Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
Jewelrose-Grenze durchqueren.
Für den Fall, dass uns unterwegs jemand aufhalten sollte, hatten wir uns eine Geschichte ausgedacht. Wir würden behaupten, den Jewelrose-Clan mit Quarzproben zu beliefern. Irys’ Sippe schnitt und schliff alle möglichen Edelsteine und stellte fast den gesamten Schmuck für Sitia her.
Ich hatte mich als Mann verkleidet, mir den Namen Ellion zugelegt und allen eingeschärft, mich nur noch so zu nennen.
Im strahlenden Sonnenschein wurde es schnell warm, und wir kamen zügig voran. Valek äußerte die Hoffnung, dass das angenehme Wetter die Menschen auf die Straßen lockte.
„Warum?“, wollte Tauno wissen.
„Dann werden wir ein paar unter vielen anstatt die Einzigen sein, die unterwegs sind“, erklärte Valek. Sie ritten nebeneinander und diskutierten darüber, wie sie die Scheune ausfindig machen könnten, in der die Angehörigen der Ratsmitglieder versteckt waren.
Kiki blieb an Topaz’ Seite. Sie hatte ihn vermisst, und ich fragte mich, ob Cahil über den Verlust seines Pferdes trauerte. Seit Cahils Jugend waren sie zusammen gewesen. Ich betrachtete Garnet. Beim Gedanken an die Wut des Stallmeisters, die über mir hereinbrechen würde, wurde mir ganz mulmig zumute. Garnet war schon so lange bei uns, und außerdem hatte ich den Honig aus Avibian verloren, den ich gekauft hatte, um den Stallmeister zu besänftigen. Wahrscheinlich würde er mich dazu verdonnern, wochenlang das Zaumzeug zu pflegen und die Boxen zu säubern. Ich musste mir ein Lachen verkneifen, als mir der Gedanke durch den Kopf schoss, dass es zumindest einen Vorteil hatte, die Ewigkeit in Gesellschaft des Flammenmenschen zu verbringen: Ich musste nie mehr ausmisten.
Und es gäbe auch keine Fledermäuse mehr. Meine neue Freundin hing am Rand meiner Kapuze. Ich spürte ihr Gewicht auf meinem Rücken. Offenbar machte es ihr Spaß, den Tag in meiner Nähe zu verschlafen.
Marrok sprach die ganze Zeit über kein Wort, aber ich wollte unbedingt wissen, was ihm in der Zitadelle widerfahren war.
„Cahil hat mich hinters Lichts geführt“, antwortete er auf meine Frage. „Ich bin seinen Lügen auf den Leim gegangen. Er hat behauptet, bei Ferde zu bleiben, um die Aktivitäten der Daviianer auszukundschaften. Ich habe seinen Plan gutgeheißen, Ferde in die Zitadelle zurückzulocken. Und ich war sauer, weil du dich zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt eingemischt hast. Er hat mich zu dem Geständnis überredet, dich und Leif als Komplizen hinzustellen. Das würde ihm angeblich dabei helfen, die Ratsversammlung von einem Angriff auf Ixia zu überzeugen. Er hat versprochen …“ Marrok hielt inne und fuhr sich mit der Hand über die linke Backe. „Kaum hatte ich gestanden, war er wieder vollkommen gegen mich. Für den Fehler habe ich teuer bezahlt …“ Er schauderte. „Und ich bezahle immer noch dafür.“
„Verrat ist grausam“, pflichtete ich ihm bei.
Überrascht schaute Marrok mich an. „Glaubst du nicht, dass es Verrat war, Ixia zu verlassen?“
„Nein. Das war nicht meine Absicht. Ich wollte dich beschützen und war euch allen gegenüber aufrichtig von Anfang an. Nur mir selbst habe ich etwas vorgemacht. Auch ein Fehler.“
„Für den du immer noch zahlst?“ Marrok lächelte. Das Lächeln löschte die tiefen Furchen aus seinem Gesicht, die die Angst und die Zeit dort hineingegraben hatten. Auf einmal sah er um Jahre jünger aus.
„Ja. Das ist das Problem mit Fehlern – sie haben die Eigenschaft, lange an einem zu kleben. Aber wenn wir erst einmal mit den Würmern und Cahil fertig sind, werde ich für alle meine Fehler bezahlt haben. Und zwar komplett.“
Fragend sah Marrok mich an, doch ich hatte keine Lust, in Einzelheiten zu gehen. Stattdessen wollte ich von ihm wissen: „Erinnerst du dich an deine Rettung aus der Zitadelle?“
Er grinste reumütig. „Leider nicht. Zu der Zeit war ich nicht in der Lage zu denken. Mondmann ist ein Wunder. Ich verdanke ihm mein Leben.“ Verstohlen schaute er sich um und senkte die Stimme. „Dass ich ohne ihn hier bin, gibt mir ein Gefühl von … Zerbrechlichkeit. Für einen gestandenen Soldaten ist es ganz schön schwer, so etwas zuzugeben.“
Den Rest des Weges legten wir schweigend zurück. Gegen Mitternacht schlugen wir das Lager auf. Ohne lange darüber zu diskutieren, übernahm jeder einen Teil der Aufgaben. Tauno jagte Kaninchen, und ich kümmerte mich um die Pferde. Valek suchte Brennholz, und Marrok bereitete die Mahlzeit vor.
„Ich bin es
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