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Young Sherlock Holmes 2

Young Sherlock Holmes 2

Titel: Young Sherlock Holmes 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Lane
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mit leiser Stimme. »Aber so wird es geschehen. Willkommen in der Welt der – wie die Deutschen es nennen –
Realpolitik
, Sherlock.«

16
    Sherlocks Träume waren erfüllt von Feuer, das vom Himmel regnete, und den Schreien brennender, stockdürrer Gestalten, die panisch durcheinanderliefen. Als er nach ein paar Stunden am frühen Nachmittag aufwachte, war er immer noch müde, doch schlafen konnte er nicht mehr.
    Sherlocks Zimmer war eines von drei, die der Hotelbesitzer ihnen hatte anbieten können. Sherlock hatte sich gefragt, ob der leerstehende Zug am Bahnhof wohl bedeutete, dass das Hotel voller Gäste wäre. Aber wie sich herausstellte, war der Zug speziell von Amyus Crowe und einer kleinen Gruppe von Pinkerton-Agenten angeheuert worden, die den Auftrag hatten, die Lage zu sondieren.
    Während er so dalag, beschäftigten sich seine Gedanken noch einmal damit, was sich in ein paar Stunden ereignen würde. Es war ja nicht so, dass die Männer in Balthassars Armee zwangsläufig von Natur aus
böse
waren. Sie hatten nur andere Vorstellungen, wie sie regiert werden wollten. Ein anderes Land zu überfallen war zweifellos falsch. Aber bedeutete das automatisch, dass sie es verdienten, wie Ameisen zertreten zu werden?
    Mycroft hätte sicher einen Weg gefunden, das zu verhindern. Da war Sherlock sich sicher. Mycroft war natürlich nur ein Rädchen im Getriebe der britischen Regierung, aber er hatte moralische Überzeugungen. Die gleichen moralischen Überzeugungen, die ihr Vater, Major Siger Holmes von den königlichen Dragonern, auch Sherlock eingeimpft hatte. Beide waren sie Sigers Söhne, und sie hatten seine Werte ebenso von ihm geerbt wie seine blauen Augen.
    Er musste etwas unternehmen. Nur was? Was konnte er tun, um das Ingenieurskorps der Armee aufzuhalten?
    Vielleicht könnte er Mycroft ein Telegramm nach England schicken. Er hatte keine Ahnung, was so etwas kostete, wenngleich er die Vermutung hegte, dass es teuer wäre. Aber immerhin hatte er noch Geld von den letzten Tagen übrig. Mycroft konnte vielleicht den amerikanischen Botschafter in London einbestellen oder so und das Ganze aufhalten.
    Aber konnte er das wirklich? Und wenn ja,
würde
er das auch? Und wichtiger noch: Blieb Mycroft dafür eigentlich genug Zeit? Schließlich war er mehrere tausend Meilen weit entfernt, und vielleicht würden sich seine Vorgesetzten im Außenamt eher damit befassen, eine Invasion auf britisches Territorium zu verhindern, als das Leben von Männern zu retten, die sie noch nicht einmal kannten.
    Sherlock wurde klar, dass er selbst irgendwie dort hinauskommen musste, dorthin, wo sich Balthassars Streitmacht und das Ingenieurskorps der Armee befanden. Gut möglich, dass er nichts würde ausrichten können. Aber er konnte andererseits definitiv nicht einfach hier im Hotel herumsitzen. Vielleicht würde ihm da draußen in der Grassavanne etwas einfallen.
    Doch wie sollte er dahin kommen?
    Vielleicht würde er hier in der Stadt ein Pferd mieten können. Er könnte dorthin reiten, wo die Ballone starten sollten. Er hatte die Markierung auf der Karte von Amyus Crowe gesehen. Er hatte sich die Stelle zwar nicht extra eingeprägt, aber wie so vieles, was er einmal gesehen oder gelesen hatte, hatte er es einfach im Gedächtnis behalten.
    Ob er wohl Virginia und Matty mitnehmen sollte? Ihre Begleitung wäre tröstlich gewesen, doch er hatte irgendwie das Gefühl, dass das hier sein ganz persönlicher Kampf war. Sie fühlten sich von der Sache weniger betroffen als er, und er hatte kein Recht, sie da hineinzuziehen.
    Er erhob sich und schlüpfte in die frische Kleidung, die Amyus Crowe irgendwo in der Stadt aufgetrieben hatte. Sie war noch so neu, dass sie kratzte. Aber allein der Gedanke, die gleichen Sachen anzuziehen, die er während der letzten Tage getragen hatte, erfüllte ihn mit Grausen.
    Als Sherlock in den Schankraum hinabkam, unterhielt Crowe sich mit zwei Männern. Sie waren in Anzüge gekleidet und trugen einen Revolvergürtel um die Hüfte. Sherlock vermutete, dass es sich um Pinkerton-Agenten handelte. Sie waren so in ihr Gespräch vertieft, dass Sherlock unbemerkt an ihnen vorbeischlüpfen und hinaus ins Freie treten konnte.
    Die Bohlenwege auf beiden Straßenseiten waren voller Leute, die geschäftig hin- und hereilten oder einfach nur dastanden und sich unterhielten. Sherlock ließ sich vom Strom der Passanten forttreiben, bis er auf ein Gebäude aufmerksam wurde, das wie ein Mietstall aussah. Ohne lange

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