als du um Hilfe gerufen hast, musste ich mir ein Pferd von Mays Vater ausleihen. Sonst wäre ich doch wohl kaum so schnell bei dir gewesen.“
Weil ich so sehr mit meinen eigenen Problemen beschäftigt war, hatte ich mir darüber überhaupt keine Gedanken gemacht. Das tat ich jetzt auf dem Weg zum Speisesaal, den ich mithilfe von Irys’ Beschreibung sofort fand. Ich nahm ein schnelles Mittagessen zu mir, und kaum hatte ich mich in meiner Wohnung aufs Bett gelegt, war ich auch schon eingeschlafen. Ich schlief den ganzen Nachmittag.
Nach dem Abendessen machte ich mich auf die Suche nach dem Stallmeister. Ich fand ihn am anderen Ende der Pferdeboxen. Der kleine, untersetzte Mann, dem das zerzauste braune Haar wie eine Pferdemähne über die Schultern fiel, war gerade damit beschäftigt, einen Ledersattel zu reinigen. Ich verkniff mir ein Lächeln, als er mich anschaute.
„Was willst du? Siehst du nicht, dass ich zu tun habe?“, herrschte er mich an.
„Ich bin Yelena. Irys schickt mich.“
„Ach ja, die neue Schülerin. Möchte mal wissen, warum die Vierte Magierin nicht warten konnte, bis die Schule wieder anfängt“, brummelte er in sich hinein, während er den Sattel hinlegte. „Hier entlang.“
Er führte mich am Stall vorbei. Topaz steckte den Kopf aus seiner Box.
Seine großen braunen Augen blickten hoffnungsvoll. Apfel? , fragte er.
Irys hatte recht gehabt. Mühelos konnte ich die Verbindung zu Topaz wieder herstellen. Oder hatte er es getan? Ich nahm mir vor, sie danach zu fragen, während ich Topaz den Apfel gab, den ich mir in die Tasche gesteckt hatte.
Der Stallmeister drehte sich um. „Da hast du gerade einen Freund fürs Leben gefunden“, meinte er und schnaubte vor Vergnügen. „Dieses Pferd liebt
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