Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
gewaltige Steinkugel, in die in gleichmäßigen Abständen große Löcher eingelassen waren. Im Inneren der Kugel befand sich eine kleinere, die ebenfalls Löcher hatte. Das Dunkelgrün des Brunnens war, anders als die Wände der Zitadelle, nicht von Adern durchzogen, und der Stein schien etwas in seinem Kern zu verbergen.
„Marmor?“, fragte ich Fisk.
„Jade aus den Smaragd-Bergen. Das ist das größte Stück, das jemals gefunden wurde. Sie haben ein Jahr gebraucht, um es hierher zu bringen, und weil Jade so hart ist, haben sie ihn mehr als fünf Jahre mit Meißeln bearbeiten müssen, an deren Spitze Diamanten saßen. Es gibt elf Lebensbereiche, und alle befinden sich im Inneren dieses einen Steins.“
Bemerkenswert. Ich trat näher zum Brunnen, um die anderen Kugeln zu betrachten. Die kühlen Wasserschleier fühlten sich angenehm auf der heißen Haut an.
„Und warum elf?“, erkundigte ich mich.
Fisk stellte sich neben mich. „Für jeden Clan eine Kugel. Und eine Düse für jeden Clan. Wasser bedeutet Leben“, erklärte er. „Seht Ihr die Schnitzereien auf dem äußersten Kreis?“
Ich riskierte es, bis auf die Haut nass zu werden, um die aufwändig gestalteten Arbeiten genauer in Augenschein zu nehmen.
„Es sind Fabelwesen. Jedes steht für einen der Meister-Magier. Ying Lung, der Himmelsdrache, für die Erste Magierin; Fei Lian, ein Windleopard, für den Zweiten; Kioh Twan, ein Einhorn für die Dritte und Pyong, der Habicht, für die Vierte.“
„Was bedeuten diese Wesen?“, fragte ich. Mir fiel ein, dass Irys eine Habichtsmaske trug, als sie als Mitglied der Delegation aus Sitia nach Ixia gekommen war.
„Bevor die Zauberer den Rang eines Meisters erreichen, müssen sie einige Prüfungen ablegen.“ Fisk klang, als rezitiere er aus einem Schulbuch. „Während dieser Zeit reisen sie durch die Unterwelt und lernen ihren Führer kennen. Dieses Geschöpf macht sie nicht nur mit der Unterwelt bekannt, sondern begleitet sie durch ihr ganzes Leben.“
„Glaubst du daran?“ Es klang für mich wie ein Märchen. Als der Commander die Herrschaft in Ixia übernommen hatte, wurden Aberglauben und jede Art von Religion verboten. Wenn dennoch irgendjemand einem Glauben anhing, behielt er es für sich und betete heimlich.
Fisk zuckte mit den Schultern. „Ich weiß, dass mit den Magiern während der Prüfungen etwas passiert, denn mein Vater hat es damals selbst gesehen. Er hat nämlich im Bergfried gearbeitet.“
Fisks Miene wurde verschlossen, und ich stellte keine weiteren Fragen. Die Bedeutung der Geschöpfe ließ mich jedoch nicht mehr los. Irys hatte sich in Ixia als Habichtfrau verkleidet. Außerdem hatte sie dort die gebräuchliche Uniform getragen, um sich unauffällig unter die Einheimischen mischen zu können. Arbeitete sie möglicherweise auch mit den Habichten des Commanders zusammen?
„Es bringt Glück, aus dem Brunnen zu trinken“, sagte Fisk. Dann lief er zu seinen Freunden, die im Wasser spielten und mit geöffnetem Mund die Gischt einzufangen versuchten.
Nachdem ich ein paar Sekunden gezögert hatte, gesellte ich mich zu ihnen. Das Wasser schmeckte so frisch, als sei es wie ein Lebenselixier mit starken Mineralstoffen versetzt. Gierig trank ich einige Schlucke, denn etwas Glück konnte ich gut gebrauchen.
Die Kinder verloren die Lust am Spiel, und Fisk führte mich zu einem anderen Brunnen, der aus der seltenen weißen Jade gemeißelt war. Fünfzehn im Galopp erstarrte Pferde umrundeten einen mächtigen Wasserstrahl.
Die Hitze war mörderisch, doch Fisk beklagte sich mit keinem Wort. Auch die anderen Kinder protestierten energisch, als ich ihnen anbot, meine Einkäufe selbst nach Hause zu tragen. Sie waren fest entschlossen, ihren Auftrag zu Ende zu bringen.
Auf dem Rückweg spürte ich Topaz’ Besorgnis bereits, kurz bevor Cahil auf ihm um die Ecke geritten kam. Meine Kindergefolgschaft trat zur Seite, als Cahil näher kam und Topaz kurz vor uns zum Stehen brachte.
„Yelena, wo bist du gewesen?“, fragte er barsch.
Ich funkelte ihn wütend an. „Ich war einkaufen. Warum? Hast du noch eine unangenehme Prüfung für mich vorbereitet? Was soll ich jetzt tun?“
Statt meine Frage zu beantworten, beäugte er argwöhnisch meine Begleiter. Die Kinder drängten sich an die Wand und versuchten, sich so klein wie möglich zu machen.
„Der Markt ist schon seit Stunden geschlossen. Was hast du die ganze Zeit gemacht?“, wollte er wissen.
„Das geht dich nichts an.“
Hätte
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