You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
ist, wie ich es haben will“, sagte er einmal. So hatte man es ihm bei Motown beigebracht.
Jeder, der Michael auf seinem musikalischen Weg je ein Stück begleitete, trug etwas dazu bei, das Talent, das ihm in die Wiege gelegt worden war, auszureizen. Wenn man mit den größten Songwritern und Musikern aller Zeiten gearbeitet hat, dann eignet man sich irgendwann die Fähigkeit an, jeden Song von egal wem auseinanderzunehmen und herauszufinden, was daran nicht stimmt oder was noch fehlt, und man kommt auch nicht zur Ruhe, bis das Feeling genau passt. Mr. Gordy war der Erste, der uns beibrachte, dass Musik ein Mosaik ist, bei dem jedes Steinchen zählt. Deswegen schrieb ich später bei all meinen Soloalben aufs Cover: „Vielen Dank, Mr. Gordy, Sie waren ein guter Lehrer.“
Im „Daisy Disco“, einem Nightclub in Beverly Hills, stellten wir „I Want You Back“ zunächst einem ausgewählten Publikum vor, das extra eingeladen worden war, und „die Frau, die uns entdeckt hatte“, Diana Ross, sagte uns bei dieser PR-Vorstellung persönlich an. Ein paar Tage später übernahmen wir das Vorprogramm für sie und die Supremes im Inglewood Forum in Los Angeles, der großen Basketball-Arena der L.A. Lakers. Wir rückten erst ganz allmählich ins Rampenlicht, und die Los Angeles Times nahm beispielsweise gar nicht wahr, dass wir neben den Eddie Hawkins Singers und dem jungen Soulsänger Edward Starr gebucht worden waren: „Leider war das Vorprogramm nicht halb so interessant, wie es bei der Zeit, die den Gruppen zukam, erforderlich gewesen wäre“, hieß es da. Offenbar waren Rohdiamanten nicht immer mit bloßem Auge zu erkennen.
Unser Fernsehdebüt gaben wir als musikalische Gäste bei der Wahl der schwarzen Miss America, die aus dem Madison Square Garden in New York übertragen wurde, und unser nächster Auftritt war dann zur besten Sendezeit am Samstagabend in der Hollywood Palace Show , bei der uns wieder Diana Ross als Gastmoderatorin dem Publikum vorstellte. Prompt titelte die Presse: „Jackson 5 – Diana Ross’ neue Gruppe.“ In der Zeitschrift Variety wurde die Sendung mit einer ganzseitigen Anzeige angekündigt, in der stand: „Dianas Entdeckung dürfen Sie nicht verpassen … diese heiße Single werden alle lieben!“ Die Pressefotos von der Show zeigten uns mit Diana in der Mitte, wie sie Michael ein wenig Make-up auftrug und sein Mikrofon etwas tiefer einstellte. In der Öffentlichkeit entstand vermutlich der Eindruck, als seien wir untrennbar mit ihr verbunden, und das war auch Absicht: Sie war damals ein so großer Star, dass Mr. Gordy alles daransetzte, dass etwas von ihrem strahlenden Licht auf uns fiel. Wenn Michael Jordan einen neuen Basketballspieler präsentiert, dann bekommt der schließlich auch die volle Aufmerksamkeit von Publikum und Medien. So war das auch mit der ganzen „Diana Ross Presents The Jackson 5“-Geschichte. Und deswegen wurde das auch der Titel unseres ersten Albums. Diana war die zugkräftigste Motown-Künstlerin der damaligen Zeit, sie mochte uns, wir waren bei ihr zu Hause gewesen – und sie wollte demnächst ihre Solokarriere starten. Es passte alles perfekt.
Bei der Ausstrahlung wussten wir natürlich, dass Mutter mit Randy, La Toya, Janet und allen anderen, die sich in unser Wohnzimmer in Gary quetschen konnten, zusehen würde. Später sagte sie uns, dass sie während der zwei Minuten und 44 Sekunden den Atem angehalten habe und ihr die Tränen über die Wangen liefen. Diana stellte uns zweimal als „Michael Jackson und die Jackson 5“ vor, was Joseph gar nicht gefiel, weil wir eben die Jackson 5 waren und niemand einzeln hervorgehoben werden sollte, aber wir selbst nahmen das nicht so genau. In unseren Anfangstagen war gelegentlich auch Johnny extra angekündigt worden. Für ein paar Shows waren wir „The Jackson 5 mit Johnny Jackson“ gewesen, und so hatte es auch vorn auf seiner Basstrommel gestanden. Diese besondere Hervorhebung von Michael schien ähnlicher Art zu sein. Davon abgesehen rehabilitierte sich Diana in Josephs Augen gleich wieder, als sie nach dem Auftritt zu uns kam, zu applaudieren begann und noch einmal rief: „Yay! The Jackson 5, meine Damen und Herren!“
An diesem Abend lernten wir auch den großen Sammy Davis Junior kennen. Sammy staunte nicht schlecht, als er das volle Ausmaß von Michaels Talent erkannte, und er nannte ihn „den kleinen Zwerg“. So etwas kam normalerweise nicht so gut an, aber aus dem Mund einer Legende klang es
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