Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

Titel: You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jermaine Jackson
Vom Netzwerk:
tanzte und mit den Fingern schnippte. Direkt vor ihm, beinahe so nahe, dass sie ihn berühren konnten, tobten die Fans, die sich an den eigenen Haaren rissen, hysterisch kreischten und heulten – eine Art Klagemauer aus Teenagern und Kindern mit ausgestreckten Armen.
    Wir spielten vor 16 000 Zuschauern, von denen Hunderte ihre Sitze verlassen hatten und zur Bühne gerannt waren, um aus den fünf Dollar fünfzig, die das Ticket gekostet hatte, das maximale Erlebnis herauszuholen; sie schoben sich mit ihrem gesamten Gewicht gegen eine Bühne, die nicht für diesen Druck konstruiert worden war. Das Beben unter unseren Füßen war das erste Anzeichen dafür, dass hier etwas mächtig schieflief. Michael wandte sich halb um und sah mich an, während er weitersang. Nun neigte sich die Bühne ein wenig, als die Stützpfosten allmählich einknickten. Hinter mir kippte mein Bassverstärker um, Johnnys Becken krachten auf den Boden, und die fünf Mikrofonständer schwankten.
    So hatten wir uns den Auftakt unserer ersten großen Tournee nicht vorgestellt. Als wir uns umsahen, entdeckten wir hinter der Bühne Joseph, Suzanne de Passe und Bill Bray, unseren neuen Security-Chef, die uns hektisch zu sich heranwinkten und schrien: „Runter von der Bühne! Runter von der Bühne!“
    Ein Brandschutzbeauftragter lief auf uns zu und schwenkte die Arme. „Macht Schluss! Macht Schluss!“ Das Licht ging an, und die Schreie erreichten eine Dezibelstärke, bei der Glas zersprungen wäre: Die Fans begriffen, dass das Konzert abrupt zu Ende ging. Und da ging der Tanz erst richtig los. Hastig löste ich den Gurt von meinem Bass, ließ das Instrument auf den Boden rutschen und rannte mit den anderen Jungs hinter die Bühne. „Los! Los! Los!“ Michael und Marlon waren wie immer die Schnellsten und liefen uns voraus. Irgendjemand führte uns die Treppe hinunter zum Backstage-Bereich, und wir sprinteten durch die Flure, hinein ins Labyrinth der Arena. Längst hatten die Fans die Bühne erobert und waren hinter uns her.
    „Nicht stehenbleiben! Lauft weiter! Lauft weiter!“, brüllte jemand. Hinter der Bühne klang der Lärm der Menge wie eine gegen den Strand brandende Welle, und diese Welle ergoss sich jetzt in die Flure. So etwas wie Drängelgitter oder eine Abschirmung durch Sicherheitskräfte gab es damals noch nicht. Jedenfalls nicht zu Anfang. Also stürmten wir zum Ausgang; auf einer Laderampe wartete schon mit laufendem Motor und offenen Türen unsere Limousine. Vor uns liefen ein paar Mädchen auf die Rampe zu. Die Menge hinter uns kam näher. Mit sieben langen Sätzen sprangen wir in die Limo, landeten kreuz und quer aufeinander, und dann schlugen auch schon die Türen zu. Als wir uns atemlos, zitternd, aufgeregt und ganz durcheinander auf den Ledersitzen im Schutz der geschwärzten Scheiben wieder aufrappelten, fühlten wir uns zumindest einigermaßen sicher.
    „Seid ihr alle okay?“ Bill Bray sah vom Beifahrersitz zu uns nach hinten. Ja, wir waren okay . Als der Wagen die Rampe hinunterfuhr und wieder ins Tageslicht tauchte, umringten Fans das Auto, warfen sich auf die Kühlerhaube, trommelten an die Fenster und beschworen uns weinend, nicht wegzufahren. Zwischen Bühne und Hallenausgang hatte sich eine ganz verrückte Entwicklung vollzogen, die kinetische Beziehung zwischen Gruppe und Fans war völlig aus den Fugen geraten, und die Leute waren durchgedreht. Michael hatte nur ein Wort dafür – „wild“. „Wir haben sie wild gemacht, was?“ Aber trotzdem tat es ihm leid, dass wir mittendrin hatten aufhören müssen.
    Als die Limousine sich vorsichtig durch das Gedränge schob und schließlich die Arena hinter sich ließ, kniete er auf dem Rücksitz und sah aus dem schmalen Rückfenster. Und in diesem Augenblick erkannten wir, wie entschlossen unsere Fans waren. „Bill! Die rennen noch immer hinterher! Sie rennen und rennen!“, schrie Michael. Eine kleine Gruppe von Mädchen sprintete dem Auto nach, als ob ihr Leben davon abhinge.
    „Guckt doch bloß mal, wie schnell die da läuft!“, meinte einer von uns, während die Mädchen allmählich hinter uns zurückblieben. Michael kicherte schon wieder. „Nee, guckt mal, wie bei der da die Dinger wackeln!“, grinste er, und wir lachten, bis wir wieder im Hotel waren – hauptsächlich vor Erleichterung.
    Nichts hätte uns auf dieses Phänomen vorbereiten können, das schließlich „Jacksonmania“ genannt wurde. Vor der Show in Philadelphia war uns gar nicht bewusst

Weitere Kostenlose Bücher