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Young Sherlock Holmes 4

Young Sherlock Holmes 4

Titel: Young Sherlock Holmes 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Lane
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der Hauseingänge wahr. Er kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen, worum es sich handelte. Ein Vorhang, der im Wind flatterte? Eine Taube oder eine Möwe, die sich dort irgendwo häuslich niedergelassen hatte?
    In der Türöffnung bewegte sich etwas Weißes vor dem dunklen Hintergrund. Diesmal brauchte Sherlock nicht so lange, um zu begreifen, dass es sich um einen Totenschädel handelte. Die tiefen Augenhöhlen, der nackte Schädelknochen, die scharfkantigen Wangen und das teuflische Grinsen der Zähne – schon wieder ein Toter, der ihn anstarrte!
    Noch ehe Sherlock Matty oder Rufus Stone darauf aufmerksam machen konnte, hatte die Gestalt sich wieder in den Schatten zurückgezogen. Hektisch glitt sein Blick über die Reihen der Türeingänge. War er dabei, verrückt zu werden? Die meisten Öffnungen waren leer, aber … ja, dort! Da stand noch eine weitere dürre weiße Gestalt halb im Schatten verborgen und beobachtete ihn. Doch kaum hatte sie bemerkt, dass er sie gesehen hatte, zog sie sich ebenfalls in die Dunkelheit zurück.
    Hatten diese Kreaturen etwas mit den Amerikanern zu tun, von denen die drei entführt worden waren, oder waren es Halluzinationen, Ausgeburten seines sich auflösenden Verstandes?
    Er wandte den Blick zu Matty und sah, dass der Junge ebenfalls auf die Türeingänge starrte. Matty drehte den Kopf und suchte Sherlocks Blick.
    »Hast du sie gesehen?«, fragte Sherlock verzweifelt.
    Matty nickte. »Es sind wandelnde Tote, nicht? Und sie folgen uns. Sie
wollen
uns.«
    »Ich glaube nicht, dass Tote herumlaufen können.«
    »Warum nicht?«
    »Du hast doch schon tote Kaninchen in der Schlachterauslage gesehen und tote Fische beim Händler, oder?«
    »Ja. Na und?«
    »Die rühren sich nicht. Niemals. Wenn du tot bist, hat der Lebensfunke dich verlassen. Er ist verschwunden. Das Einzige, was bleibt, ist dein Fleisch, und das verwest. Tote Tiere erwachen nicht wieder zum Leben, und somit tun tote Menschen es auch nicht.«
    Matty sah nicht sehr überzeugt aus. »Hab’ keine Zeit, mit dir zu diskutieren«, sagte er schließlich.
    »Los, kommt schon!«, rief Rufus Stone. »Wir müssen hier weg, bevor sie zurückkommen!«
    Am Straßenrand war ein Pferdekarren abgestellt worden. Das Pferd hatte man an einem Baum festgebunden; es sah bedeutend besser aus als die Tiere, die auf dem Brachland weideten.
    »Das«, verkündete Rufus, »ist unsere Rückfahrgelegenheit – falls wir denn wissen, in welche Richtung es zurückgeht.«
    »Ich habe mir die Route eingeprägt«, sagte Sherlock. »Ich kann das Ganze einfach in umgekehrter Reihenfolge rekapitulieren. Somit sollte sich der Rückweg zum Hotel finden lassen.«
    »Aber dann müssen wir dir noch einen Sack über den Kopf ziehen«, murmelte Matty. Er schaute zu Sherlock auf und lächelte. »Damit die Bedingungen dieselben sind wie auf der Hinfahrt. Sonst vertust du dich vielleicht.«
    Sherlock und Matty kletterten auf die Ladefläche des Karrens, während Rufus auf dem Kutschbock Platz nahm. Probehalber ließ er die Zügel schnalzen, und das Pferd schoss los, als hätte jemand eine Waffe abgefeuert. Wie es schien, hielt es sich auch nicht gerne in Nähe der Mietskasernen auf.
    Sherlock stellte sich hinter Rufus, krallte sich an einer Holzlatte fest und versuchte, die Route, auf der sie hergekommen waren, in umgekehrter Reihenfolge nachzuvollziehen. Seiner Schätzung nach bewegte sich der Karren nun ungefähr mit der gleichen Geschwindigkeit wie auf dem Hinweg voran. Alles, was er somit noch zu tun hatte, war, sich an die Abzweigungen und holprigen Stellen zu erinnern und diese imaginäre Liste dann in umgekehrter Reihenfolge abzuarbeiten. Natürlich musste er bei den Richtungsänderungen umdenken. Dort, wo sie auf dem Weg vom Stadtzentrum zu den Mietskasernen nach rechts abgebogen waren, würden sie sich nun auf dem Rückweg nach links wenden müssen.
    Sein Hals pochte schmerzhaft, und seine Fußknöchel waren vom Seil ganz wundgescheuert. Und immer wenn er Atem holte, konnte er einen Widerstand in seinem Hals spüren, so als wäre das Knorpelgewebe eingedrückt worden. Schlimmer als die körperlichen Verletzungen war jedoch das Gefühl der Hilflosigkeit gewesen, das von ihm Besitz ergriffen hatte, als er dort in diesem schrecklichen Raum gehangen hatte. Es war nicht das erste Mal gewesen, dass er dem Tod in die Augen gesehen hatte. Vorher jedoch hatte er stets das Gefühl gehabt, dass es etwas gab, was er tun konnte, eine Möglichkeit, die

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