You are Mine
noch weißeren Deckel?
Doch, da bin ich mir ganz sicher.
Jetzt will ich es sehen, muss es sehen und jogge fast den Gang entlang. Bailey fängt meinen Blick auf, als ich vorne ankomme, und nickt in Richtung des plötzlich leeren Platzes auf der Bank neben sich. Ich schüttle den Kopf und gehe zum Sarg.
Wo ich für einen Moment verwirrt stehen bleibe.
Denn es ist nicht Madigan, die inmitten all des roten Satins liegt, sondern ein bleicher, allzu vertrauter junger Mann.
Ich, erkenne ich plötzlich und schockiert. Ich, gekleidet in einen schwarzen Anzug, den ich nie besessen habe, meine Haare sauber geschnitten und aus der Stirn gekämmt, die Augen friedlich geschlossen.
Aber das ist Madigans Beerdigung, nicht meine, und ich strecke die Hand aus, um –
Was zu tun? Es spielt keine Rolle mehr, sobald ich meine Hand sehe. Sie ist kleiner und viel glatter, als sie sein sollte, die gepflegten Nägel in einem tiefen, blutigen Rotton lackiert. Hände, die einer Frau gehören, genauso wie dieses Kleid aus burgunderfarbenem Samt, das eng an Hüfte und Busen anliegt, genauso wie die Haare, die in weichen, kastanienbraunen Locken über meine Schultern fallen.
Meine Knie geben nach und ich klammere mich an den Sarg, um nicht zu fallen. Die Leiche – meine Leiche, ich – liegt mit den Armen über der Brust gekreuzt und in den leicht gekrümmten Fingern der rechten Hand blitzt etwas metallisch auf. Ich lehne mich vor, um genauer hinzusehen.
Ein Messer. Ihr Messer.
Auf der Stirn der Leiche glänzt ein roter Fleck, ein zweiter zittert auf der Wange, bevor er sich löst und in die Muschel des kalten, toten Ohres fließt. Blutstropfen, die von oben herabfallen. Als ich nach oben starre, entdecke ich, dass die geschnitzten Engel jetzt über die Pfeiler kriechen und dicke, blutige Tränen aus ihren Augen quellen. Einer von ihnen segelt herab, um auf dem offenen Deckel des Sarges zu landen, die kleinen Hände aus Mahagoni fest zusammengepresst. Seine lidlosen Augen sind grün, ihr bösartiger, kalter Blick ist auf mein Gesicht gerichtet. Als die Kreatur lächelt, entdecke ich spitze, scharfe Zähne und weiß plötzlich mit absoluter Sicherheit, dass sie Fleisch zerreißen können, als wäre es Papier.
Lexi. Der Name durchfährt mich wie eine Klinge.
Der hölzerne Engel schlägt einmal, zweimal mit den Flügeln, dann stürzt er sich auf meine Kehle –
– und ich liege allein im Krankenhausbett, allein in meiner schweißbedeckten Haut.
Ich könnte laut auflachen, so überwältigend ist die Erleichterung, die sich in mir ausbreitet. Keine Erinnerung, keine Halluzination und definitiv keine verquere, psychische Nachricht von Madigan, sondern einfach nur ein normaler Albtraum. Und warum zur Hölle auch nicht? Es ist lange her, seit ich fähig war, einfach zu träumen; mein Gehirn muss eine Menge nachzuholen haben.
»Hey du.«
Ich zucke zusammen und schaffe es kaum, einen überraschten Schrei zu unterdrücken.
Joaquin, nur Joaquin. Er lungert verlegen im Türrahmen, die Unterlippe zwischen die Zähne geklemmt, während er an den Ärmeln von etwas herumspielt, was wirkt, als wäre es ein recht neuer Ledermantel; mattes Schwarz, das über seine Knie fällt. Sein Gesicht ist seltsam natürlich. Überhaupt kein Make-up, zum ersten Mal, seitdem ich ihn kenne, nur ein dickes Pflaster auf seiner Wange.
Schuldgefühle melden sich, aber ich beiße die Zähne zusammen. »Habe ich dir nicht gesagt, dass du dich von mir fernhalten sollst? Ich bin mir da ziemlich sicher, bin mir ziemlich sicher, dass ich das klargemacht habe.«
Er zuckt mit den Achseln und kommt ins Zimmer, hält am Fußende des Bettes an. »Wollte nur schauen, ob es dir gut geht, Mann.« Er starrt auf meine verbundenen Handgelenke. »Du weißt schon.«
»Mir geht’s gut, einfach prima.« Ich hebe beide Arme, wedle damit vor ihm herum. »Also kannst du jetzt gehen.«
Aber der Junge geht nicht. Der Junge bleibt und schweigt, während eine Hand nach oben gleitet, um das Pflaster auf seiner Wange zu kratzen. Ich kann nicht anders, als mich schlecht zu fühlen. Was für eine Scheiße auch immer abgegangen ist, als Madigan sich noch in mir aufhielt, nichts davon ist seine Schuld. Ihn hat sie mindestens so sehr benutzt wie mich, auch wenn er kaum etwas davon weiß.
Aber das bedeutet nicht, dass ich zulassen werde, dass er mir folgt wie ein ausgesetzter Welpe.
»Joaquin, bitte geh einfach. Du und ich, das ist jetzt vorbei. Mehr vorbei, als du dir vorstellen kannst,
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