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Young Sherlock Holmes 2

Young Sherlock Holmes 2

Titel: Young Sherlock Holmes 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Lane
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Leben zu lassen.«
    »Das ist keine richtige Antwort«, erwiderte sie sanft. »Und das weißt du.«
    »Hast du seit unserem ersten Rundgang eigentlich schon mehr vom Schiff gesehen?«, fragte er, um das Thema zu wechseln.
    »Nicht viel. Die meiste Zeit habe ich geschlafen.«
    »Dann lass es mich dir zeigen.«
    Er führte sie auf dem Deck herum und zeigte ihr vom Heck bis zum Bug alles, was interessant war, einschließlich des Pferches, in dem die Tiere gehalten wurden, deren Anzahl sich nun nach fünf Reisetagen merklich dezimiert hatte. Als sie schließlich den Bug erreichten, legte Virginia eine Hand auf Sherlocks Arm.
    »Vater hat erzählt, dass du in einen Kampf geraten bist«, sagte sie. »Geht es dir gut?«
    »Ich scheine irgendwie ständig in Kämpfe zu geraten«, erwiderte er.
    »Du solltest lernen, besser zu kämpfen.«
    »He, bisher bin ich immer klargekommen. Ich habe überlebt.«
    »Was ist passiert? Erzähl!«
    Also erzählte er ihr alles, was mit Grivens, dem Steward, passiert war. Und im Gegensatz zum letzten Mal, als er Amyus Crowe davon berichtet hatte, stellte er überrascht fest, dass ihm das Ganze diesmal doch ziemlich naheging, so dass er seine Erzählung einige Male unterbrechen musste, damit ihn seine Gefühle nicht übermannten. Virginia davon zu erzählen machte die Geschehnisse irgendwie realer. Es handelte sich nicht mehr nur um eine Ansammlung bloßer Fakten.
    Als er am Ende der Geschichte angekommen war, drückte sie mitfühlend seinen Arm. »Ist alles in Ordnung?«
    »Es wird schon, denke ich.«
    »Ist ein ganz schöner Schock, nicht?«
    Verwirrt blickte er sie an. »Was?«
    »Für den Tod eines Menschen verantwortlich zu sein. Und zu wissen, dass genauso gut du hättest sterben können.«
    Verlegen zuckte er die Schultern. »Vermutlich ist das so. Es ist nur … ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich weiß es einfach nicht.«
    »Als wir noch in Albuquerque lebten«, begann Virginia, »hat Vater sich, wenn er von seinen Fahrten zurückkehrte, einfach immer in einen Sessel sinken lassen und wollte nur noch Whisky trinken. Wir haben immer versucht, mit ihm zu reden, aber er hat nicht geantwortet. Damals hab ich nicht gewusst, wo er gewesen war und was er gemacht hatte. Erst später hab ich herausgefunden, dass er hinter irgendwelchen Mördern oder Verrätern her war und die Sache manchmal nicht gut ausgegangen ist.« Sie schwieg einen Augenblick. »Was ich damit sagen will, ist, dass, wenn es beginnt, dir nichts mehr auszumachen, wenn du merkst, dass du keine Reaktion mehr zeigst, erst dann Grund zur Sorge besteht, weil du in dem Fall nämlich kein richtiger Mensch mehr bist.«
    Sie streckte sich zu ihm empor und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Wange: ein Hauch von Wärme in der kalten Luft. »Ich werde mich eine Weile hinlegen. Ich denke, wir sehen uns dann beim Abendessen.«
    Darauf ging sie davon, während er noch die Wärme ihrer Lippen auf seiner Wange spürte.
    Die letzten drei Reisetage waren erfüllt von Erwartung und einem seltsamen Wettfieber, das die Passagiere erfasst hatte. Auf einmal begannen sie auf alles Mögliche zu wetten: auf den Tag, die genaue Stunde und Minute, in der sie Land sichten würden, oder auf den Vornamen des Lotsen, der an Bord kommen würde, um sie in den Hafen von New York zu dirigieren. Sherlock hielt sich von diesen Aktivitäten fern. Stattdessen sparte er sich seinen Enthusiasmus für die Violinstunden mit Rufus Stone auf, in die er sich weiter mit Feuereifer stürzte. Er übte die unterschiedlichen Noten und Akkorde, bis die Fingerkuppen seiner linken Hand von Blasen bedeckt waren. Doch erst am letzten Tag erlaubte Stone ihm tatsächlich alles miteinander zu kombinieren, was er über Haltung, Bogenführung und das Fingerspiel der linken Hand gelernt hatte. Und zum allerersten Mal spielte er dann wirklich.
    Fast noch nie zuvor war er über etwas, das er geschafft hatte, so stolz gewesen.
    »Du musst dir unbedingt eine Violine anschaffen«, riet Rufus ihm. »Eine gute natürlich. Nicht so ein Ding aus Buchsbaumholz, das mit Pferdeleim zusammengehalten wird.« Stirnrunzelnd musterte er Sherlock. »Du verfügst über ein gewisses Naturtalent, mein Freund. Deine langen, dünnen Finger sind so beweglich wie Pfeifenreiniger. Du könntest es weit bringen. Ich behaupte nicht, dass aus dir ein großer Konzertviolinist werden könnte. Dafür hätte ich dich nämlich schon seit deinem fünften Lebensjahr unterrichten müssen. Aber du könntest dir

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