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Yoga-Anatomie

Yoga-Anatomie

Titel: Yoga-Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Leslie u Matthews Kaminoff
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dass die Nährstoffe plötzlich in gewissen Bereichen weniger, in anderen mehr konzentriert sind. Die erfolgreicheren Organismen sind nun diejenigen, die die Fähigkeit entwickeln, die Nährstoffe zu erreichen, indem sie ihre Form ändern. Das war wahrscheinlich die allererste Form der Fortbewegung. Das Scheinfüßchen in Abbildung 2.1 zeigt beispielhaft eine einzelne Zelle mit der besagten Fähigkeit. Formveränderung als Überlebensmethode ist ein wichtiges Prinzip, auf das wir noch zurückkommen werden.
    Es ist leicht vorstellbar, dass es für diese Organismen immer nützlicher wird, sich umherbewegen zu können, also entwickelt sich das Scheinfüßchen zu einem spezialisierten Organ, wie die abgebildeten Bakterien mit ihren Flagella (Abb. 2.2).
    Inzwischen schwimmen diese primitiven Lebensformen nicht mehr passiv in ihrer Umgebung umher, sondern suchen aktiv nach Nährstoffen, die sie für ihr Überleben brauchen. Ein weiterer Vorteil ihrer Mobilität ist, dass sie es vermeiden können, zur Nahrung für andere Organismen zu werden. Wir können hierin die frühe biologische Basis für die yogischen Prinzipien Raga und Dvesha (Anziehung und Abstoßung) ersehen. Nach Wünschenswertem zu streben und das Unerwünschte zu meiden, ist ein fundamentales Handlungsprinzip aller Lebewesen und eine weitere Sichtweise, die zu den Grundprinzipien Prana und Apana gehören.
    Lebensformen entgegnen diesem Druck, das Wünschenswerte anzustreben und das Unerwünschte zu meiden, mit ständig komplexeren Anpassungen. Wenn ein Organismus immer sensibler mit seiner Umwelt interagiert, müssen seine Aktivitäten ab einem bestimmten Punkt zentral organisiert und gesteuert werden.

    Abb. 2.1 Die Zelle ändert ihre Form und bildet ein Scheinfüßchen.

    Abb. 2.2 Bakterien mit Flagella.

    Abb. 2.3 Ein Plattwurm mit rudimentärem zentralen Nervensystem.
    Abbildung 2.3 zeigt einen parasitischen Wurm mit flachem Körperbau namens Plattwurm, bei dem die Entwicklung eines rudimentären zentralen Nervensystems erkennbar ist. Er verfügt über eine Bündelung von primitiven Nervenzellen an der Spitze und über zwei längs verlaufende Nervenstränge. Würmer sind Wirbellose, aber bei ihren Nachfahren haben sich diese rudimentären Nervenzellen bis zum Gehirn, dem Rückenmark und den Doppelsträngen des autonomen Nervensystems weiterentwickelt. All dies verlangt nach einer parallel entwickelten Struktur, die freie Bewegungen erlaubt, aber stabil genug ist, um das lebenswichtige, ja zarte Nervengewebe zu schützen – mit anderen Worten: ein Rückgrat.
    Das zentrale Nervensystem ermöglicht dem Wirbeltier eine enorme Flexibilität bei seinen Überlebensstrategien und muss daher von der Wirbelsäule gut geschützt werden, ohne die Beweglichkeit zu sehr einzuschränken. Bei Wassertieren wie dem Fisch (Abb. 2.4) ist die Form der Wirbelsäule der Umgebung angepasst: Wasser auf allen Seiten, das von oben und unten, von links und rechts denselben Druck ausübt. Während der Fisch Kopf, Schwanz und Flossen zur Fortbewegung durch das Wasser nutzt, findet die Wirbelsäulenbewegung dabei ausschließlich seitwärts statt.

    Abb. 2.4 Fisch mit gerader Wirbelsäule.

    Abb. 2.5 Seitwärtsbewegungen der Wirbelsäule bei Wassertieren und Amphibien.
    Diese seitliche Wellenbewegung der Wirbelsäule wurde sogar dann noch beibehalten, als Wassertiere den enormen Evolutionssprung hin zum Leben auf dem Festland machten. Abbildung 2.5 zeigt dieses Bewegungsmuster beim amphibischen Salamander. Zwar helfen ihm seine Beine (die sich aus Flossen entwickelt haben) bei der Fortbewegung, aber sie unterstützen ihn nicht, die Wirbelsäule samt seines Gewichts vom Boden abzuheben. Diese Weiterentwicklung, die wahrscheinlich aus der Notwendigkeit resultierte, die Augen auf weiter entfernte Bedrohungen oder Nahrungsquellen richten zu können, erforderte einen drastischen Umbau der Wirbelsäulenstruktur.
    Würde eine gerade Wirbelsäule wie die eines Fisches von vier Beinen getragen werden, wäre sie auf destabilisierende Weise an ihrem schwächsten Punkt der Schwerkraft am meisten ausgesetzt, und zwar dem Mittelpunkt zwischen den beiden abgestützten Enden (Abb. 2.6). Mit dem Aufrichten auf allen vieren waren die Neuankömmlinge auf dem Festland am erfolgreichsten, die ihre Wirbelsäule als Reaktion auf die durch die Schwerkraft einwirkenden Kräfte krümmten, um die Belastung weg von der ungestützten Mitte hin zu den gestützten Enden abzuleiten. 1

    Abb. 2.6 Ein abgestützter

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