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You are Mine

You are Mine

Titel: You are Mine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstyn McDermott
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ich es mir nicht selbst?
    »Hey, Mann. Was haste da?«
    Er ist jung, der Kerl, der sich mir gegenüber einen Stuhl herauszieht, sich hinsetzt und die Ellbogen auf den verkratzten Tisch stemmt. Vielleicht Anfang zwanzig, olivfarbene Haut und pechschwarzes langes Haar, das er locker im Nacken zusammengebunden trägt. Und dunkelbraune Augen, so dunkel, dass sie fast schwarz erscheinen. Er greift nach dem Buch und dreht es halb zu sich um. »Witkin, o ja, dieser Kerl ist heiß . Abgedreht, oder?« Dünne Lederbänder, ein Dutzend oder mehr davon, ziehen sich um seine Handgelenke wie Baby-Aale. Sein Akzent ist schwach und wirkt europäisch, oder vielleicht ist das nur ein Tick, der nicht wirklich geografisch begründet ist, sondern in den Innenstadt-Bars und der Café-Szene gut ankommt, in der er sich zweifellos herumtreibt.
    »Ähm, ja«, murmle ich, vor den Kopf gestoßen von seiner Selbstsicherheit, der entwaffnenden Vertrautheit, die er an den Tag legt. Aber irgendetwas an ihm erscheint mir vertraut, ein nagendes Gefühl von flüchtiger Bekanntschaft. Ich erinnere mich nicht daran, ihn je getroffen zu haben, also frage ich mich, ob er ein wenig berühmt ist, ob ich irgendwo ein Bild von ihm gesehen habe oder jemand ihn mir aus der Ferne gezeigt hat. Oder vielleicht ist er jemand, den Madigan kannte, einer aus der Menge bei ihrer unglückseligen Ausstellung in der Galerie.
    Der Kerl blättert schnell durch das Buch, dann klappt er es zu und trommelt mit den Fingern einen unregelmäßigen Rhythmus. »Was läuft heute Abend, hast du Lust, was zu unternehmen?«
    Oh. O Scheiße, er baggert mich an. Ich unterdrücke ein Lachen. Okay, dann sitze ich eben allein mit einem Kunstband in einem Café in St. Kilda – einem ziemlich schicken Café, jetzt, wo ich mich genauer umsehe –, aber bitte.
    »Schau«, erkläre ich ihm. »Ich will einfach nur allein sein. Nichts für ungut.«
    Das Trommeln der Finger bricht ab. »Was?«
    Ich bemühe mich, freundlich zu klingen, danke für das Angebot, aber sorry, bin nicht interessiert. »Ich bin wirklich nicht dein Typ, vertrau mir.«
    Er lehnt sich mit zornigem Blick vor und zischt wütend: »Du hättest mich fast getäuscht, Mann, so wie du dich benommen hast. Du hast gestöhnt wie ein abgestochenes Schwein.«
    »Was? Entschuldigung, ich verstehe nicht …«
    »Verdammt, letzten Samstag im Fritz, erinnerst du dich?«
    »Tut mir leid«, sage ich und stehe auf. »Du verwechselst mich mit jemand anderem.«
    »Mann, so dunkel war es nicht.« Er steht jetzt ebenfalls auf. Er ist mindestens einen Kopf größer als ich, mit breiten Schultern. Er stemmt eine Hand in die Hüfte, während er mit der anderen immer noch das Witkin-Buch festhält. Scharfkantige Ringe glitzern an seinen Knöcheln, als er seine Finger um den Buchrücken schließt. »Was, hast du irgendwo in den Vororten eine Frau und ein paar Kinder versteckt? Wissen sie, was du am Wochenende treibst, mit wem du es treibst?«
    Inzwischen schauen uns die Leute an. Seitenblicke und vielsagendes Nicken, in Erwartung eines kleinen Dramas zu ihrem Nachmittagsespresso. Mir schießt das Blut ins Gesicht und ich suche mit ungeschickten Fingern in meinem Portemonnaie nach genug Geld, um die Rechnung zu bezahlen.
    »Vergiss dein Buch nicht, Schwuchtel.«
    Mein Kopf beginnt zu schmerzen. Plötzlich und scharf drückt der Schmerz gegen meine Schläfen, und mit ihm kommen Übelkeit und Schwindelgefühl. Ich greife nach dem Tisch, um mich abzustützen, während ich immer noch versuche, den Kerl zu beruhigen, ihn davon zu überzeugen, dass er die falsche Person erwischt hat, weil ich auf keinen Fall mit seiner Faust in meinem Magen enden will, nicht, wenn ich mich bereits fühle, als würden dort tausend blinde, sich windende Kreaturen nur nach einer Öffnung suchen, also –
    – sitze ich am Küchentisch, ein halbgetrunkenes Glas Wasser vor mir, das Witkin-Buch zur Seite geschoben, sein Schutzumschlag ist halb zerrissen und jemand hämmert laut an die Eingangstür.
    Mein Magen verkrampft sich. Nach der Uhr an der Wand ist es fast acht und vor dem Fenster herrscht Dunkelheit. Das Café ist das Letzte, an das ich mich erinnere. Das Café und die gefährlichen Blicke dieses Kerls – Paul, aus irgendeinem Grund weiß ich, dass er Paul heißt –, aber da kann es kaum später als drei Uhr gewesen sein, was bedeutet …
    Fünf Stunden verschwunden? Wohin genau? Und wie?
    Das Klopfen geht weiter, das feste Wummern einer Faust auf Holz, und ich bewege

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