Young Sherlock Holmes 1
Sherlock, der Baron würde ihn einladen, auf den Tisch hinaufzukommen. Doch stattdessen wurden irgendwo im Ärmel seiner Uniform Schnüre und Drähte straff gezogen und eine glänzende Klinge glitt aus einer am Unterarm verborgenen Scheide hervor. Die zweigartigen Finger des Barons schlossen sich um den wulstigen Griff, wobei sie die Klinge weniger aktiv dirigierten als vielmehr nur lose führten.
Sherlock wich zurück und geriet dabei unversehens neben die Ritterrüstung, die in der Nähe der Tür stand. Er zerrte das Schwert aus dem Panzerhandschuh und warf die Rüstung zu Boden.
Sherlock nahm nur halb wahr, wie MrSurd, der die mit einer Metallspitze versehene Peitsche bedrohlich von einer Hand herabbaumeln ließ, aus dem Schatten hervortrat. Denn in diesem Augenblick kam der Baron mit geschwungenem Säbel vom Tisch auf ihn herabgesprungen. Erst jetzt registrierte Sherlock, dass die gerüstartige Struktur, die seinen Hüften und Beinen Halt gab, unten mit Rädern versehen war. Hinter dem Baron konnte Sherlock weitere Diener ausmachen, mit deren Hilfe sich das Gerüst rasch in alle Richtungen schieben und ziehen ließ. Maupertuis konnte sich innerhalb von Sekunden an jede Stelle des Raumes begeben. Und sogar schneller noch, als Sherlock es konnte.
Der Baron schwang seinen Säbel. Sherlock parierte ungeschickt und spürte, wie die Wucht des Hiebes ihm schmerzhaft in die Schulter fuhr. Funken blitzten auf, als Klinge auf Klinge prallte. Der Baron schwang sich in die Luft und zielte mit dem Säbel genau auf Sherlocks Kopf. Einen Lidschlag später fuhr die Klinge in die Rückenlehne des Stuhls, auf dem Sherlock gerade noch gesessen hatte. Der Hieb spaltete mühelos den Stuhl und Holzsplitter flogen in alle Richtungen.
Sherlock blickte verzweifelt nach rechts, wo Virginia gerade vor MrSurd zurückwich, der dabei war, seine Peitsche zu entrollen. Im nächsten Augenblick schlug MrSurd auch schon zu, und der Peitschenschwanz schnellte Virginia entgegen. Sie wich zurück. Aber sie hatte nicht schnell genug reagiert, denn auf ihrer Wange klaffte ein tiefer Schnitt. Blut spritzte hervor und ergoss sich in einem blütenförmigen Muster über ihre Haut.
Sherlock wollte ihr auf der Stelle zur Hilfe eilen, aber mit spielerischer Leichtigkeit landete der Baron direkt vor ihm auf dem Fußboden. Sherlock sprang auf die Beine und führte mit dem Schwert einen seitlich gerichteten Hieb aus, um eines der Seile und Fäden zu durchtrennen, die den Baron aufrecht hielten. Aber die schwarz gekleideten Diener zogen ihren Meister rasch aus Sherlocks Reichweite. Das bleiche, totenschädelähnliche Gesicht des Barons verzog sich zu einer grinsenden Grimasse. Die rosafarbenen rattenartigen Augen schienen vor Triumph förmlich zu glühen. Er machte einen Satz nach vorn, indem er mit dem rechten Fuß über den Teppich glitt und den rechten Arm, der den Säbel führte, zu einem perfekten Stoß ausfuhr, während sein linker Fuß den Körper abstützte. Sherlock konnte hören, wie die Diener in den Schatten vor Anstrengung schnauften, als sie ihr Gewicht gegen die Seile stemmten, um den Baron aufrechtzuhalten. Die Klinge sauste auf Sherlocks Kehle zu. Er versuchte den Hieb zu parieren, aber seine Füße verfingen sich in ein paar Teppichfalten. Er fiel der Länge nach rückwärts hin und schlug mit dem Kopf auf den Boden.
»Ich war der beste Fechtmeister in ganz Frankreich!«, prahlte Maupertuis. »Und bin es immer noch!«
Virginia schrie auf, und Sherlock blickte unfreiwillig in ihre Richtung. Surd hatte sie in die Enge getrieben, und nun stand sie mit dem Rücken an der Wand. Auf ihrer Stirn klaffte eine weitere Schnittwunde.
Sherlock versuchte, zu ihr zu kommen, aber wie aus dem Nichts kam die blitzende Säbelklinge des Barons auf ihn zugeschossen. Sie durchschnitt seinen Hemdkragen und brachte ihm eine Wunde quer über die Brust bei, die wie Feuer brannte. Sherlock rappelte sich wieder auf und wich hastig zurück, während er gleichzeitig wild mit der Klinge vor seinem Körper hin- und herfuchtelte, im verzweifelten Versuch, die Hiebe des Barons zu parieren.
Unter heftigem Seilgeknarze wurde plötzlich die hölzerne Stützkonstruktion und mit ihr der Baron in die Höhe gehievt und gleich darauf kam Maupertuis’ Körper auch schon auf Sherlock zugeflogen. In einem Angriff, den zu parieren selbst einem Übermenschen Probleme bereitet hätte, drang er auf Sherlock ein und schwang seinen Säbel wie eine Sense in horizontalen Bewegungen hin
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