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Yoga-Anatomie

Yoga-Anatomie

Titel: Yoga-Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Leslie u Matthews Kaminoff
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Innerhalb jeder Säule herrscht mit dem dynamischen Verhältnis zwischen Knochen und weichem Gewebe ein Gleichgewicht zwischen Sthira und Sukha. Die Wirbelkörper geben Druckkräfte an die Bandscheiben weiter, die dem Druck durch Gegendruck widerstehen. Die Säule der Wirbelbögen gibt Zugkräfte an alle mit ihr verbundenen Bänder weiter (Abb. 2.17), die dem Zug durch Gegenzug widerstehen. Kurz gesagt, befinden sich die Strukturelemente der Wirbelsäule in einem komplizierten Tanz, der das zentrale Nervensystem schützt, indem er Zug- und Druckkräfte neutralisiert.
    Abb. 2.16 Von der Seite betrachtet, besteht die Wirbelsäule aus einer vorderen Säule mit Wirbelkörpern und Bandscheiben sowie einer hinteren mit Bögen und Dornfortsätzen.

    Abb. 2.17 Die Wirbelsäulenbänder in der Draufsicht (a) und der Seitenansicht (b).
Bandscheiben und Bänder
    Wenn man noch tiefer geht, erkennt man, wie sich Sthira und Sukha auch in den Bestandteilen einer Bandscheibe offenbaren: die zähen Schichten des Faserrings umschließen eng den weichen, runden Gallertkern. In einer gesunden Bandscheibe ist der Kern komplett von Faserring und Wirbel umgeben (Abb. 2.18). Der Faserring selbst ist vorn und hinten eng mit den vorderen und hinteren Längsbändern verbunden (Abb. 2.17).
    Diese straffe Anordnung führt dazu, dass der Gallertkern immer wieder zur Mitte der Bandscheibe zurückstrebt, egal in welche Richtung er durch die Körperbewegung gedrängt wird.
    Von der Hals- bis hinab zur Lendenwirbelsäule unterscheiden sich die einzelnen Wirbel erheblich in ihrer Form, die von den funktionellen Anforderungen der jeweiligen Wirbelsäulenregion abhängt (Abb. 2.19, Seite 48). Es gibt allerdings Gemeinsamkeiten zwischen allen Wirbeln, wie die schematische Darstellung in Abbildung 2.20 zeigt.

    Abb. 2.18 Der Gallertkern ist eng vom Faserring umschlossen, der aus konzentrischen Ringen unterschiedlich ausgerichteter Fasern besteht, ähnlich den miteinander verschränkten inneren und äußeren Bauchmuskeln.
    Abb. 2.19 Form follows function – Form folgt Funktion: die unterschiedlichen Formen der Wirbelkörper.
    Das Körpergewicht im Allgemeinen, aber auch die axiale Rotation (Drehbewegungen um die eigene Achse) erzeugen (achsen-)symmetrische Druckkräfte, die den Gallertkern gegen den Widerstand des Faserrings zusammenpressen, was wiederum zu einer Druckentlastung führt (Abb. 2.21). Bei hohem Druck gibt der Gallertkern, um nicht zu reißen, einen Teil seiner Feuchtigkeit an den porösen Knochen des Wirbelkörpers ab. Wird die Wirbelsäule entlastet, saugt der hydrophile Gallertkern das Wasser wieder auf und die Bandscheibe erhält ihre ursprüngliche Dicke zurück. Aus diesem Grund sind Menschen morgens nach dem Aufstehen ein bisschen größer.

    Abb. 2.20 Gemeinsame Bestandteile der Wirbelstruktur.

    Abb. 2.21 Das Körpergewicht (a), aber auch Oberkörper­ rotationen (b) erzeugen eine symmetrische Kompression (Verflachung) des Gallertkerns, der durch den Gegendruck des Faserrings seine runde Form behält und den Wirbel entlastet.
Druck und Gegendruck
    Beugung, Streckung und Seitwärtsneigung erzeugen asymmetrische Bewegungen des Gallertkerns, aber das Ergebnis ist dasselbe: Wo auch immer die Wirbelkörper sich aufeinander zubewegen, wird der Gallertkern in die entgegengesetzte Richtung gedrückt und trifft dort auf den Widerstand des Faserrings, der ihn dazu veranlasst, die Wirbelkörper wieder in die Ausgangsposition zurückzudrängen (Abb. 2.22).
    Bei diesem Gegendruck helfen die Längsbänder, die vorn und hinten an der gesamten Wirbelsäule entlang verlaufen. Das vordere Längsband verläuft von der Vorderseite des Kreuzbeins bis zur Vorderseite des Hinterhauptbeins und ist mit der Vorderseite jeder Bandscheibe fest verwachsen. Wenn es beim Zurückbeugen des Oberkörpers gedehnt wird, sorgt es nicht nur dafür, dass der Körper in die neutrale Stellung zurückfedert, sondern es wird durch den erhöhten Druck zwischen Längsband und Bandscheibe auch der Gallertkern in seine Ausgangsposition zurückgedrängt. Dasselbe passiert beim Vorbeugen des Rumpfes mit dem hinteren Längsband, das von der Kreuzbeinrückseite bis zum Hinterhauptbein verläuft.

    Abb. 2.22 Beugung (a) und Streckung (b) erzeugen asymmetrische Bewegungen des Gallertkerns, der durch den Druck des Faserrings in mittiger Position gehalten wird und so beim Wiederaufrichten der Wirbelsäule in die Neutralstellung mitwirkt.
    Jede Bewegung, die auf die Bandscheiben in der

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