You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
Sicherlich konnte er aus der Bewunderung seiner Anhänger sehr viel Liebe ziehen, aber das machte es ihm nicht leichter, sich selbst zu lieben – nicht in einer Öffentlichkeit, in der die Medien ihn „Wacko Jacko“ titulierten und als „merkwürdig“ bezeichneten. Es ist eine Herausforderung, mentale Stärke zu beweisen, wenn man einerseits weiß, dass die eigenen Fans sich überhaupt nicht vorstellen können, dass man einen falschen Schritt tun könnte, während andererseits die Presse der ganzen Welt genau darauf wartet.
Michael glaubte fest daran, dass etwas Wirklichkeit werde, wenn man es sich vorstellte und sich immer wieder sagte, dass es so sei. Jeder in der Familie wusste, dass er sich und uns ein Soloalbum versprochen hatte, das uns alle überraschen werde. Aber er ließ sich bei der Arbeit nicht in die Karten schauen. Mutter erzählte, dass er sich in seinem Teil des Hauses einschließe, und dass es mit dem Songwriting gut voranging, merkte sie nur daran, weil sie gelegentlich, wenn sie an der Tür vorbeikam, ein begeistertes „Whooo!“ und erfreutes Klatschen hörte.
Zwar mochte Off The Wall nicht die erhoffte Flut von Auszeichnungen eingebracht haben, aber Michaels Fangemeinde wuchs mit dieser Platte enorm, und jetzt, nach den Jacksonmania-Erfahrungen, war er auf diese neue Stufe des Ruhms gut vorbereitet. Das war vermutlich auch gut so, denn es kam immer häufiger zu äußerst seltsamen Zwischenfällen. Als Mutter zum Beispiel einmal einen der Lagerräume hinter der Garage betrat, bekam sie den Schreck ihres Lebens: In einem Schlafsack eingerollt lag ein Mädchen, das sie ebenfalls entsetzt anstarrte. Auf dem Boden lagen ein paar leere Essensverpackungen. Mutter war gutherzig wie immer und fragte die Kleine, was sie dort mache.
„Ich warte auf Michael“, erklärte das Mädchen in aller Unschuld.
„Wie um alles in der Welt bist du hier hereingekommen? Und wie lange bist du überhaupt schon hier?“
„Ungefähr zwei Wochen. Kann ich Michael kennenlernen?“
Wir wussten, wie sie aufs Grundstück gekommen war, aber ich werde hier nichts darüber schreiben, auch wenn wir diesen Zugang inzwischen gut gesichert haben. Aber das Gelände war so groß, dass sie sich ganze zwei Wochen lang ungesehen dort hatte aufhalten können.
Doch das war eine Kleinigkeit verglichen mit der anderen Geschichte, die sich ereignete, als Mutter sich kurz für ein Nickerchen aufs Bett gelegt hatte. Sie hatte vielleicht eine halbe Stunde geschlafen, als sie spürte, dass sie nicht allein war. Als sie die Augen öffnete, standen zwei betont harmlos dreinblickende Fans neben ihrem Bett und starrten sie an. „Wir wussten nicht, was wir tun sollen … wir wollten Sie nicht aufwecken“, erklärten die beiden. „Wir wollten fragen, ob wir vielleicht ein Autogramm von Michael bekommen können.“
Mutter rief nicht die Polizei, weil sie nicht wollte, dass die jungen Fans Ärger bekamen. Aber unsere Haltung änderte sich allmählich, als die Billie Jeans dieser Welt auftauchten.
Über die Inspiration zu diesem Song gibt es verschiedene Theorien, die unter anderem nahelegen, dass es sich bei „Billie Jean“ um eine spezielle Frau handle. Aber wie Michael in seiner Autobiografie deutlich macht, war sie ein Konglomerat aus seinen ganz besonders besessenen Fans, wie wir sie schon während unserer Zeit bei den Jackson 5 kennengelernt hatten.
Der Song erzählt von einer jungen Frau, die versucht, einen Mann mit einer vorgetäuschten Schwangerschaft in eine Falle zu locken, und die Geschichte war inspiriert von zwei konkreten Vorfällen. So hatte eines Tages eine Frau ein paar rosa Babyschuhe zu Hazel und mir nach Hause geschickt und eine Notiz beigefügt, auf der stand: „Die sind für das Kind, das wir haben werden. Ich bin schwanger von dir.“ Auch Jackie erhielt einen handgeschriebenen Brief mit einer ähnlich phantastischen Behauptung. Da wir beide bei den Ladys immer schon den größten Erfolg gehabt hatten, waren wir für solche Versuche natürlich leichte Beute; allerdings achteten wir sehr darauf, ausschließlich geschützten Sex zu haben. Michael hat niemals mit einem Fan geschlafen, darum konnte man ihm mit derartigen Geschichten nicht kommen.
In späteren Jahren, nachdem der Song weltweit zum Hit geworden war, ging die Familie dazu über, einen bestimmten Typ Fan als „Billie Jean“ zu bezeichnen. Das war kein Kompliment, denn schließlich handelt es sich bei dem Titel nicht um ein Liebeslied, aber das
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