Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
nachdachte. „Yelena, ich sehe, dass die Intelligenz in deiner Familie liegt. Ich hoffe, ihr beide entscheidet euch dafür zu bleiben.“
Mein Bruder presste die Lippen zusammen und setzte eine entschlossene Miene auf. Er konnte ebenfalls sehr dickköpfig sein. Vielleicht betrachtete er es als seine persönliche Herausforderung, die Meinung des Commanders in Bezug auf Zauberer zu ändern.
Ein Bote betrat das Zimmer und übergab dem Commander eine Schriftrolle. Nachdem er den Brief gelesen hatte, erhob er sich. „Bitte genießt euer Abendessen weiter. Ich muss mich um einige geschäftliche Dinge kümmern.“ Mit Star und seinen Wächtern im Gefolge ging er hinaus.
Ehe die Tür hinter Star ins Schloss fiel, warf sie mir einen lauernden Blick zu.
Auf dem Weg zu den Gästezimmern gingen mir die Worte des Commanders über Magie und Zauberer nicht aus dem Sinn. Abgesehen davon, dass ich mit Leif dahingehend übereinstimmte, Ixianer mit magischen Fähigkeiten dürften nicht getötet werden, vertrat ich ebenfalls die Ansicht, dass Zauberei schädlich war. Auch Roze, die einflussreichste Magierin in Sitia, war dadurch korrumpiert worden. Dass sie meine Fähigkeiten als Seelenfinderin fürchtete, war eine Sache; eine andere war es, Cahil zu unterstützen.
Als wir die Gästesuite erreichten, zog ich Leif in mein Zimmer.
„Was ist los?“, wollte er wissen.
„Ich möchte Kontakt zu Irys herstellen, um zu erfahren, was in der Zitadelle vor sich geht.“
„Und ich will wissen, was mit dir los ist“, wiederholte er.
„Wie meinst du das?“
„Seitdem wir die Grenze überquert haben, bist du vollkommen anders. Du behandelst Mondmann wie einen Verräter und traust keinem mehr. Und wenn du dich jetzt auch noch dazu entschließt, Beraterin des Commanders zu werden, verrätst du Sitia. Was ist aus Yelena, der Vermittlerin, geworden? Die neutrale dritte Seite?“
„Als Vermittlerin braucht man die Unterstützung beider Seiten. Willst du mir nun helfen, Irys zu kontaktieren, oder willst du mich belehren?“
Leif grummelte etwas Unverständliches, aber er erklärte sich bereit, seine Energie mit mir zu teilen. Ich legte mich aufs Bett, zapfte die Kraftquelle an und projizierte mein Bewusstsein nach Süden zum Bergfried. Vorbei an den mannigfachen Gedanken der Bewohner der Zitadelle suchte ich auf dem Campus nach Irys. In ihrem Turm konnte ich sie nicht finden, aber ich spürte ein schwaches Echo, als ob etwas von ihrer Seele zurückgeblieben war, nachdem sie den Raum verlassen hatte. Merkwürdig.
Ich begann, die anderen Türme zu durchsuchen. Vielleicht besuchte Irys einen der anderen Magier. Doch meine Hoffnung trog. Zitora hatte ihre Gedanken gegen Eindringlinge abgeschirmt. Bains Turm fühlte sich genauso seltsam an wie der von Irys, und der eisige Schutzschild von Roze traf mich wie ein Schlag. Ich zuckte zusammen und wollte die Verbindung abbrechen, doch eine kalte Strömung zerrte mich zu ihr zurück. Dieses Mal stand mir keine Barriere im Weg. Eiskalte Finger schlossen sich um meine Gedanken und zogen mich in ihr Bewusstsein.
Suchst du jemanden ? wollte Roze wissen.
Ich verweigerte die Antwort.
Du machst es einem wirklich einfach, Yelena . Roze lachte schallend. Ich wusste, dass du mit Irys in Verbindung treten würdest. Ich fürchte allerdings, dass du nicht mit ihr reden kannst. Die Ratsversammlung ist zu der Erkenntnis gekommen, dass Master Irys und Master Bain in verräterische Machenschaften verwickelt waren. Zurzeit befinden sie sich im Verlies des Bergfrieds.
21. KAPITEL
W ie hast du es geschafft, zwei Meister-Magiern etwas anzuhängen, Roze ? Ich bemühte mich, mir mein Entsetzen und meine Wut nicht anmerken zu lassen.
Sie haben sich geweigert, den Brief an den Commander zu unterzeichnen, und sie haben dich und deinen Bruder vehement in Schutz genommen . Das Wort Bruder sprach sie mit abgrundtiefer Verachtung aus. Außerdem haben sie an Cahils Worten gezweifelt. Ausgerechnet Cahil, der im Alleingang die Schlagkraft unserer Armee mithilfe der Soldaten von Daviian verdoppelt hat .
Diese Soldaten sind nicht dort, um euch zu helfen. Sie wollen euch benutzen .
Von dir lass ich mir keine Ratschläge erteilen. Roze verstärkte den Griff auf mein Bewusstsein. Ausgerechnet von einer dummen Pute, die gerade dabei ist, auch noch den Rest ihres Verstandes zu verlieren .
Mit einem Messer, dessen Klinge aus Eis bestand, drang sie bis in die untersten Schichten meines Bewusstseins, um nachzuschauen, was ich
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