Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
sich sein Blick auf.
„Nun gut, Cahil. Lass uns also, ganz im Sinne des Festes, noch einmal von vorn anfangen. Ich bin bereit, dich zu begleiten – als ersten Schritt auf dem Weg zu unserer neuen Freundschaft.“
„ Freundschaft?“
„Das ist alles, was ich dir anbieten kann.“
„Wegen der Person, die dir den Schmetterlingsanhänger gegeben hat?“, wollte er wissen.
„Ja.“
„Und was hast du ihm dafür gegeben?“
Fast hätte ich gesagt, dass ihn das nun wirklich nichts anginge, aber ich beherrschte mich. Wenn wir Freunde werden wollten, musste er die Wahrheit kennen. „Mein Herz.“ Ich hätte noch hinzufügen können: meinen Körper, mein Vertrauen, meine Seele.
Er schaute mich eine Weile an. „Na, dann werde ich mich wohl mit Freundschaft zufriedengeben müssen.“ Er grinste. „Bedeutet das denn auch, dass du ab jetzt nicht mehr so zickig bist?“
„Darauf würde ich mich nicht verlassen.“
Lachend half er mir, meine Einkäufe in meine Wohnung zu tragen. Den Rest des Abends verbrachte ich damit, die Kapitel zu lesen, die Bain mir aufgegeben hatte, und dachte nicht mehr an Cahils neue Rolle als Freund in meinem Leben.
Die Vormittage mit Bain Bloodgood waren faszinierend und machten mir sehr viel Spaß. Er lehrte mich die Geschichte Sitias, die mehrere Jahrhunderte zurückreichte. Genauso lange hatten die elf Clans von Sitia einander bekämpft, bis Windri Bak Greentree, ein Meister-Magier, sie vereinte und den Ältestenrat ins Leben rief. Von Lektion zu Lektion wurde mir immer mehr klar, dass ich noch eine Menge zu lernen hatte, und im gleichen Maße, wie mich diese Aussicht frustrierte, war Bain hocherfreut darüber, weil er mir noch so viel beibringen konnte. Allein die Mythologie von Sitia, die bevölkert war von Geschöpfen, Dämonen und Legenden, würde Unterrichtsstoff für mehrere Jahre abgeben.
Von Bain erfuhr ich auch alles über das Schulsystem. „Jeder Schüler hat einen Magier als Mentor. Dieser Mentor kontrolliert die Fortschritte des Schülers. Er unterrichtet. Er führt. Er stellt den Stundenplan gemeinsam mit den übrigen Magiern zusammen, die in anderen Fächern mehr Erfahrung haben.“
„Wie viele Schüler sind denn in jeder Klasse?“, wollte ich wissen.
Bain machte eine ausladende Handbewegung durch den Raum, in dem nur wir beide waren. Wir saßen in einem runden Zimmer im unteren Teil seines Turms. Ordentliche Bücherstapel standen aufgereiht an den Wänden, und handschriftliche Entwürfe für wissenschaftliche Abhandlungen lagen auf jedem der mit Tintenflecken übersäten Arbeitstische von Bain. Die Metallringe seines Astrolabiums blitzten im Licht der Morgensonne.
Ich lehnte am Rand seines ausladenden Schreibtisches, auf dem er kleine Schreibgeräte und Papierstapel säuberlich geordnet hatte. Eine weiße Muschel schien der einzige Schmuck zu sein. In seinem purpurroten Gewand, das das Licht zu verschlucken schien, hatte Bain mir gegenüber Platz genommen. Die Farbenvielfalt seiner Gewänder verblüffte mich. Bis jetzt war er der einzige Magier, den ich kennengelernt hatte, der sich jeden Tag vorschriftsmäßig kleidete.
„Wir sind eine Klasse“, erklärte er. „Sie umfasst maximal vier Studenten, nicht mehr. Hier gibt es keine Bankreihen, in denen sich die Schüler drängeln, um einem Lehrer zuzuhören. Wir unterrichten praxisnah und in kleinen Gruppen.“
„Und wie viele Schüler hat jeder Mentor?“
„Diejenigen mit Erfahrung betreuen nicht mehr als vier. Und die neuen Magier unterrichten nur einen.“
„Und wie viele unterrichten die Meister-Magier?“ Ich fürchtete mich ein wenig vor dem Tag, wenn ich Irys mit anderen würde teilen müssen.
„Ah …“ Er hielt inne. Zum ersten Mal schienen Bain die Worte zu fehlen. „Die Meister unterrichten keine Schüler. Wir werden in den Ratssitzungen gebraucht, um Sitia mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Wir rekrutieren die zukünftigen Schüler. Hin und wieder allerdings treffen wir auf einen Studenten, der unser Interesse weckt.“
Er sah mich an, als überlegte er, wie viel er mir erzählen sollte. „Nun ja, bei mir liegen die Dinge ein wenig anders. Ich bin der Ratsversammlungen müde geworden. Daher konzentriere ich meine gesamte Energie aufs Unterrichten. In diesem Jahr habe ich zwei Schüler. Roze hat sich erst einen erwählt, seit sie Erste Magierin ist. Zitora hat noch keinen. Sie muss sich erst noch einarbeiten, denn sie ist erst vor einem Jahr Meisterin geworden.“
„Und
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