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Yoga Bitch

Titel: Yoga Bitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danijela Pilic
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schon auf dem Weg war, voller Spannung und Hoffnung und Hunger.
    Tag 1
    Ich kam am frühen Nachmittag in dem kleinen Kurort an und mein Magen knurrte bereits, denn der Tag der Anreise war gleichzeitig auch der erste Fastentag. Der Ort war bezaubernd, malerisch und vor allem die vielen Restaurants und Cafés am Seeufer sahen einladend aus. Der Kurort war perfekt für Omas, die gern Kirschkuchen –
aber bitte mit Sahne – essen, aber auch für die neue Armee der Wellness-Soldaten, die so gerne entgifteten. Das Fastenhotel war eine hübsche Herrenvilla und wurde von einem jovialen Ehepaar, Walter und Gaby geleitet: Schwaben mit Eso-Tick. Walter holte mich vom Bahnhof ab und erzählte enthusiastisch, er selbst »faschtete eimal im Jaar. Isch des Beschte!« In der Lobby des Hotels hing ein Bilderrahmen, darin eingestickt ein Spruch von Mahatma Gandhi:
    Ich kann auf das Fasten genauso wenig verzichten wie auf meine Augen. Was die Augen für die äußere Welt sind, ist das Fasten für die innere.
    Schön. Darauf würde ich gerne ein Cremetörtchen essen. Kaum hatte ich meine Koffer im Zimmer abgestellt, stand auch schon das erste Gruppentreffen an, im nicht ganz richtig benannten Speisesaal. Wir waren ungefähr 25 Leute, alle, wie es uns empfohlen worden war, in bequemen Klamotten. Außer mir waren vielleicht drei Menschen unter 50 da, das Gros bildeten übergewichtige Frauen über 50. Ich fand das gar nicht so schlecht. Ich fühlte mich jung, hübsch und sehr schlank, jetzt schon. Schönheitsempfindung ist eben auch eine Frage der Umgebung.
    Wir sollten uns vorstellen und kurz erzählen, warum wir fasteten, ob zum ersten Mal, was wir uns davon erwarteten und so Zeugs.
Fastentypen
– Die Hausfrau auf der Wellnesswelle gönnt sich das einmal im
Jahr. Nennt es »Zeit für mich«. Will nicht nur abnehmen, sondern auch natürlich abnehmen – und ihrer Familie entkommen.
Erzählt die ganze Zeit von Kochrezepten, manche davon durchaus nachkochenswert.
– Der Hippie hat bei der Besteigung des Annapurna auch schon mal zwei Tage nichts gegessen, das Fasten kann ihm nichts anhaben.
– Der Öko-Fundamentalist fastet auch gerne mal länger als eine Woche. Hat eine Phobie gegen Toxine und Ablagerungen im Darm. Redet sehr gerne über Einläufe.
– Der Lebenswandel-Schizo will runterkommen, seine Partysünden wegfasten und gehört zu den Jüngsten in der Fastengruppe.
– Der Soul-Searcher sucht etwas Größeres im Verzicht, vielleicht sogar den Sinn des Lebens. Vielleicht steckt der ja in dem Loch im Bauch.
– Der Kranke hat gehört, dass Fasten Migräne, Arthritis und Rheuma heilen könne, und will es mal versuchen.
    Manche kommen jedes Jahr hierher, die Hausfrauen, Bürokauffrauen und Krankenschwestern, die sich das so als Urlaub »gönnen« und Steffi, Claudia und Ulrike hießen. Andere, das sieht man an der Angst in ihren Augen, probieren es zum ersten Mal. Wieder andere erzählen von Migräne, Rückenschmerzen, Arthritis und wollen es mal mit Fasten probieren. Es gibt einen alten Leder-Hippie, der an meinem Tisch sitzt. Er heißt Beat, ist ein Quassler und will unbedingt Kontakt zu mir aufnehmen. Beat fastet auch einmal im Jahr, jeweils zwei Wochen, und ist überzeugt davon, dass es famos für die Gesundheit sei. Denn je weniger man esse im Alter, umso länger lebe man, ist nicht nur seine Devise, sondern sei auch bewiesen, und zwar nicht nur an Ratten, sagt Beat. Es gibt einen türkischen Handyhändler aus Berlin, der dieses Jahr beim Ramadan religiös geworden ist und mal »rüschtüsch« fasten will. Die meisten wollen: entgiften, sich finden, Verzicht üben, die alte Leier. Niemand sagt, dass er hier wäre, um Gewicht zu verlieren. Eine fröhliche ältere Krankenschwes-ter fügt es als Nachsatz hinzu, unter allgemeinem Hö-Hö. Schließlich bin ich dran und sage: »Ich habe einen stressigen Beruf, möchte zu mir selbst finden.« Wohlwollendes Nicken reihum. »Und ich habe gemerkt, dass ich nicht wirklich unter Kontrolle habe, was ich esse. Ich möchte gerne instinktiver essen, neu anfangen. Und bei mir geht ein Neuanfang immer am besten, wenn ich einen radikalen Schnitt mache. Reduzierung und Disziplin klappen bei mir irgendwie nicht. Eine Umstellung funktioniert bei mir nur, wenn ich alles ausschalte, wie man einen Computer ausschaltet, wenn er sich aufgehängt hat.« Dass ich fünf Kilo abnehmen will, sagte ich auch nicht dazu, ich verlogenes Biest. Trotzdem stimmt es, was ich da gesagt habe, und es war gut, es mich

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