Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
darüber nachdenken, was die Zauberei Gutes für Eure Leute tun kann? Ich bin nun mal eine Magierin. Wie kann ich Euch da eine erfolgreiche Beraterin sein?“
„Du kannst mir Ratschläge geben, wie man die Magier in Sitia bekämpft. Was Zauberei für Ixia bewirken könnte, interessiert mich nicht.“ Mit einer herrischen Handbewegung unterstrich er seine Worte. Die Diskussion war beendet.
Doch so einfach wollte ich das Thema nicht aufgeben. „Was geschieht, wenn einer Eurer Generäle krank oder verletzt wird, ich aber könnte sein Leben mithilfe meiner Magie retten?“
„Das wirst du nicht tun. Wenn sie sterben, ernenne ich einen anderen zum Oberst.“
Seine Antwort erzeugte gemischte Gefühle in mir. Nach wie vor wich er keinen Millimeter von seinem konsequenten Führungsstil ab. Der Verhaltenscodex von Ixia musste strikt eingehalten werden, darüber gab es keinerlei Debatten. Ich gab jedoch die Hoffnung nicht auf, dass er seine Meinung ändern könnte, wenn er erst einmal sähe, welche Vorteile die Magie für sein Volk bedeutete.
Als ob er meine Gedanken lesen könnte, fuhr der Commander fort: „Magie ist schädlich. Ich habe es bei den Zauberern des Königs mit eigenen Augen gesehen. Zuerst wollen sie nur helfen und große Taten vollbringen, aber dann sind sie überwältigt von ihrer Macht, und sie verlangen nach mehr, koste es, was es wolle. Schau doch nur, was mit Mondmanns Sippe passiert ist. Ehrlich gesagt bin ich erstaunt, dass es nicht schon viel früher geschehen ist.“
„Meine Sippe wird sich davon erholen“, meinte Mondmann. „Daran zweifle ich nicht.“
„Und ich zweifle nicht daran, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein anderer Magier die Regierung übernehmen will, wenn die Würmer von Sitia erst einmal besiegt sind. Die Fähigkeit, den Geist und Körper eines anderen Menschen kontrollieren zu können, ist gefährlich und verführerisch. Besser ist es, die Zauberei zu verbieten und sämtliche Magier auszurotten.“
Ich überlegte, ob der Commander seine Meinung ändern würde, wenn er wüsste, dass er möglicherweise selbst magische Kräfte besaß. War der Vorfall mit Opals Fledermaus nicht der Beweis dafür? Er hatte das innere Leuchten wahrgenommen. Das konnte eigentlich nur eines bedeuten.
„Es ist also besser, die Menschen auf althergebrachte Weises zu töten“, schaltete Leif sich ein. Er klang entrüstet. „Ihr seid tatsächlich der Ansicht, es sei besser, eine Regierung mithilfe von Gift, Messern und Schwertern zu stürzen anstatt mit Zauberei? Ehrlich gesagt sehe ich da keinen Unterschied.“
„Die Magie zwingt die Menschen dazu, Dinge zu tun, die sie nicht tun wollen. Sie kontrolliert ihren Willen.“ Der Commander beugte sich nach vorn. In seinen Augen lag ein leidenschaftliches Funkeln.
Unter seinem forschenden Blick wurde Leif sichtlich kleinlaut. Trotzdem argumentierte er tapfer weiter. „Zwingt Euer Verhaltenskodex die Menschen etwa nicht dazu, Dinge zu tun, die sie nicht tun wollen? Will wirklich jeder in Ixia eine Uniform tragen? Möchten sie tatsächlich um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie heiraten oder in einen anderen Bezirk ziehen wollen?“
„Das sind nur kleine Unannehmlichkeiten, die das Leben in einem Land mit sich bringt, in dem es weder Hunger noch Korruption gibt. Jeder weiß genau, wo sein Platz in der Gesellschaft ist und was von ihm erwartet wird. Man wird wegen seiner Fähigkeiten und Anstrengungen belohnt und nicht aufgrund der Herkunft oder des Geschlechts.“
„Doch die Belohnung für magische Talente bedeutet den Tod“, ließ Leif nicht locker. „Ich glaube kaum, dass die Angehörigen der potenziellen Zauberer den Tod ihrer geliebten Familienmitglieder nur als ‘kleine Unannehmlichkeit’ betrachten. Warum werden sie nicht einfach nach Sitia geschickt?“
„Damit sie gegen mich eingesetzt werden können?“ In der Stimme des Commanders lag ungläubiges Staunen. „Das wäre eine ziemlich schlechte militärische Strategie.“
Leif erwiderte nichts.
„Keine Regierung ist vollkommen“, gab der Commander zu, während er sich auf seinem Stuhl zurücklehnte. „Der Verlust einiger persönlicher Freiheiten wird von den meisten Bewohnern Ixias akzeptiert, vor allem von jenen, die unter dem korrupten König gelitten haben. Ich verstehe jedoch, dass die junge Generation unruhig ist, und ich werde mich sehr bald mit diesem Problem beschäftigen.“ Er musterte Leif mit einem nachdenklichen Blick, als ob er bereits über die Zukunft
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