Yoga-Anatomie
von unten betrachtet – zeigt Ursprünge des vegetativen Nervensystems im Rückenmark: Sympathikus im Brustbereich und Parasympathikus im Lenden- und Kreuzbereich.
So gesehen kann man die Beugung der Wirbelsäule als Verstärkung ihrer primären und Abschwächung ihrer sekundären Krümmungen definieren. Im Umkehrschluss würde diese Definition bedeuten, dass die Wirbelsäulenstreckung eine Verstärkung ihrer sekundären und Abschwächung ihrer primären Krümmungen ist.
Was Bewegung angeht, ist das Verhältnis zwischen primären und sekundären Krümmungen reziprok, also wechselseitig: Je mehr die eine verstärkt oder abgeschwächt wird, desto mehr erfährt die andere das Gegenteil. Zum Beispiel führt eine Verstärkung der Kyphose im Brustbereich automatisch zu einer Abschwächung der Lordosen im Hals- und Beckenbereich.
Eine klassische Yoga-Übung lotet dieses reziproke Verhältnis der primären und sekundären Krümmungen aus: die Katze-Kuh-Übung oder Chakravakasana (Abb. 2.30).
Abb. 2.30 Die Katze-Kuh-Übung betont sowohl die primären (a) als auch die sekundären (b) Krümmungen.
An beiden Enden von Armen und Beinen getragen, können sich die Krümmungen der Wirbelsäule in beide Richtungen frei bewegen und sowohl Beugungen als auch Streckungen vollführen. Üblicherweise wird diese Bewegung Schülern mit der Anweisung beigebracht, beim Beugen auszuatmen und beim Strecken einzuatmen. Es ist jedoch präziser zu sagen, die Wirbelsäulenbeugung ist eine Ausatmung und die Wirbelsäulenstreckung ist eine Einatmung. Gemäß der Definition von Atmung ist die Formveränderung der Wirbelsäule gleichbedeutend mit der Formveränderung der Atemorgane.
Spüren Sie die Bewegung
Nehmen Sie eine bequeme Sitzhaltung ein und versuchen Sie, die Kyphose in der Brustwirbelsäule zu verstärken, indem Sie Ihren Brustkorb nach vorn absenken. Nehmen Sie dabei wahr, wie Nacken und unterer Rücken flach werden. Nun wiederholen Sie die Bewegung, aber führen Sie sie diesmal vom Kopf ausgehend aus. Wenn Sie den Kopf nach vorn neigen, werden Sie bemerken, dass der Brustkorb und der untere Rücken der Bewegung folgen. Dasselbe passiert, wenn Sie diese Bewegung vom unteren Rücken ausgehend ausführen. Dabei fällt Ihnen vielleicht auch auf, dass diese Beugebewegungen der Wirbelsäule generell eine Ausatmung erzeugen.
Versuchen Sie nun, in der Gegenrichtung die Kyphose der Brustwirbelsäule abzuschwächen, indem Sie den Brustkorb anheben. Achten Sie darauf, wie sich die Krümmungen am Hals und im unteren Rücken verstärken. Wenn Sie diese Bewegung vom Kopf oder vom unteren Rücken her ausführen, ist das Ergebnis dasselbe. Haben Sie gemerkt, wie diese Streckbewegungen der Wirbelsäule tendenziell eine Einatmung hervorrufen?
Räumliche und spinale Betrachtungsweisen von Vor- und Rückbeugen
Eine Wirbelsäulenextension (Streckung) hat nicht unbedingt dieselbe Bedeutung wie eine Rückbeuge und eine Wirbelsäulenflexion (Beugung) ist nicht dasselbe wie eine Vorbeuge. Um Verwirrung zu vermeiden, sollte man sich diese Unterscheidungen klarmachen. Beugung und Streckung beziehen sich auf das Verhältnis der Wirbelsäulenkrümmungen zueinander, während sich die Begriffe Vor- und Rückbeuge auf Bewegungen des Körpers im Raum beziehen. Die Begriffe sind nicht unbedingt austauschbar. Zum besseren Verständnis folgen zwei kontrastierende Beispiele dafür, wie körperlich verschiedene Menschen mit Streckung und Beugung umgehen:
An der gebückten Haltung eines steifen, am Schreibtisch sitzenden Büroangestellten ändert sich nichts, wenn er versucht, im Stand eine Rückbeuge auszuführen und er dabei seine Hüften nach vorn schiebt und seine Arme über Kopf streckt: Seine Wirbelsäule bleibt in einer Flexion, während sich sein Oberkörper im Raum nach hinten neigt (Abb. 2.31 a).
Die gelenkige Tänzerin überstreckt ihre Wirbelsäule in der Über-Kopf-Position und behält diese Streckung (Extension) bei, während sie sich in der Hüfte nach vorn beugt, um in die Uttanasana-Position (stehende Vorwärtsbeuge) zu gehen: Ihre Wirbelsäule bleibt in der Extension, während sie ihren Oberkörper nach vorn beugt (Abb. 2.31 b).
Das Lehrreiche bei solchen Beobachtungen liegt darin, die Bewegungen der Wirbelsäulenkrümmungen von den Bewegungen des Rumpfes im Raum zu unterscheiden.
Abb. 2.31 Wirbelsäulenflexion (a) bei einer Rückbeuge im Raum und Wirbelsäulenextension (b) bei einer Vorbeuge im Raum.
Abbildung 2.32 demonstriert einen
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